«Und was genau verstehen Sie unter Vernunft?», hakte die alte Dame spöttisch nach.
«Verehrte Anwesende. Ich will Ihnen nichts vormachen. Viele von den Anwesenden glauben, dass wir, das Arkanische Königreich, für die damaligen Überfälle verantwortlich waren und immer noch sind. Wir haben lange genug unsere Unschuld beteuert und ich persönlich bin nicht bereit, Ihnen ein weiteres Mal unsere Sichtweise der Ereignisse von damals zu schildern. Fakt ist, dass jener Personenkreis, den wir vorsorglich in Gewahrsam genommen haben, direkt oder indirekt an dem Komplott gegen unseren König beteiligt waren. Sie und vor allem Ian sind schuld an dem Tod unseres Königs. Wir, das arkanische Volk, sind nicht bereit, diesen feigen Angriff auf das Herz unseres Daseins so einfach zu akzeptieren. Viele Menschen in dem Arkanischen Königreich sind immer noch über das Verhalten, welches wir für unsere Hilfsbereitschaft erhalten haben, nämlich dem Verrat, vorsichtig gesagt, ungehalten. Viele von uns sehnen sich nach Rache und wollen gleiches mit gleichem vergelten. Die neue Königin jedoch sieht davon ab. Aus diesem Grund hat sie beschlossen, jene Männer und Frauen, die damals an der Ermordung ihres geliebten Bruders beteiligt waren, von ihren Verbrechen freizusprechen, wenn diese dem Blendwerk der Chiks sowie ein paar anderer fehlgeleiteter Nordmänner, abschwören. Bis dahin bleiben diese Personen in den Minen und werden für ihre Taten Buße tun.»
«Und bis dahin besetzen sie das ganze Land und berauben all den anderen ihr Recht auf Selbstbestimmung.», stellte die alte Dame verächtlich fest, ihre Abscheu gegenüber dem Heerführer und dem Arkanischen Königreich offen zum Ausdruck bringend.
«Ja und Nein.», fuhr der Heerführer unbeirrt fort und richtete seine Worte an die Versammelten. «Um die Wogen zu glätten und Stabilität in das Land zu bringen sowie ein weiteres Eingreifen seitens der Chiks zu unterbinden, blieb uns keine andere Wahl, als dieses Land vorerst zu seinem eigenen Schutz in die Obhut unseres Königreiches zu legen. Ein weiterer Grund für dieses Vorgehen ist der Tatsache geschuldet, dass es in dem freien Grenzland genügend Menschen gibt, die dem Blendwerk der Chiks nicht erlegen sind und diese wiederum uns um Beistand gebeten haben. Hier möchte ich insbesondere auf die Liga Pro Arkanisches Königreich unter der Führung des Viehbarons verweisen.», sagte er und wandte sich im nächsten Augenblick dem Viehbaron und seinen Getreuen auf der gegenüber liegenden Seite der alten Dame in der Halle zu.
«Heerführer. Bei allem Respekt. Auch wenn dieser nicht wirklich groß ist.», riss die alte Dame das Wort an sich und erntete einen bitterbösen Blick von Seiten des Heerführers. «Können Sie mir und dem Rest der Versammelten mitteilen, und zwar ohne diese ganzen Floskeln und rhetorischen Redewendungen, wie es nun mit dem freien Grenzland weiter gehen soll?»
«Wie Sie wünschen.», begann der Heerführer und unterdrückte die Wut gegenüber der alten Hexe. «Aufgrund der vorangegangenen Ereignisse ist das Königreich nicht gewillt, Sean als euren Vertreter anzuerkennen. Aus diesem Grund möchte ich euch im Namen des Arkanischen Königreiches ersuchen einen neuen Vertreter als Hauptmann zu wählen. Dieser wird, wie seine Vorgänger vor ihm, das Land führen und nach seinem Willen gestalten. Wir, also das Arkanische Expeditionsheer, werden uns mit Beginn des folgenden Tages aus sämtlichen Städten zurückziehen und an strategischen Punkten mit der Errichtung von provisorischen Forts, Kontrollpunkten sowie zivilen Einrichtungen wie Arkanischen Botschaften beginnen, um dieses Land von einer Invasion durch die Chiks zu schützen. Jedem Mann und jeder Frau steht es frei all diese Einrichtungen aufzusuchen, sei es um Handel zu treiben oder Hilfe zu erbitten. Ziel der Arkansichen Botschaften wird es sein, jedem der es wünscht, eine mögliche Anstellung anzubieten für all die ausstehenden Projekte sowie medizinischen Beistand zu geben. Des Weiteren werden die Botschaften als eine Art Kommunikationsstelle fungieren zwischen den Bewohnern des freien Landes und dem Arkanischen Königreich.», stellte der Heerführer die Pläne seines Königreiches knapp vor.
«Für all ihre Projekte benötigen Sie Land. Woher nehmen Sie das und wer soll für all Ihre Projekte aufkommen?», warf ein Mann aus der obersten Reihe ein und erntete sofort Zustimmung unter den Anwesenden.
«Jeder der gewillt ist sein Land an uns zu verkaufen, wird den handelsüblichen Preis sowie einen Bonus von 10% für sein Eigentum erhalten. Für all die, die uns helfen wollen am Straßenbau, Errichtung von Stützpunkten sowie an den vielen anderen Projekten mitzuwirken, sind wir bereit eine Krone am Tag zu bezahlen.», antwortete der Heerführer.
Und seine Worte blieben nicht ohne Wirkung. Die Aussicht eine ganze Krone für einen Arbeitstag zu erhalten, sorgte für Getuschel unter den Anwesenden. Schließlich entsprach eine Krone fast dem doppelten Tageslohn.
«Aber dafür nimmt ihr uns das Erz weg!», bohrte die alte Dame nach, verärgert darüber, dass niemandem das Offensichtliche auffiel.
«Nein! Euch nicht. Wenn ich mich recht erinnere, dann gehört jenes Land den Chiks.», stellte Garak zufrieden fest. «Gute Frau. Ich weiß nicht, was Sie über das Arkanische Königreich denken. Aber bei uns wächst das Geld nicht an den Bäumen. All die Projekte, die im freien Grenzland durchgeführt werden, werden auch den Menschen vor Ort nutzen. Ja, wir behalten das Erz der Chiks. Aber wir sehen es als Reparationszahlung an.»
«Verstehe ich das richtig?», hakte eine stämmige Frau aus der dritten Reihe nach. «Alles was die Gefangenen also machen müssen, um wieder frei zu kommen, ist zu beteuern, dass die Chiks für den Konflikt verantwortlich sind und nicht das Königreich?»
«Ja genau. Die meisten der Männer und Frauen kommen raus, sobald sie hier in der großen Halle des Friedens, vor ihrem Volk und mir als Vertreter des Arkanischen Königreiches zugeben, dass sie auf die Chiks hereingefallen sind und vor den Versammelten einen Eid ablegen keine Handlungen gegenüber den Arkanischen Soldaten und ihren Verbündeten durchzuführen. Des Weiteren sind jene verpflichtet sich an einem der vielen Stützpunkte alle zwei Tage persönlich zu melden.»
«Diese Bedingungen sind unzumutbar!», schrie einer der Anwesenden aus dem Publikum heraus, was sich so mancher dachte.
«Ja, ich gebe es zu. Für einige wird es schwer sein über ihren Schatten zu springen und vor den Versammelten zu zugeben, dass sie auf einige wenige hereingefallen sind. Anderen wiederum mag die Pflicht sich alle zwei Tage an einem der Kontrollpunkte zu melden als mühsam erscheinen. Aber wenn denjenigen die Anstrengung an der frischen Luft zu viel abfordert, hat die Wahl in der Mine zu bleiben.», stellte Garak trocken fest.
«Sie sagten die meisten. Heißt das Sie unterscheiden zwei Gruppen von Gefangenen?», mischte sich erneut die alte Dame ein.
«Ja, das ist richtig. Einen kleinen Teil der Gefangenen wird erst die Möglichkeit auf Begnadigung nach einer Frist von drei Jahren gewährt. Zu den Ausgewählten gehört ebenfalls Sean!», erwiderte dieser zufrieden und stellte zu seiner Freude fest, wie die Farbe aus dem Gesicht der alten Hexe verschwand.
Erneut entbrannte Getuschel unter den Anwesenden. Und als schließlich ein wirres Kauderwelsch von Stimmen den Raum einzuhüllen drohte, erhob Garak erneut die Stimme: «Verehrte Anwesende. Gibt es noch Fragen, die hier und jetzt besprochen werden müssen, die meine Anwesenheit bedürfen? Ansonsten würde ich mich jetzt zurückziehen. Schließlich haben Sie noch einen Hauptmann zu wählen, der euer Volk durch die turbulenten Zeiten führen soll.»
«Ja, eine wesentliche Frage habe ich noch», nahm ein Mann mittleren Alters, gleich neben der alten Dame, das Wort an sich und fuhr erst fort, als er die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich spürte: «Wie lange gedenken Sie unser Land zu besetzen. Entschuldigung, in Ihrer Obhut zu behalten?»
«Es gibt eine Liste auf der etwa 300 Namen stehen. Alle Personen auf der Liste werden direkt oder indirekt mit dem Tod des Königs in Verbindung gebracht. Sobald wir diese Verbrecher gestellt haben und keiner der Bürger unseren Schutz benötigt, werden wir uns zurückziehen.», antwortete dieser.
«Für die einen Verbrecher, für die anderen Helden.», spuckte die alte Dame die Worte dem Heerführer