„Malte ist tot.”
Jens und Timo lachen laut los, wenden sich einander zu und geben sich „die Fünf”.
Jens verschluckt sich fast vor Lachen.
„Hat ihn endlich ein Frauenzimmer geschafft − Mann, was für ein geiler Tod!”
Er stützt sich lachend mit beiden Händen auf seine Knie.
Timo muß husten.
„Wo … wo ist er denn, auf welchem Lager hat es ihn denn dahingerafft? Den wecken wir schon wieder auf!”
Beide Rettungsschwimmer zeigen lachend ihre weißen Zähne.
Kallweit wird unwirsch.
„Hört auf! Malte ist umgebracht worden und …” − er deutet auf die sich erhebenden Männer − “… das sind die Kriminalbeamten, die den Fall untersuchen, Herr von Malvoisin − und das ist sein Kollege Tewes.”
Jens und Timo schauen plötzlich sehr ernst.
Jens faßt sich an den Kopf.
„Malte tot − umgebracht − wann denn, wo?”
Malvoisin nimmt die beiden jungen Männer scharf ins Auge.
„Heute nacht zwischen Mitternacht und zwei Uhr. Wo waren Sie da, meine Herren?”
Jens und Timo sehen sich an und wenden sich dann wieder Malvoisin zu.
Jens gibt sich entrüstet.
„Verdächtigen Sie etwa uns?”
„Beantworten Sie meine Frage!”
Timo gibt sich lässig.
„Wir waren beide ungefähr … “
Malvoisin unterbricht ihn.
„Nicht ungefähr, genau!”
Timo sieht Jens kurz an, wendet sich dann zurück. „Wir waren 23.20 Uhr hier, haben noch ein kleines Bier getrunken und sind dann zu Bett.”
Malvoisin sieht beide jungen Männer an.
„Haben Sie Zeugen dafür?”
Jens übernimmt.
„Nur uns selbst. Wir waren in Grömitz mit zwei Mädels unterwegs, konnten für die Nacht aber nicht bei ihnen landen und sind zurück. Harm hat bereits geschlafen.”
Kallweit bestätigt es sofort.
„Das ist richtig. Ich habe mich schon gegen ½ 11 hingelegt und war gleich weg. Habe die Jungs nicht mehr gehört.”
„Wissen Sie, wie die Mädchen heißen?”
Timo beeilt sich. Auskunft zu geben.
„Lisa und Hanna, wie weiter wissen wir nicht, aber sie wohnen im Roten Langhaus. Bleiben noch eine Woche, glaube ich. Haben ihren Strandkorb direkt an der Seebrücke.”
Malvoisin wendet sich Tewes zu.
„Du fährst mit Fritz nach Grömitz und schaust Dir die beiden Mädchen an …”
„Jou, Deerns ankieken, mook wi!” Er will gehen.
„Hiergeblieben. Wir müssen uns erst Malte Krögers Quartier ansehen.”
Er wendet sich Kallweit zu.
„Wo finden wir seine Unterkunft?”
„Hier in der Station.” Er steht auf. „Wenn ich vorgehen darf?”
„Wir bitten darum.”
Tewes und Malvoisin gehen Kallweit hinterher.
Timo und Jens bleiben zurück, sehen sich ernst an.
*
Kallweit, Malvoisin und Tewes betreten Krögers Unterkunft.
Es ist ein kleines Zimmer mit spärlicher Einrichtung. Etagenbett, Tisch, zwei Stühle, zwei Schränke. An den Wänden hängt die unvermeidliche Galerie nackter Mädchen. Auf dem Tisch liegen ein Männermagazin und ein Päckchen Spielkarten, daneben steht ein lederner Würfelbecher.
Malvoisin sieht sich um.
„Na ja, die übliche Jungmännerbude.” Dann sieht er Kallweit an. „Mit wem teilte er sich das hier?”
„Mit unserem Andreas.” Kallweit ergänzt auf Malvoisins fragende Mimik hin: „Andreas Asmussen.”
„Wo ist dieser Asmussen?”
„Hat Dienst auf dem Hochsitz. Heute abend finden Sie ihn bestimmt beim Beachvolleyball am anderen Ende des Strandes Richtung Grömitz.”
„Das obere Bett ist unberührt; hat Kröger oben geschlafen?”
„Ja, er wollte sich beim Aufstehen nicht den Kopf stoßen, und Asmussen ist nicht so groß.”
„Verstehe.” Er wendet sich Tewes zu. „Wir gehen erst mal. Du hast in Grömitz zu tun, ich muß nach Plön, es dem Vater beibringen.”
Malvoisin rüttelt an Krögers Schrank.
„Hm, verschlossen. Haben Sie einen Zweitschlüssel?”
„So weit ich weiß, nicht.”
„Auch gut. Wir besorgen uns die Durchsuchung und kommen wieder. Asmussen kann vorerst hier nicht wieder ‘rein, notfalls muß er anderswo nächtigen. Kann man das Zimmer abschließen?”
„Schlüssel steckt von innen.”
„Ah, ich sehe.”
Malvoisin tritt an die Tür, zieht den Schlüssel, geht hinaus, Tewes und Kallweit folgen ihm.
Malvoisin schließt von außen ab, steckt den Schlüssel ein.
„Mokwi, Abfahrt!”
Malvoisin macht eine hinausschickende Kopfbewegung. Tewes geht.
„Herr Kallweit, ich danke Ihnen erst einmal für Ihre Auskünfte. Halten Sie sich bitte zur Verfügung. Sollten Sie sich aus Kellenhusen − wo wohnen Sie?”
„Hier am Ort, in der Waldstraße, im alten Zollhaus.”
„Gut. Falls Sie sich länger als zum Einkaufen aus dem Ort entfernen wollen, sagen Sie bitte vorher Bescheid. Hier haben Sie meine Kontaktdaten.” Er reicht ihm seine Visitenkarte. „Und jetzt geben Sie mir bitte eine Vertretung für Ihren Herrn Asmussen mit, den jungen Mann muß ich jetzt von seinem Hochsitz herunterholen.”
Kallweit sieht Malvoisin mit Mißbilligung an, aber er fügt sich und geht in einen Nebenraum.
„Inga, kommst Du mal eben.”
„Wat is’, Harm? Ich sitze gerade über dem Monatsbericht.”
Sie sieht Kallweit fragend an, an ihm vorbei zu Malvoisin, dann wieder zu Kallweit.
„Inga, das ist Hauptkommissar von Malvoisin von der Kripo Lübeck. Er hat die Leitung bei der Untersuchung zu …” Kallweit senkt den Kopf, weiß nicht weiter.
Malvoisin greift ein. Inga ist inzwischen aufgestanden.
„Es ist heute morgen Ihr Kollege Malte Kröger tot hier am Strand …” Weiter kommt er nicht. Inga schlägt die Hände vors Gesicht, stößt hinter ihren Händen, so daß es gedämpft klingt, „Malte? Tot?” hervor.
„Ja, es ist so, leider.”
Kallweit tritt auf sie zu und nimmt sie in die Arme. Die junge Frau, fast noch ein Mädchen, nimmt die Hände herunter, birgt ihren Kopf an Kallweits Schulter. Malvoisin fällt auf, daß sie nicht weint. „Warum weint sie nicht? Die Weiber brechen doch sonst wegen der kleinsten Kleinigkeit in Tränen aus!”
Inga löst sich. Malvoisin betrachtet sie. Die Rettungsschwimmerin ist nach seiner Schätzung etwa 21, 22