Sich selbst treu geschrieben. Robin Krause. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robin Krause
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742781611
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Millionen Bücher verkauft worden sein, was sicherlich zum Teil seiner Bekanntheit als Beatle zuzuschreiben ist. Ein nicht unerheblicher Teil seiner Leser fand das Buch allerdings wirklich gut, so dass es dazu kam, dass John von der ehrwürdigen Londoner Buchhandlung Foyles zu einem ihrer regelmäßig stattfindenden literarischen Abendessen eingeladen wurde, um dort die Gelegenheit zu erhalten, sich der literarischen Avantgarde vorzustellen. Im Jahr 1965 veröffentlichte John ein zweites Buch mit dem Titel a spaniard in the works, und es war sogar geplant, im darauf folgendem Jahr einen dritten Band herauszugeben. Aber John entschied sich dazu, sich mehr auf die Musik im Studio zu konzentrieren, als die Beatles mit dem Touren aufhörten, so dass es bei den zwei Büchern geblieben ist. Er hat allerdings nie damit aufgehört, kurze Texte auf Zettel zu schreiben, mit Karikaturen zu versehen und, nachdem er sie später in seiner Hosentasche wiederfand, in seiner Sammelkladde zu verstauen. Auch beim zweiten Buch wurde schon der Titel mit ein Spanier macht noch keinen Sommer nicht nahe am Original übersetzt. Johns Titel lehnt sich an den Spruch „a spanner in the works“ an, der auf Deutsch „Sand im Getriebe“ heißt. Bei John wurde daraus „ein Spanier in Arbeit“. Bezüglich seiner Bücher wurde John einmal gefragt, ob er sie für Literatur halte oder ob er sie nur aus Spaß geschrieben habe. Er antwortete ganz einfach mit der Gegenfrage, ob sich das gegenseitig ausschließen müsse. Obwohl Johns Bücher schon damals einen gewissen Erfolg hatten, hat wahrscheinlich niemand geglaubt, dass im zwanzigsten Jahrhundert für Tausende von Studenten der Literaturwissenschaften auch Texte von John Lennon sowohl aus seinen Büchern als auch die seiner Lieder als Pflichtlektüre auf dem Studienplan stehen würden und selbst heute noch fleißig wissenschaftlich analysiert und interpretiert werden. Dabei gilt es als allgemein anerkannt, dass John hauptsächlich von Lewis Carroll, dem Autor der sagenhaft skurrilen Kindergeschichte von Alice im Wunderland, beeinflusst worden ist. Im Folgenden soll aber hauptsächlich die Musik und die Geschichte des Menschen dahinter im Vordergrund stehen, denn John war trotz seiner literarischen Talente vorwiegend der Rockmusik verblieben beziehungsweise treu geschrieben.

      2. Strophe – Gefährten 1

      In den frühen Jahren der Beatles eröffnete sich für sie eine einmalige Chance, die ihnen von der Tragweite her mit Sicherheit nicht von vornherein klar gewesen ist. Eine Band, bestehend aus fünf unreifen Jugendlichen, traute sich was und ging weg aus der Heimat, nach Hamburg. In die raue Glitter- und Glamourstadt der Seefahrer und des Sextourismus. Und sie wurden schon dort wahrgenommen. Zwar nicht von Anfang an, und wer sich einige der existierenden scheppernden Aufnahmen aus dieser Zeit anhört, mag es kaum glauben, aber die Beatles bewegten ihre Zuhörer, wenn diese nicht schon zu betrunken waren. In Hamburg baute sich darüber hinaus ein nachhaltiger Freundeskreis auf, zu dem eine akademisch geprägte Künstlergruppe gehörte, die zu einem ebenfalls prägenden Bestandteil der Deutschlandaufenthalte der Band wurde. Einige dieser freundschaftlichen Beziehungen halten bis heute an. Klaus Voormann, der zu dieser Gruppe gehörte, gestaltete später das Albumcover von Revolver, weil John ihn darum bat, und wurde dafür mit einem Grammy ausgezeichnet. Nach den Beatles spielte er als Studiomusiker Bass in Johns Plastic Ono Band und für Georges Soloprojekte. Stuart Sutcliffe, der damalige Bassist von den Beatles, entschied sich sogar, in Hamburg zu bleiben, weil er sich in die Fotografin Astrid Kirchherr verliebt hatte. Er starb unerwartet und viel zu früh, noch bevor sie berühmt wurden, was dazu führte, dass Paul den Part des Bassspielers übernahm.

      Es ist bemerkenswert, dass die Beatles bereits sehr früh und am Anfang wahrscheinlich völlig unbewusst damit begannen, die nicht selbst geschriebenen Songs zu verbessern, die sie sich von ihren Idolen abguckten, zu denen neben Elvis, Chuck Berry und Buddy Holly auch heute eher unbekannte Künstler wie Arthur Alexander gehörten. An eine Stelle setzten sie einen reduzierten Akkord, anstatt, wie ansonsten üblich, immer nur die Dominante und Subdominante zu spielen. An eine andere kam ein kleiner Übergang, weil das doch einfach viel besser passen würde. John sagte einmal, dass sie immer so nahe wie möglich an das Original der Stücke herankommen wollten. Das sie dabei über ihr Ziel hinausschossen und die Songs näher an das heranbrachten, was deren Schöpfer eigentlich damit zum Ausdruck bringen wollten, kam ihm nicht in den Sinn. Die einfachen Bluesnummern wurden dadurch bereits zu kleinen Unikaten, die den typischen Stil der Beatles widerspiegeln. Auch den Stücken, die Tony Sheridan 1961 mit den Beatles als Begleitband für sein Album my bonnie aufnahm gaben sie den finalen Schliff. Während dieser Sessions in Hamburg entstanden auch ihre ersten eigenen Studioaufnahmen: Das einprägsame ain‘t she sweet und die instrumentale Eigenkomposition cry for a shadow von John und George.

      Die Beatles waren durch ihre Geschichte mit Hamburg verwurzelt, hatten Freunde dort und sogar einen verloren. Sie hatten schon damals eine Aura. Es geschahen Dinge in Ihrem Dunstkreis, die unbeschreiblich waren, und sie forderten und förderten auf ihrem Weg auch ihre Weggefährten. Das war schon zu den Zeiten in Hamburg so, und sie würden niemanden vergessen, mit dem sie befreundet waren. Das beste Beispiel dafür ist Pete Shotton, ein guter Kindheits- und Schulfreund von John. Er trat als Waschbrettspieler bei Johns erster Band, den Quarrymen, auf und war auch noch während der Beatleszeit ein enger Freund von John. Von ihren Einnahmen als Beatles kauften John und George zu einem nicht exakt nachvollziehbaren Zeitpunkt, wahrscheinlich 1965, einen Supermarkt auf Hayling Island, einer kleinen Insel bei Portsmouth, und übergaben Pete die Marktleitung. Als die Beatles einige Jahre später ihr eigenes Unternehmen planten, wurde er erst der Leiter der im Dezember 1967 eröffneten Apple-Boutique, dann der erste Geschäftsführer der 1968 gegründeten Apple Corps, bis er kurz darauf von Allen Klein abgelöst wurde. Neil Aspinell, der seinerseits 1973 Allen Klein als Geschäftsführer ablöste und Apple Corps bis 2007 führte, ist ein weiteres Beispiel dafür, dass sich die Beatles gerne mit alten Freunden umgaben. Neil war ein Schulfreund von Paul und George. Er freundete sich mit Pete Best, dem damaligen Schlagzeuger der Beatles, an und bezog 1960 ein Zimmer bei der Familie Best. Pete überredete ihn, als Fahrer und Assistent der Beatles tätig zu werden, weil es immer mühsamer wurde, zu den mittlerweile nicht wenigen Auftritten immer mit dem Bus zu fahren. Neil kaufte sich einen Lieferwagen und wurde dadurch der erste Roadmanager und persönliche Assistent der Beatles und kassierte dafür am Anfang 25 Penny pro Auftritt. Das lohnte sich so sehr, dass er seinen Job als Buchhalter an den Nagel hängte und hauptamtlich für die Beatles tätig wurde. Nachdem die Beatles immer erfolgreicher wurden, bekam er 1964 Unterstützung durch Mal Evens, dem ehemaligen Türsteher des Cavern Clubs, der vom Management der Beatles angeheuert wurde und ihnen als Tourbegleiter und Bodyguard bis zu ihrer Auflösung 1970 treu ergeben blieb.

      Ihr erster Schlagzeuger Pete Best, der die Beatles nach Hamburg begleitete, blieb ihnen nicht erhalten und stellt einen der wenigen unrühmlichen Momente in der Anfangsphase der Beatles dar. Pete wurde von Paul eingeladen, um als Schlagzeuger vorzuspielen, weil sie dringend jemanden brauchten, der sie nach Hamburg begleitete. Im Gegensatz zu anderen Kandidaten war Pete als Einziger bereit, diese Reise anzutreten, und so heuerten sie ihn zwei Tage, bevor es losgehen sollte, an. Mona Best, Petes Mutter, übernahm eine Zeit lang die Managerrolle der Beatles. Ihr gehörte der Casbah Club in Liverpool, in dem auch die Beatles einen festen Platz im Spielplan hatten, und Petes Freund Neil begann eine Affäre mit Mona, aus der ein Kind hervorging, zu dem sich Neil aber erst viele Jahre später bekennen sollte. Trotz allem gelang es Pete leider nicht, sich in die Gruppe der anderen vier Beatles zu integrieren. Er blieb oft für sich allein und beteiligte sich nicht an den gemeinsamen Aktivitäten vor und nach den Auftritten. John kam ganz gut mit ihm aus, aber Paul und George waren skeptisch. Alle drei sagten später aus, dass es niemals geplant war, Pete langfristig zu behalten. Statt dessen wollten sie auf einen geeigneteren Charakter warten und Pete ersetzen, wenn der richtige Moment gekommen war. Zusätzlich hatte Pete wegen seines guten Aussehens eine enorme Wirkung auf das weibliche Publikum, was in den Köpfen der pubertierenden Rivalen innerhalb der Band bestimmt nicht zu einer Steigerung seiner Beliebtheit geführt hat, auch wenn sie dies später bestritten haben. Als es 1962 zu dem Vorspielen bei der EMI unter der Aufnahmeleitung von George Martin kam, wurde Pete von Martin für die Aufnahmen durch ein Studioschlagzeuger ersetzt, was für einen Produzenten der damaligen Zeit eine Selbstverständlichkeit war. Nach diesem Vorfall packten die Beatles die Gelegenheit beim Schopf und ließen Pete durch ihren Manager Brian Epstein mitteilen, dass er nicht mehr zur Band dazugehörte. Pete war sehr frustriert und wurde zeitweilig depressiv, weil er eine Ahnung hatte, dass er mit diesem Schritt die