Vor ihnen auf dem Tisch standen je ein Glas Wasser und ein Kaffeepott. Sophies Tee wurde gerade geliefert, die Hauptspeisen und das Dessert ließen noch auf sich warten.
»Ab wann servieren Sie den Kuchen?« Sophies Nachfrage wurde mit einem genervten Blick der Serviererin abgestraft.
»Wegen Ihnen verbrenne ich mir nicht die Finger.«
In Sorels Mimik lag Verärgerung, es lag nicht nur an der ruppigen Serviererin.
»Ich erhielt vor einigen Minuten von deinem Bruder den Befehl: Nach der Nahrungsaufnahme sofort auf die Brücke kommen.« Den Satz begleitete Kopfschütteln. »Weiß der Geier, was Lennard zusammen mit meinem Beschützer Chris ausgeheckt hat. Fakt ist: Ich Blödi habe ihr Verlockendes Angebot angenommen. … Nein!, die beiden haben mich mit der Aussicht: wir geben dir zusätzlich fünf Monate Erholungszeit, geködert. Hätte ich auch nur ansatzweise geahnt: Es bedeutet für mich: nochmals Brückendienst schieben, hätte ich niemals der Verschwörung zugestimmt.« Für einen Atemzug schwieg er. Es reichte gerade aus, um in sein Weib hineinzufühlen. Das Resultat: Die vom Schwager verabreichte Mixtur brachte immer mehr an tiefgründigen Empfindungen zum Rollen.
Sophie bemerkte den mentalen Kontakt, sie schaute den Eindringling Hilfe suchend an. So wie sich nun die Blicke streiften, stürzte Sorel in einen inneren Konflikt. Was keineswegs an seinen Gefühlen gegenüber Sophie lag, sondern sein noch sehr vom Skylup Virus blockierter Verstand war schlichtweg mit Sophies frivolen Begehren überfordert. Schließlich sind da ja noch die während seiner U P C Gefangenschaft ins Gehirn eingebrannten Vorschriften und Verhaltensregeln für minderwertige Untertanen. Die verbieten einem unerwünschten Halbling schlichtweg derlei außereheliches, körperliches Vergnügen. Jedoch Sophie ist nicht irgendein Weib, sie ist seine Gefährtin. Und somit galt das Verbot nicht. So wie er das dachte, verpuffte sein Konflikt. Anders sah es dagegen mit seiner Bereitschaft aus. Vor Jahren hatte er bereits das erste Mal unter Folter Kontakt mit dem Skylup Virus. Monate nach seiner Befreiung erhielt er ein neues synthetisches Virus Gegenmittel. Binnen weniger Minuten waren viele der Erinnerungen zurück. Darunter die: Als er verzweifelt sein verlorenes Weib suchte und in jedem nur halbwegs gut riechenden die Gemahlin sah. Sorel Schwur ihr damals: »Soweit darf es niemals mehr kommen.« Er verfügte daher: »Falls er erneut in feindliche Gefangenschaft geriet und Gehirnwäschen ausgesetzt wurde oder durch das Skylup Virus einen Intensitätsverlust hat, dass man ihn zähmende Blockaden setzt.«
Wenige Tage nach seiner Vorsorge traf genau das ein. Seitdem verhindern Blockaden, dass er Weiber mit seinem Phallus beglücken kann. Wie Sophie und er inzwischen feststellten, gibt es keine Ausnahme. Dummerweise wusste er nicht mehr, wer ihm die Blockaden setzte und wie er sie entfernen lassen kann.
An den gesenkten Kopf und den geschlossenen Augenlidern erkannte Sophie: er schämt sich.
Bloß gut das die Heiler wegen ihrer Erkrankung ein absolutes Beischlafverbot verhängten. Und bis sie wieder gesund ist, entspannen sie gemeinsam mit Amisu sowie auf der mentalen Ebene. Dass sie dazu imstande sind, haben sie sich erst vor einigen Stunden bewiesen. Die süßen Erinnerungen daran ließen Sorel lüstern schmunzeln.
»Ponhrir - Liebste ich bin da, wenn du mich brauchst«, raunte er in den süßesten Tönen. Seine mentalen Fühler empfingen das, was die glühenden Wangen zeigten, die Süße war kaum in der Lage, die aufbrausenden Gefühlswelten unter Kontrolle zu halten. »Wir müssen uns was einfallen lassen, damit ich keine Schicht auf der Brücke schieben muss. Allerdings haben wir zwei ein Problem. Vorhin habe ich erfahren, vom Planeten Advenu trennt uns eine Flugstunde. Leider kann ich dir immer noch nicht sagen, wo der seine Koordinaten hat. Ergo weiß ich nicht, wie wir von dort zu unserem Heimatplaneten Anuna kommen. Für das gemeinsame Erwachen bleibt uns als Rückzugsort nur mein enges, stark unterkühltes Shuttle.«
Bei den rührselig vorgetragenen Sätzen ließ er sein Weib nicht aus den Augen, und wie erwartet, begann es in ihrem sturen Schädel mächtig zu brodeln. Insgeheim hoffte er, dass es nicht mehr allzu lange dauert und sie willigt auf seinen abgewiesenen Vorschlag ein. Aber wenn Sorel nochmals den Vorschlag unterbreitet, bekommt er mit Sicherheit wieder an die Ohren geschmissen: ›Im Quartier von Luckas? Nein!, das möchte ich nicht und basta!‹
Die alternative Option muss noch in ihr heranreifen. An Sophies schmollender Mimik war ersichtlich: Sie ist noch nicht bereit.
Aus dem Augenwinkel heraus sah Sorel, er trank einen kräftigen Schluck Kaffee, Sophie kämpft abermals mit einer Welle aufkochender Gefühle. Dass er sie so innerlich aufgewühlt sah, ist verdammt lange her. Unweigerlich schweiften die Gedanken zu den prickelnden Therapiestunden an Bord der Silver Foxx.
Sophie hatte ihn belauscht. »Wenn du möchtest, fangen wir sofort mit einer neuen Therapie an«, wisperte sie mit schmachtender Stimme in seinem Geist. Unterm Tisch schabte es, sie streifte das Schuhwerk ab. Ihre bloßen Zehen strichen fordernd zwischen seinen Schenkel, ihm trieb es die Hitze aus allen Poren. Am atemlosen Mienenspiel sah sie, sein verwirrtes Ego sprach hervorragend auf die Vorbehandlung an.
In Gedanken flehte er: »Luckas mach hin, wir brauchen das Mittel ...«
Auf dem Tisch vor dem Paar schepperte es, die abgestanden riechende Bedienung servierte wie immer so ungeschickt, dass einiges von den üppig beladenen Tellern rutschte. Fluchend schob sie die Teller den beiden zu. Bevor sie das Besteck reichte, klatschte sie mit einem derben Spruch die Rechnung auf den Tisch.
Wie gewöhnlich gab Sorel nur die geforderten Ams (kleine in goldgefasste Agamenon Münzen), und Sophie entriss der Bedienung, während die die Münzen gierig einsackte, das ansonsten weiterhin einbehaltene Besteck.
Sorel schmeckte der Gemüseauflauf vorzüglich, und Sophie stocherte in ihrer Portion herum, am Minenspiel war ersichtlich, sie führt ein Selbstgespräch.
Die Gedanken beunruhigten Sorel. Besteck klapperte und er hob den Blick vom Teller. »Rede sofort mit Lennard«, forderte er mit vollem Mund.
Sie wischte sich die Lippen an der Serviette ab, die Gedanken wollten inzwischen den Bruder mental erreichen. Es gelang ihr nicht. Den nächsten Versuch unternahm der Citraa. Wieder nichts.
»Das hängt bestimmt mit der Havarie in dem Sektor zusammen.«
»Was für eine Havarie?«
»Na hier auf dem Deck gab es doch, als ich zu dir wollte, technische Probleme mit dem internen Kommunikationssystem?«
»Süße, als ich vorhin mehrmals mit der Brücke kommunizierte, ich habe dabei sogar auf mein Terminal zugegriffen, lag keinerlei Störung vor.«
Sophie saß mit offenem Mund neben Sorel.
»Woher weißt du das?«
»Von Brilon dem Lift-Techniker, der hat mich vorhin gefunden.«
»Davon hast du mir vorhin nichts erzählt.«
Sophie sah verlegen an sich herab.
»Süße, das ist der Schock. Ist vollkommen normal das du nach solch Begebenheiten etwas vergisst. Anders sieht das mit den Störungen aus, die hat bestimmt der Cybord Stella oder die Brut verursacht.«
Sophies verdrängte Angst vor einem weiteren Anschlag keimte empor. Die Kehle krampfte sich zusammen.
Sorel tätschelte ihr beruhigend eine Hand. Die Finger seiner anderen Hand strichen ungehalten übern standardmäßig am Overallkragen angebrachten Interface Sensor. Mit knappen Sätzen schilderte er den diensthabenden Kommunikationstechniker, was eben nicht funktionierte.
»Moment, ich überprüfe es sofort. … In der Tat, es liegt eine noch unbekannte Störung vor«, erwiderte der Techniker, »Dahinter könnten Störsender stecken, die verhindern die mentale Kommunikation zur Brückencrew. Ich informiere die Sicherheit.«
Als der Techniker schwieg, legte sich Sorels Stirn in Sorgenfalten.
»Sobald du das Weckmittel erhalten hast und die Cybord Klon Brut keine Macht