Schlagartig war die Zentrale ohne Energie. Wie gelähmt starrte Madeleine durch den Klarstahl hinaus. Die Sterne und Regan III. schienen wild um sie herum zu kreisen, doch seltsamerweise galt das nicht für eines der fremden Schiffe. Sie klammerte sich an einer Strebe fest und sah auf den Angreifer, der immer näher kam, als wolle er die Folgen seines Handelns aus allernächster Nähe begutachten.
Dann war da nur noch der goldene Strahl, der alles auslöschte.
Kapitel 2 Kein Kontakt zu Regan III.
D.S. Moskva, Kreuzer, APS-Klasse, Registernummer 79 und
D.S. Bulkhead, FLV-Patrolboat, Registernummer FLV-PB-426, auf Patrouille
Die Sky-Navy hatte nicht genügend Schiffe. Wenn man ihre zahlreichen Aufgaben und die neue Expansionswelle der Menschheit bedachte, war dies auch kein Wunder. Die Navy war ja nicht nur die Kampfflotte des geeinten Direktorats, sondern auch mit vielen Routineaufgaben befasst, zu denen Patrouillen und Eskortendienst gehörten. Die Flotte musste Präsenz bei den besiedelten Welten zeigen, damit die Menschen sich nicht schutzlos fühlten. Ferner gehörte die Erforschung des Weltraums und dessen Kartierung dazu. Der Weltraum war kein statisches Gebilde, denn Planeten und Sonnensysteme befanden sich in steter Bewegung. Ein Navigator konnte nicht einfach ein Ziel anvisieren und in gerader Linie darauf zu fliegen. Man musste vielmehr berechnen, wo es sich zum Zeitpunkt der geplanten Ankunft befinden würde. Mit der Entwicklung des Hiromata-Nullzeit-Sturzantriebs erlangte die exakte Vorausberechnung eine besondere Bedeutung, denn niemand hatte ein Interesse daran, in gefährlicher Nähe zu einem Objekt aus dem Sturz zu kommen. Private, kommerzielle und behördliche Schiffe ermittelten Daten und gaben sie zur Aktualisierung des Kartenmaterials an das Zentralarchiv auf dem Mars weiter.
Kurz nach der Evakuierung der Erde und der ersten Kolonisierungswelle gab es nur eine Handvoll besiedelter Welten und einige Dutzend Stationen, wobei letztere überwiegend der Ressourcengewinnung dienten. Mit der zweiten Kolonisationswelle waren es nun hunderte von Sonnensystemen, in denen sich Menschen aufhielten. Teilweise handelte es sich um kleine Gruppen, bei anderen um Hunderttausende von Siedlern, die ihr persönliches Glück in der Ferne suchten. Es gab Hunderte ziviler Raumschiffe, überwiegend ehemalige FLVs, welche dies ermöglichten.
Die Sky-Navy umfasste dem gegenüber kaum neunzig größere Raumschiffe, vom kleinen Kreuzer älterer Bauart über die modernen APS-Schiffe bis hin zu den elf riesigen Trägerschlachtschiffen, die auch als Rettungseinheiten dienten. Der Mangel an Schiffen führte dazu, dass auch die Navy die Möglichkeit nutzte, ihre Aufgaben, wenigstens teilweise, mit umgebauten FLVs wahrzunehmen.
Die D.S. Moskva und die D.S. Bulkhead bildeten ein ungleiches Paar, welches sich schon oft bewährt hatte. Während die Moskva als Kreuzer zur neuen APS (Assault-Patrol-Ship)-Klasse gehörte, war die Bulkhead ein umgebautes Landungsboot der FLV-Serie (Fast Landing Vehicle), welches man mit einem Hiromata-Antrieb und leistungsstarken Scannern und Sensoren ausgerüstet hatte. Vereinfacht formuliert entsprach die Bulkhead Augen und Ohren des Paares, wohingegen die Moskva seine Arme und Fäuste bildete. Die überdimensionierten Ortungseinrichtungen des FLV ermöglichten die Überwachung eines großen Sektors und konnten den Kreuzer an jenen Ort leiten, an dem dessen Schnelligkeit und Kampfkraft benötigt wurde.
Die D.S. Bulkhead mit der offiziellen Registrierbezeichnung FLV-PB-426 konnte ihre Herkunft als Landungsboot nicht leugnen. Sie war rund fünfzig Meter lang, fünfzehn breit und knapp acht hoch, und wirkte gleichermaßen gedrungen wie robust, da sie ursprünglich für schnelle Planetenlandungen unter Feindfeuer konzipiert worden war. Die flache Bauchseite wirkte sanft gerundet und diente als Tragfläche. Sie war mit Hitzekacheln in dunklem Grau gepanzert. Es gab keine Flügel, sondern nur ein V-förmiges Leitwerk auf dem Heck. An den Flanken und der Oberseite waren die geschlossenen Schächte der Staustrahltriebwerke zu erkennen. Die breite Rampe am Heck war versiegelt und die kleine Mannschleuse an der Backbordseite bildete nach dem Umbau die einzige Zugangsmöglichkeit. Die voll verglaste Kanzel am Bug war ein wenig nach Links versetzt, neben ihr befand sich die tonnenförmige Schutzhülle einer schweren Gatling-Rotationskanone. Auf die neue Funktion des FLV wies der ausladende tellerförmige Aufbau des Hauptscanners hin, den man auf der Oberseite montiert hatte. Das Schiff war im üblichen hellen Grau-Weiß der Sky-Navy gehalten, Namen und Registriernummer in kräftigem Blau. Ein breiter blauer Farbbalken verlief im hinteren Drittel in einem schrägen Winkel nach vorne. Er kennzeichnete die Bulkhead als Bestandteil der Sky-Navy. Die Mannschaft bestand aus neun Personen, die in drei Schichten arbeiteten.
Im Vergleich zur Bulkhead war die Moskva ein Gigant und zeigte jene typische Form, die ausschließlich den Schiffen der Sky-Navy des Direktorats vorbehalten war. Von welcher Position aus man ein Schiff der Flotte auch betrachtete… In seiner Grundform entsprach es stets einem flachgedrückten Achteck, dessen zum Bug weisende Seite gestreckt wirkte. Der Rumpf war somit flach und breit, und durchaus geeignet, innerhalb einer Atmosphäre als Tragfläche zu dienen und jene mächtigen Staustrahltriebwerke zu unterstützen, die unter nahezu jeder atmosphärischen Zusammensetzung arbeiten konnten.
Die D.S. Moskva war um die zweihundertdreißig Meter lang, an die sechzig breit und kaum dreißig hoch. Sie wirkte, trotz ihrer Größe, schlank und fast zierlich. Was die APS von den früheren Baureihen der Navy-Schiffe unterschied, das waren vor allem die beiden Kuppeln an der Oberseite und Unterseite. Sie vermittelten den Eindruck, man habe eine achtzig Meter durchmessende Kugel durch das hintere Drittel des Schiffes geschoben. Es gab keine Antennen oder Radarschüsseln. Nur jeweils vier zusätzliche knapp zwei Meter durchmessende Kuppeln auf der Oberschale und Unterschale des Mittelschiffes. Ansonsten wirkte die Hülle glatt. Nur an den etwas dunkleren Linien war zu bemerken, wo die Segmente der Panzerung miteinander verbunden worden waren.
In Äquatorhöhe konnte man an Backbord und Steuerbord die farbig hervorgehobenen Einfassungen von Hangartoren sehen. Der Kreuzer konnte zwei FLV und zwei Jagdbomber vom Typ Superbolt aufnehmen. An Bug und Heck gab es auf jeder Seite die typischen Schächte der Staustrahltriebwerke. Die Dimension der insgesamt vier Triebwerke ließ keinen Zweifel, dass dieses Schiff für atmosphärische Manöver und Landungen geeignet war. Auch dies war ein Novum gegenüber den älteren Schiffen.
Ein weiterer Unterschied bestand darin, dass die durchsichtige Manöverbrücke am Bug fehlte. Hier befand sie sich auf der Oberschale, im Übergang vom vorderen zum mittleren Rumpfdrittel. Ihre Außenseiten bestanden vollständig aus Klarstahl. Im Gefechtsmodus wurde sie in den Rumpf eingefahren und von einer Panzerblende geschützt.
Die Außenhülle des Kreuzers bestand vollständig aus Tri-Stahl und war ebenfalls in der weiß-grauen Farbe der Direktoratsschiffe gehalten. Auch hier wies der mittelblaue breite Farbbalken auf die Zugehörigkeit zur Sky-Navy hin. Es gab Navy-Schiffe, bei denen ein schmalerer gelber Balken parallel zu dem blauen verlief. Diese hatten dann eine Abteilung Troopers der Sky-Cavalry an Bord.
In kräftiger mittelblauer Schablonenschrift war im vorderen Drittel die Kennung des APS-Kreuzers lesbar. Die große Kennziffer 79 und der Namenszug D.S. Moskva. Ihre Besatzung umfasste 105 Männer und Frauen.
Captain Fjodor Morovich befehligte den Kreuzer. Für ihn und seine Besatzung war es ungewohnt, gemeinsam mit einem FLV Patrouille zu fliegen. Normalerweise flog man getrennt und konnte dadurch ein größeres Gebiet überwachen, aber High-Command, das Oberkommando der Navy, hatte angeordnet, dass mehrere Teams aus APS und FLV gebildet werden sollten, um die Möglichkeiten des jeweils anderen Schiffstyps in der Praxis auszuloten. Beide Typen wurden erst wenige Jahre in ihrer jetzigen Konfiguration verwendet und die Navy suchte immer nach Möglichkeiten, ihre Effektivität zu steigern.
Captain Morovich musste neidlos anerkennen, dass die Scanner und Sensoren der kleinen Bulkhead weitaus empfindlicher und leistungsstärker waren, als die seines großen Kreuzers. Was allerdings nicht bedeutete, dass ihm diese Tatsache auch gefiel.
Fjodor Morovich saß im Kommandosessel auf der kleinen Brücke der Moskva und starrte düster auf die Vergleichsergebnisse der Sensordaten. In der holografischen Projektion wurden die Resultate seiner Moskva