Es war ein großes Hightechunternehmen, aber ich hatte nun wirklich keine Lust, ihm Einzelheiten zu erzählen. Was wollte der von mir? Ich erzählte also stur und so langweilig wie möglich weiter, ohne auf seine Unterbrechung einzugehen. „Wir prüfen im Auftrag unserer Kunden noch einmal deren Entwicklungen. Ziemlich verantwortungsvoll, denn erst wenn wir das OK für sehr kostspielige Produktionen, wie zum Beispiel Neuerungen in der Autoindustrie, oder Ähnliches gegeben haben, gehen diese in die Produktion. Außerdem haben wir eine Hightech-Entwicklungsabteilung, die ausschließlich für die Forschung arbeitet.“
Franky hörte mir sehr aufmerksam zu. Er sagte nichts und schaute mich interessiert an, als erwartete er, dass ich unser Gespräch weiter fortsetzen würde. Ich empfand es als aufdringlich und hatte keine Lust zu einer Fortsetzung. Ich schaute ihn nur kurz an und richtete meine Aufmerksamkeit wieder der Kursleiterin zu.
Kurze Zeit später fragte er mich noch, ob er mich nach dem Kurs auf ein Bier einladen dürfe. Ich ignorierte es und tat, als hätte ich seine Frage nicht mitbekommen, was ihn sichtlich enttäuschte. Es kümmerte mich jedoch nicht, und ich tat so, als würde ich konzentriert dem Seminarverlauf folgen. Das Gespräch über meine Tätigkeit erinnerte mich sofort wieder an meinen Job. Eigentlich prüfte oder entwickelte ich überhaupt nichts. Ich war an keinem der vielen Projekte unserer Firma direkt beteiligt. Ich war sozusagen ein Botschafter oder Vertreter dieses Unternehmens. So hatte ich mir meine Tätigkeit eigentlich nicht vorgestellt.
Mein Vorgesetzter, Herr Herberts, sagte immer, dass ich einer der Repräsentanten der Firma sei. Das hörte sich seiner Meinung nach wahrscheinlich als sehr erstrebenswert an. Ein positiver Aspekt war, dass ich einen ausgedienten Firmenwagen nutzen durfte, und das auch privat. Ich hatte zwar nicht meinen Traumjob gefunden, aber wenn ich es recht überlegte, hatte er viele äußerst angenehme Seiten. Doch eigentlich war es ein sehr guter Job. Aus diesem Grund ließ ich auch dieses ‚spannende‘ Seminar über mich ergehen. Da ich häufig zu Vorführungen, Vorstellungen, Presseveranstaltungen, Messen, Events etc. geschickt werden sollte, wo meist viele Menschen zusammenkommen, könne es nur von Vorteil sein, sich mit Ersthilfe auszukennen, hatte Herr Herberts gesagt. Man wisse ja schließlich nie, was passiert, und es gehöre einfach mit dazu, um ein gutes Bild abzugeben. In Gedanken an das Gespräch mit Herrn Herberts erinnerte ich mich an meinen morgigen Termin bei ihm! Ich sollte eigentlich vorbereitet dort erscheinen und meinen E-Mail-Eingang noch einmal checken. Manchmal dachte ich, meine Hauptaufgabe bestünde darin, jegliche Konversation, wie E-Mailverkehr etc. in- und auswendig zu kennen, ja sogar studieren zu müssen, um über alle Informationen zu unseren derzeitigen Projekten auf dem Laufenden zu sein. Ich hatte das Gefühl, im Verteiler aller Mitarbeiter zu sein, und puzzelte mir aus dem Schwall an Informationsaustausch sämtliche Fakten heraus, die meine Arbeit betrafen. Indem man mir sämtlichen Schriftverkehr zur Verfügung stellte, war man wahrscheinlich der Überzeugung, mir die Möglichkeit zu geben, zu den bestinformiertesten Mitarbeitern zu gehören. So kam es mir jedenfalls vor. Schließlich sollte ich in der Lage sein, über jedes noch so kleine Detail Rede und Antwort stehen zu können. In meiner Hosentasche vibrierte mein Handy, wieder eine E-Mail.
Kapitel 2
„Du wolltest doch auch damit aufhören, Ramon“, flehte sie ihn an.
„Ich weiß. Nur noch dieses eine Mal, bitte Carmen. Du willst das hier alles doch auch nicht aufgeben?“
Sie hielten sich in der Küche ihres Bungalows auf. In der Doppelgarage parkte sein weißer BMW X6 und ihr Audi A3 Cabrio in himmelblau-metallic.
„Nein, natürlich nicht. Aber ich kann nicht länger mit dieser Angst und den Schuldgefühlen leben“, antwortete sie frustriert.
Ramon war ein hochgewachsener, südländisch wirkender Typ im mittleren Alter. Er erzählte gerne, dass er spanischer oder italienischer Herkunft sei, je nach Situation und wie es passte. Dabei war er Deutscher mit polnischen Wurzeln und hieß in Wirklichkeit Roman.
Er verdiente sein Geld mit kriminellen Aufträgen, die er hin und wieder ausführte. Sein Onkel hatte ihn schon sehr früh ‚angelernt’. Durch ihn hatte Ramon im Laufe der Zeit viele wichtige Kontakte für sein zwielichtiges ‚Geschäft‘ knüpfen können.
Aufgrund seiner kriminellen Machenschaften kam er in den Genuss, ein ausschweifendes Leben zu führen. Wenn es finanzielle Engpässe gab, war es für ihn recht einfach, sich immer wieder Geld bei einem seiner Auftraggeber zu „günstigen Zinsen“ zu leihen. Er lebte gut damit, kam viel herum, kannte unzählige Leute, die viel auf sich hielten, und war ein gern gesehener Gast auf deren Partys. Auf einer dieser Partys hatte er vor ein paar Jahren Carmen kennengelernt.
Carmen war immer schon eine Lebefrau. Der Sinn stand ihr nach Spaß und Vergnügen. Sie war außergewöhnlich hübsch und sexy. Sie war groß, langbeinig, schlank und hatte langes blondes Haar, dass ihr in Wellen über den Rücken fiel.
Gerne hätte sie einen Job als Model oder Schauspielerin gehabt. Aber alle Jobangebote führten in die falsche Richtung. Von ihren erfolglosen Versuchen, Berühmtheit zu erlangen, ließ sie sich nicht beirren. Allein durch ihr Äußeres bekam sie Zutritt zu jeder Art von Promi-Party. Dort lernte sie genug reiche Männer kennen. Warum sollte sie sich weiter um die Jobsuche kümmern, wenn es reiche Männer gab, die ihr auch so ein angenehmes Leben bieten konnten. Sie hatte sich daran gewöhnt, das süße Accessoire an der Seite von irgendwelchen gutbetuchten Typen zu sein. Als sie Ramon kennenlernte, war es jedoch anders. Lange schon hatte sie sich nicht mehr so ernstgenommen gefühlt.
„Das verstehe ich ja“, versuchte Ramon sie zu besänftigen. „Ich habe den Auftrag aber schon angenommen. Wie du weißt, stehe ich immer noch bei Marek in der Kreide. Außerdem bezahlt der Typ uns nicht schlecht.“
„Aber ist es dann wirklich das letzte Mal? Ich such’ mir auch wieder einen Job“, entgegnete sie.
„Nein das will ich nicht. Du musst nicht arbeiten gehen. Du bist viel zu schön dafür.“
„Hör auf, mir zu schmeicheln. Ich mach nur noch dieses eine Mal mit“, antwortete sie in einem endgültigen Ton.
„Ok, unser Flug geht morgen. Die Yacht habe ich schon gemietet.“
„Oh, eine Yacht?“, fragte Carmen, nun doch neugierig geworden. „Wohin geht es denn?“
„Wir machen sozusagen ein paar Tage Yachturlaub und sind Sonntagabend wieder zurück.“, antwortete Ramon.
Das erfüllte sie nun doch mit Freude. „Und um was geht es diesmal?“, fragte sie weiter.
„Nichts Besonderes. Wir machen nur ein paar Besorgungen.“
„Und für wen?“
„Ich erzähl dir unterwegs alles. Lass uns jetzt mit den Vorbereitungen anfangen“, damit beendete Ramon das Gespräch.
Ramon nutzte Carmen aus. Er benutzte ihre Schönheit und ihren Reiz auf Männer. Er schickte sie vor, und sie schlüpfte für ihn in die verschiedensten Rollen, um Vorteile für ihn zu verschaffen, zu locken oder abzulenken. Es war sehr einfach für beide, damit durchzukommen. Meistens ging es um die Beschaffung von Informationen, Daten, Plänen, Fotografien, um alle möglichen Geheimnisse, an die man auf normalem Wege nicht herankam.
Carmen machte ihre Sache sehr gut. Sie konnte einfach jeden Mann um den Finger wickeln. Ihr selbst gefiel ihre Aufgabe jedoch nicht. Sie war immer sehr aufgeregt und nervös. Im Nachhinein waren die Aufträge zwar in der Regel einfacher abgelaufen, als sie gedacht hatte, aber sie tat es eigentlich nur für Ramon. Sie liebte ihn wirklich.
Ramon bereitete alles mit sehr viel Bedacht vor und minimierte mögliche Gefahren auf das Geringste. Er wollte auf keinen Fall noch einmal in den Knast, denn er hatte früher schon einmal das Vergnügen. Während seine Kumpel damals ihre Volljährigkeit genossen, hatte er für