Krieg und Frieden. Лев Толстой. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Лев Толстой
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752994216
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Kapitel 48

       Kapitel 49

       Kapitel 50

       Kapitel 51

       Kapitel 52

       Epilog

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

Erstes Buch

      1

      »Nun, Fürst, hat die Familie Bonaparte auch Genua und Lucca in Besitz genommen? Ich sage Ihnen, Sie sind nicht mehr mein Freund, mein getreuer Sklave, wie Sie sagen, wenn Sie noch ferner die Notwendigkeit des Krieges leugnen und noch länger die Gräuel verteidigen wollen, welche dieser Antichrist begeht, denn es ist der Antichrist selbst, davon bin ich überzeugt. Setzen Sie sich hierher und erzählen Sie.«

      Es war im Juni 1805, als Anna Pawlowna Scherer diese Worte sprach. Sie war Hofdame der Kaiserin Maria Feodorowna und gehörte sogar zu dem vertrauten Kreis Ihrer Majestät. Sie sprach mit dem Fürsten Wassil, welcher zuerst zu ihrer Abendgesellschaft eingetroffen war.

      Ein Diener in roter, kaiserlicher Livree hatte am Morgen in der ganzen Stadt Einladungsbriefe zu dieser Abendgesellschaft umhergetragen.

      »O Himmel, welch heftiger Überfall!« erwiderte der Fürst, ohne durch diesen Empfang in Aufregung zu geraten. Der Fürst trug die goldgestickte Uniform des Hofes mit Ordenssternen, seidene Strümpfe und Schnallenschuhe. Sein Gesicht zeigte beständig ein liebenswürdiges Lächeln. Er sprach Französisch, jenes gewählte Französisch, in dem unsere Großväter nicht nur sprachen, sondern auch dachten, und in dem gemessenen, herablassenden Ton eines einflußreichen Würdenträgers, der am Hofe alt geworden ist. Er näherte sich Anna Pawlowna, küßte ihr die Hand, indem er sein kahles, parfümiertes Haupt neigte, und ließ sich dann bequem auf einem Sofa nieder.

      »Vor allem, verehrte Freundin, beruhigen Sie mich über den Zustand Ihrer Gesundheit«, fuhr er in galantem Tone fort, der aber nicht frei von Spott war.

      »Wie könnte ich mich wohl befinden bei solchen Aufregungen? Sie bleiben den ganzen Abend, hoffe ich?«

      »Nein, heute nicht. Der englische Gesandte gibt ein großes Fest, auf dem ich erscheinen muß; meine Tochter wird mich abholen.«

      »Ich glaubte, das Fest sei verschoben worden, und ich gestehe Ihnen sogar, daß alle diese Festlichkeiten mich nachgerade schrecklich langweilen.«

      »Hätte man Ihren Wunsch ahnen können, so hätte man sie gewiß verlegt«, erwiderte der Fürst maschinenmäßig, wie eine gut gehaltene Uhr, ohne den geringsten Anspruch darauf, daß man seine Worte ernst nehme.

      »Spotten Sie nicht, und nun, da Sie alles wissen, sagen Sie mir, was ist beschlossen worden über die Depesche von Nowosilzow?«

      »Was soll ich Ihnen sagen?« erwiderte der Fürst mit dem Ausdruck der Langeweile. »Sie wollen wissen, was man beschlossen hat? Nun, man hat entschieden, daß Bonaparte seine Schiffe hinter sich verbrannt habe, und es scheint, daß wir im Begriff sind, dasselbe zu tun.«

      Der Fürst Wassil sprach immer mit einer gewissen Nachlässigkeit, wie ein Schauspieler, der eine alte Rolle spielt. Fräulein Scherer dagegen zeigte trotz ihrer vierzig Jahre eine große Lebhaftigkeit. Ihre soziale Stellung beruhte darauf, für eine enthusiastische Dame zu gelten. Das politische Gespräch, das sich entwickelte, brachte sie nach und nach in Aufregung.

      »Ach, sprechen Sie mir nicht von diesem Österreich! Es ist möglich, daß ich nicht alles richtig verstehe, aber nach meiner Ansicht will es nicht den Krieg und hat ihn nie gewollt. Es verrät uns. Russland allein muß Europa befreien. Unser Herr und Wohltäter ist durchdrungen von seiner hohen Mission und wird sich ihr gewachsen zeigen. Gott wird ihn nicht verlassen, er wird seine Aufgabe erfüllen und die Hydra der Revolution zerschmettern. Aber wem können wir vertrauen, frage ich Sie! England hat zu viel Krämergeist, um den hohen Flug der Seele des Kaisers Alexander zu begreifen, es weigert sich, Malta zu räumen, es wartet und argwöhnt Hintergedanken bei uns. Was haben die Engländer zu Nowosilzow gesagt? Nichts, denn sie begreifen nicht die Selbstverleugnung unseres Kaisers, welcher nichts für sich selbst, sondern nur das allgemeine Wohl will. Was haben sie versprochen? Nichts. Und Preußen? Hat es nicht erklärt, Bonaparte sei unüberwindlich und England ohnmächtig, ihn zu bekämpfen? Ich glaube nicht an Hardenberg, noch an Haugwitz, diese berühmte preußische Neutralität ist nur eine Schlinge! Aber ich glaube an Gott und an die höchste Bestimmung unseres Kaisers.« Sie schloss mit einem Lächeln über ihren eigenen Enthusiasmus.

      »Wie schade, daß Sie nicht an der Stelle unseres liebenswürdigen Winzingerode stehen. Sie hätten den König von Preußen im Sturm erobert. Aber werden Sie mir Tee reichen lassen?«

      »Sogleich! … Apropos«, fügte sie ruhiger hinzu, »ich erwarte heute Abend zwei sehr interessante Herren, den Grafen Mortemart, einen der Emigranten, und den Abbé Morio, diesen eminenten Geist. Sie wissen ja, daß er vom Kaiser empfangen wurde. Aber sprechen wir ein wenig von den Ihrigen. Wissen Sie, daß die ganze Gesellschaft über Ihre Tochter entzückt ist seit ihrem Erscheinen in der Welt? Man findet sie schön wie der Tag!«

      Der Fürst verbeugte sich.

      »Wie oft habe ich daran gedacht, wie ungleich die Glücksgüter in unserem Leben verteilt sind! Warum hat das Schicksal Ihnen so reizende Kinder gegeben, mit Ausnahme von Anatol, Ihrem Jüngsten, den ich nicht liebe«, fügte sie mit der Bestimmtheit eines unerbittlichen Urteils hinzu, indem sie die Augenbrauen in die Höhe zog. »Sie wissen Ihr Glück nicht zu schätzen, also verdienen Sie es auch nicht.«

      Sie begleitete diese Worte mit einem enthusiastischen Lächeln.

      »Was wollen Sie?« erwiderte der Fürst. »Lavater hätte wahrscheinlich entdeckt, daß auf meinem Schädel der Höcker, der die Liebe zu den Kindern andeutet, fehlt.«

      »Hören Sie auf zu scherzen. Ich muß ernsthaft mit Ihnen sprechen. Ich bin sehr unzufrieden über Ihren Jüngsten! Unter uns gesagt, man hat bei Seiner Majestät über ihn gesprochen, und man bedauert Sie!« Bei diesen Worten nahm sie eine betrübte Miene an.

      »Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll«, erwiderte der Fürst