Unter mehreren Gräbern, die wir aufmachten, fand sich in einem, welches sehr günstig situiert war, weil ein sehr trockener und grober Sandboden das Grab füllte, ein vollständig erhaltenes Skelet, welches ich mit einzigem Verlust der beiden Kniescheiben und des einen Astragalus habe herausnehmen können. Diese letzteren Knochen sind wahrscheinlich beim Graben in die herausgeworfene Erde hineingeraten; es ist uns nachher nicht mehr gelungen, sie aufzufinden. Dass sie gefehlt haben, ist umso weniger wahrscheinlich, als selbst die kleinsten Knochen, selbst die einzelnen Stücke des Zungenbeins vollständig vorhanden waren.
Was das Pathologische anbetrifft, so ist darunter eines, was mit dem übrigen Krankheitsprozess des Begrabenen nicht unmittelbar in Beziehung steht, was vielleicht schon von langer Zeit her angelegt war, nämlich eine Exostose des Humerus, die der Form angehört, welche man in der neueren Zeit gewöhnlich unter dem Namen der Exostosis cartilaginea bezeichnet hat, und von der ich früher Gelegenheit hatte, Ihnen hier ein frisches Exemplar vorzuführen.
Das Hauptpräparat aber umfasst die Gegend des Sprunggelenks, wo sich eine vollständige Synostose zwischen Tibia, Fibula und Astragalus vorfindet, so vollständig, dass ich kaum irgendein Präparat unserer Sammlung damit parallelisieren kann. Die Affection hat sich herauserstreckt längs der Unterschenkelknochen bis nahe an das Kniegelenk. Namentlich an der Fibula sieht man ziemlich reichliche Osteophyte bis dicht an das Köpfchen heraufreichen. Weiter nach unten wachsen die Teile sich einander entgegen. In der Gegend des Gelenks ist eine dichte elfenbeinerne Masse wie ausgegossen über die verschiedenen Knochen, so dass die drei Knochen in einer Weise vereinigt sind, dass man an gewissen Stellen gar nicht mehr bemerkt, wo eigentlich die Grenzen liegen. Der Prozess hat sich dann noch weiter fortgesetzt auf den Calcaneus, an dem die Gelenkflächen überdies in einer so starken Weise deformiert sind, dass man mit Sicherheit schließen kann, der größte Teil des Knorpels müsse zerstört gewesen sein. Rings um das Gelenk hat eine Auflagerung von Knochenmasse stattgefunden, die wahrscheinlich bei Lebzeiten ein ähnliches ankylotisches Verhältnis gesetzt hat, wie wenn eine wirkliche Synostose dagewesen wäre.
Die Veränderungen, welche die Gelenke hier darbieten, haben die größte Ähnlichkeit mit demjenigen, was wir bei dem sogenanten Malum senile antreffen, während das, was weiter nach oben hin existiert, unter den mir bekannten Formen nur eine Analogie findet an den Knochenwucherungen, die bei sehr lange bestehender Elephantiasis oder Pachydermie der Extremitäten Vorkommen. Darauf beschränkt sich jedoch die Reihe der Veränderungen nicht. Man findet auch am Unterschenkel der anderen Seite die Spur eines beginnenden ähnlichen Prozesses. Sie werden sich leicht überzeugen, dass auch hier an der Fibula ziemlich weit herauf Unregelmäßigkeiten bestehen, und dass die Tibia fast in ihrer ganzen Ausdehnung, namentlich an ihrer äußeren Fläche, mit einer neuen Bildung bedeckt ist, die nach unten immer reichlicher wird, und die an der Berührungsfläche mit der Fibula ebenfalls unregelmäßige Wucherungen gesetzt hat, von denen man voraussehen kann, dass sie bei längerem Bestande zu einer ähnlichen Verwachsung, wie auf der anderen Seite, Veranlassung gegeben hätten. Leider ist gerade hier der Astragalus nicht ausgesunden worden, während der Ealcaneus sehr vollständig und gerade zur Vergleichung mit dem anderen sehr geeignet ist, insofern er ganz normale Verhältnisse zeigt.
Ich bemerke noch in Beziehung auf das Grab selbst, dass ich in ihm einige Eisengeräte fand, während in dem nächsten, unmittelbar daran anstoßenden Grabe eine kleine tönerne Schale oder vielmehr ein Mittelding zwischen Topf und Schale, von sehr roher Form, aber jedenfalls auf der Drehscheibe gearbeitet, entdeckt wurde, in der auch ein etwas zweifelhaftes, sehr verrostetes, eisernes Instrument, wahrscheinlich eine Pfeilspitze, lag. Die archäologische Stellung des Grabes ist dadurch insoweit bezeichnet, dass man sagen kann, es gehört nicht zu den ältesten der sogenannten Hünengräber, in denen bekanntlich nur steinerne und bronzene Sachen gefunden werden. Die ältesten Gräber zeichnen sich auch dadurch aus, dass man die Leichen verbrannt findet und höchstens Asche und Knochenfragmente in tönernen Gefäßen aufgehäuft sind. Hier handelt es sich um eine spätere Periode. Nichtsdestoweniger ist die Beschaffenheit und Form des Gefäßes und der Eisen von der Art, dass man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit schließen muss, dass man es mit einer sehr weit zurückgelegenen Periode zu tun hat. Dass die Sache keineswegs in irgendeine für uns historische Zeit zurückreicht, dafür spricht die Anordnung des Begräbnisplatzes, namentlich die kolossalen Granitsteine, mit denen die einzelnen Gräber umkränzt waren. Unzweifelhaft hat ein sehr lange bestehender Krankheitsprozess den Mann, dessen Knochen wir vor uns haben, getroffen. Er muss also einer Völkerschaft angehört haben, in der man nicht, wie von einzelnen Stämmen berichtet wird, die Gebrechlichen und Alten tötete, sondern wo offenbar auch für solche, welche einer langen Krankheit erlegen waren, ein regelmäßiges und stattliches Begräbnis veranstaltet wurde.
(Abgedruckt aus den Verhandlungen der Berliner medizinischen Gesellschaft. Band I.)
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Zur Urgeschichte der Pomoranen
Zur Urgeschichte der Pomoranen
Älteste Einteilung des Landes
Abstammung und älteste Verzweigung des Fürstenhauses
1.
Wie ich in einem früheren Aufsatze gezeigt habe, war die Südgrenze der Pomoranen um 1100 die Netze von Cüstrin, bis wohin im Mittelalter der Name reichte, bis vor Labischin, dann breites Bruch und auf eine Meile weit dichter Wald bis zur Weichsel. „Die so starke Naturscheide, überall breites, damals mehr wie jetzt unwegsames Bruch, bestand noch, als Polen unter Boleslaw III schon eine große Macht entwickelte, und unter der schwächeren Herrschaft seines Vaters Wladislaw, also auch unter der nur allmählig erstarkenden Kasemirs I, dem die unbesiegten Pomoranen in gleicher Macht gegenüber standen, und während der Zerrüttung Polens von 1031—1041, wo sie sogar Eroberungen machten, diese jedoch an Kasemir verloren. Boleslaw l hatte als Eroberer und Beherrscher von ganz Pommern keinen Grund es zu mehren oder zu mindern. Sein Vater Mesko I, mit dem Polen in die klare Geschichte tritt, beherrschte Anfangs nur die Kujawen, und erwehrte sich auch, als er schon das eigentliche, (sog. Groß-) Polen dazu hatte, nur mit Mühe einzelner deutscher Markgrafen und liutizischer Völker, wir dürfen also und müssen auch für seine und frühere Zeit die so stark markierte Scheide festhalten.“ Als Ostgrenze der Wenden war seit Karls des Großen Tagen die untere Weichsel bekannt.
Und zwar zeigen sich als pommersch, seitdem Urkunden das Land erhellen, alle ihre Werder bis zu den östlichsten Armen, das sind die Alte Nogat von Kl. Grabau bis zur jetzigen Nogat, dann diese und die bei Wolfsdorf zum Elbing abzweigende Alte Nogat. Auf der Nehrung war die Scheide dem Elbing gegenüber östlich von Lieb, wo die Spuren des uralten, schon vor der historischen Zeit versandeten Tiefs des Haffs. Wenn aber 997 von Danzig berichtet wird, es sondre die Gebiete des Herzogs Boleslaw voneinander, so folgt, dass der den Namen Weichsel behaltende westliche Arm damals Pommern und das gleichfalls von Boleslaw unterworfene Witland (die Geten, Gothen der polnischen Berichte) trennte. Dies blieb bei Masovien und bei der Zerrüttung Polens 1031 ff. unter dessen Fürsten Meczslaw. Sein Untergang im Jahre 1044 ist der einzige sich darbietende Zeitpunkt für den Anfang der später heraustretenden Verteilung des Witlandes, wo der Teil südlich der Ossa polnisch, alle Werder zwischen den Weichselarmen pommersch, das übrige Besitz der Preußen ist. Danzig selber ist bis 993 als Grenzfeste der Geten zu fassen zufolge des Namens Gyddanize, der ist Adjectiv von Gyddanie = Getae, Gythones bei Ptolemaios.
2. Westgrenze der Pomoranen ist am Meer die Swine, Naturgrenze durch die Konfiguration des Landes, der Inseln, Völkerscheide in germanischer Zeit, innere Hauptscheide bis 1653. Nach Adam von Bremen haben (um 1070) die Leuticier die Küste bis zur Oder, jenseits der Oder leben die Pomeranen; dieselbe geht durch die Wenden bis zur Stadt Jumne (Jomsburg, Julin) in ihrer Mündung (auf einer Mündungsinsel), wo sie die Pomeranen von den Witzen oder Leuticiern scheidet; die Insel, worauf die Stadt, bilden drei Sunde Greta) jenseits der