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saß. „Hallo Frau Helmken!“

      „Hallo Juli“, antwortete Frau Helmken mit leichtem Staunen.

      „Ich warte nur, bis Thea gegessen hat“, erklärte sich Juli sofort.

      „Ach ja? Und dann?“, entgegnete die Mutter.

      Thea warf den Ranzen in die Ecke und setzte sich an den Tisch. „Müssen wir lernen.“

      Frau Helmken nickte nur und wies Juli auf den freien Platz. „Möchtest du mitessen?“

      Juli schüttelte den Kopf und setzte sich. „Nein, danke. Ich warte nur auf Thea. Wir wollen zu mir.“

      Frau Helmken legte die Gabel zur Seite und faltete die Hände auf der Tischkante. „Juli, ich habe Thea kein Computerverbot erteilt, damit sie bei dir spielt.“

      Thea schnappte nach Luft, aber Juli ergriff rasch das Wort: „Sie hat keinen Hausarrest.“

      Ein Lächeln huschte über Frau Helmkens Gesicht, bevor sie die Arme verschränkte und sich in ihrem Stuhl zurücklehnte.

      „Stimmt doch“, antwortete Thea mit vollem Mund.

      Mats hieb mit dem Löffel auf den Kartoffelbrei auf seinem Teller ein und beobachtete fasziniert, wie das Püree nach allen Seiten spritzte. Frau Helmken legte ihre Hand auf die ihres Sohnes, woraufhin Mats sein Experiment beendete und den Löffelrücken ableckte.

      „Das stimmt. Vielleicht sollte ich deine Strafe ausdehnen“, raunte sie provozierend.

      Thea zog eine Schnute und begegnete Julis verunsichertem Blick. „Komm schon Mama! Das kannst du nicht ewig durchziehen. Es tut mir doch leid!“

      Frau Helmken nahm die Gabel wieder auf. „Mir auch, Schätzchen.“

      Im Versuch, die Situation zu analysieren, wanderte Julis Blick von Mutter zu Tochter. „Was heißt das jetzt? Darf Thea mit?“

      Mit der Gabel in Julis Richtung fuchtelnd, sagte Frau Helmken: „Ihr lernt, bevor ihr spielt und ihr ruft mich an, damit ich Thea abholen kann. Anderenfalls bekommt sie wirklich Hausarrest, inklusive vier Wochen ohne Computer und ohne Handy!“

      Wieder schnappte Thea nach Luft, aber Juli lächelte einverstanden. „Das ist ein guter Deal.“

      „Und du gehst nicht eher los, bevor ich bei dir bin!“, befahl sie Thea.

      „Versprochen“, nickte Thea und stopfte sich eine Kartoffel in den Mund. Brokkoli und Schnitzel folgten dicht auf. „So gegen acht Uhr dann?“, fragte sie unverständlich, stand kauend auf und winkte Juli, ihr zu folgen. Ehe Frau Helmken protestieren konnte, eilten sie aus dem Zimmer, schlüpften durch die Wohnungstür und waren schon auf dem Weg zu Juli.

      „Deine Mutter ist echt der Wahnsinn“, kommentierte Juli unterwegs. „Ich denke, ich hätte dich an ihrer Stelle nicht gehen lassen.“

      „Warum? Du hattest doch Recht. Sie hat mir nur den Computer verboten.“

      „Meine Mutter hätte mir in dieser Lage niemals erlaubt das Haus zu verlassen.“

      „Deine Mutter hätte es doch nicht einmal bemerkt“, lachte Thea und Juli stimmte mit ein. Julis Eltern gingen beide einer Arbeit nach und nie waren sie vor sieben Uhr abends zurück.

      „Das ist allerdings wahr. Und nun los! Tom und Dein_Tod warten!“, rief Juli. Sie gab Thea einen Knuff und rannte voran. Thea folgte lachend, bremste aber nach wenigen Metern abrupt ab und quietschte panisch. Juli wandte sich fragend um, doch ehe sie sich versah, stolperte sie direkt in die Arme eines rothaarigen Mannes. Sie kannte Theas Beschreibung von ihrem nächtlichen Verfolger. Schon hatte sie das Bild des Mannes vor Augen, den sie in der Eisdiele gesehen hatte, aber es war zu spät. Er umklammerte sie mit seinem Griff und hielt ihr den Mund zu. Theas Hand fuhr in ihre Hosentasche zum Handy. Noch während sie es heraus zog, hörte sie über sich das Schreien eines Falken. Im nächsten Augenblick stand die Frau vor ihr, die sich Wal-Freya nannte. Panisch gab ihr Thea einen Schubs und rannte zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Aber schon flog der Falke wieder über ihr, überholte sie und flatterte nun bedrohlich vor ihrem Gesicht. Plötzlich verschwand das Tier. Wo es gerade noch in der Luft hing, befand sich nun das Gesicht der Frau, die sich mit bösem Blick vor Thea aufbaute. In ihrer Hand hielt sie einen gefiederten Umhang. Thea blieb wie angewurzelt stehen. War der Falke die Frau? Die Frau der Falke? Das konnte doch nicht sein! Böse runzelte Wal-Freya die Stirn. Sie trat auf Thea zu. Schon hatte sie das Handgelenk mit dem Handy umschlossen und nahm Thea das Gerät aus der Hand.

      „Es reicht, Fengur!“, knurrte sie Thea an. Unbarmherzig schraubte sie Theas Arm auf den Rücken und umschloss mit der freien Hand ihren Mund. „Du musst uns endlich zuhören.“

      Thea spürte, dass ihre Knie weich wurden. Sie wünschte sich raus aus dieser unwirklichen Situation, weg von hier. Hätte ihr ihre Mutter doch nur Zimmerarrest erteilt! Thea sah in die angstgeweiteten Augen ihrer Freundin. Neben ihrer eigenen Furcht raubten ihr die Schuldgefühle den Atem. Nur weil Juli sie begleitete, befand sie sich jetzt in dieser Situation.

      „Wir müssen von der Straße!“, raunte Wal-Freya ihrem Gegenüber zu. Der nickte entschlossen und schob Juli, auf der Suche nach einem Versteck, rasch voran. Mutig versuchte sich Thea loszureißen, doch ein unerträglicher Schmerz in ihrer Schulter brachte sie schnell davon ab.

      „Wohin?“, fragte der Mann mit einem kurzen Blick zurück.

      „Nach Asgard, wie besprochen! Hier werden wir nie vernünftig mit ihr reden können“, hörte Thea die Frau dicht an ihrem Ohr.

      Der Mann nickte und bog in eine kleine Seitengasse ein. Alle Hoffnung, dass ihnen jemand zur Hilfe eilen würde, löste sich in Nichts auf. Keine Menschenseele befand sich zwischen der Häuserflucht. Hier wollten sie es zu Ende bringen, da war sich Thea sicher.

      „Bifröst!“, schrie der Mann. Seine Worte hallten von den Häusern wider. Thea traute ihren Augen kaum, als sich um den Schall Lichtfunken bildeten. Gleißender Sternenregen ergoss sich vor ihnen in den Farben Rot, Blau und Gelb. Er sammelte sich in einem Wirbel und verwandelte sich zu einem bunten Gemisch, ehe er Form annahm und sich in einem Regenbogen gen Himmel streckte. Thea vernahm die gedämpften Schreie ihrer Freundin, aber der Mann schleppte sie unerbittlich voran. Er trat auf das rote Band und folgte ihm hinauf. Thea spürte ihr Blut in die Beine sacken, dann wurde ihr schwarz vor Augen.

      3. Kapitel

      Als Thea die Augen öffnete, kämpfte sie gegen den Schwindel. Sie blinzelte in die Sonne und ertastete dichtes Gras unter ihren Händen. Dicke Wolken zogen vor einem stahlblauen Himmel hinweg und mächtige Türme bauten sich vor der Kulisse auf, die zu einer riesigen Burg gehörten. Reet bedeckte die Dächer und an Windbalken, die weit über den Dachfirst herausgezogen waren, kreuzten sich die Bretter in Form von Pferden und anderen Tieren. Die Burg selbst schien nicht aus Steinen erbaut, sondern aus purem Gold und geradewegs einem Computerspiel entwachsen.

      Von Fern mischten sich Julis staunende Rufe in Theas Gedanken. Juli! Mit einem Schlag waren ihre Erinnerungen zurück. Sie fuhr hoch und ein Blitz durchzuckte ihren Körper. Thor stand mit dem Rücken zu ihr! Er beobachtete Juli, die in einiger Entfernung vor ihm herum lief und fasziniert die Arme in die Luft warf – auch die Frau war noch da. Sie saß vor Thea und beobachtete sie eindringlich!

      „Thor! Sie ist wach!“, rief Wal-Freya, als ihre Blicke sich trafen.

      Der Mann drehte sich um und setzte sich zu ihr. „Dann können wir endlich reden.“

      Ängstlich rutschte Thea zurück.

      „Hier bist du nicht dazu in der Lage, dich davonzustehlen,

      Thea“, sprach die Frau sie an, gerade so, als habe sie Theas Gedanken gelesen. „Jetzt wirst du zuhören!“

      Bevor