Oblomow. Iwan Gontscharow. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Iwan Gontscharow
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753126463
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sagte er, sich immer noch reckend, in einzelnen Absätzen, »Käse übriggeblieben . . . und . . . gib mir Madeira; bis zum Mittagessen ist noch lange hin . . . da will ich jetzt ein bißchen frühstücken . . .«

      »Wo soll welcher übriggeblieben sein?« antwortete Sachar. »Es ist nichts übriggeblieben . . .«

      »Wie kannst du sagen, es sei nichts übriggeblieben?« unterbrach ihn Ilja Iljitsch. »Ich erinnere mich ganz genau: es war noch ein Stück von der Größe . . .«

      »Nein, bewahre! Es ist kein Stück übriggeblieben!« wiederholte Sachar hartnäckig.

      »Doch!« sagte Ilja Iljitsch.

      »Nein!« antwortete Sachar.

      »Na, dann kaufe welchen!«

      »Geben Sie mir, bitte, Geld!«

      »Da liegt kleines Geld; das nimm!«

      »Hier ist nur ein Rubel und vierzig Kopeken; ich brauche aber einen Rubel und sechzig.«

      »Da war auch noch Kupfer.«

      »Ich habe keins gesehen«, sagte Sachar, von einem Bein auf das andere tretend. »Silber war da, und das liegt auch noch da; aber Kupfer war nicht da.«

      »Doch, es war welches da; der Hausierer hat es mir selbst gestern in die Hand gegeben.«

      »Ich bin dabei gewesen, als er Ihnen das Geld gab«, erwiderte Sachar. »Ich habe gesehen, daß er Ihnen Silber gab; aber Kupfer habe ich keins gesehen . . .«

      »Hat es auch nicht am Ende Tarantjew weggenommen?« dachte Ilja Iljitsch zweifelnd. »Aber nein; der hätte auch das Silber genommen.«

      »Also was ist denn noch zu essen da?« fragte er.

      »Es ist nichts übriggeblieben. Höchstens vielleicht von dem gestrigen Schinken; ich muß mal Anisja fragen«, antwortete Sachar. »Soll ich den bringen?«

      »Ja, bringe, was da ist. Aber wie geht es nur zu, daß nichts übriggeblieben ist?«

      »Es ist eben nichts übriggeblieben«, versetzte Sachar und ging hinaus. Ilja Iljitsch aber ging langsam und nachdenklich im Zimmer auf und ab.

      »Ja, ich habe viel Sorge und Mühe«, sagte er leise. »Zum Beispiel schon mit dem Plane – was werde ich mit dem noch für eine Unmenge von Arbeit haben! . . . Aber Käse war doch übriggeblieben«, fügte er nachdenklich hinzu; »den hat dieser Sachar aufgegessen, und nun sagt er, es sei keiner übriggeblieben! – Und wo sind nur die Kupfermünzen geblieben?« sagte er und fuhr mit der Hand auf dem Tische umher.

      Nach einer Viertelstunde öffnete Sachar die Tür mit dem Präsentierbrett, das er in beiden Händen hielt, und wollte, nachdem er ins Zimmer hereingetreten war, die Tür mit dem Fuße wieder zumachen; aber er verfehlte sie und stieß in die leere Luft: es fiel ein Glas herunter und mit ihm zugleich noch der Stöpsel der Karaffe und eine Semmel.

      »Du kannst doch nicht einen Schritt tun, ohne daß so etwas passiert!« sagte Ilja Iljitsch. »Na, dann hebe wenigstens auf, was du hingeworfen hast; aber er steht noch da und sieht es verwundert an!«

      Mit dem Präsentierbrett in den Händen bückte sich Sachar, um die Semmel aufzuheben; aber als er sich niedergekauert hatte, bemerkte er plötzlich, daß er beide Hände voll hatte und die Semmel nicht aufheben konnte.

      »Na, so hebe sie doch auf!« sagte Ilja Iljitsch spöttisch. »Was machst du denn? Woran liegt es?«

      »Oh, hol' euch der Teufel, ihr verfluchten Dinger!« wandte sich Sachar wütend an die hingefallenen Gegenstände. »Wo hat man das aber auch jemals gehört, daß einer kurz vor dem Mittagessen noch frühstückt?«

      Dann stellte er das Präsentierbrett hin und hob die heruntergefallenen Gegenstände vom Fußboden auf. Die Semmel bepustete er erst, ehe er sie auf den Tisch legte.

      Ilja Iljitsch machte sich an sein Frühstück; Sachar aber stellte sich in einiger Entfernung von ihm hin, sah ihn von der Seite an und beabsichtigte anscheinend, etwas zu sagen.

      Aber Oblomow frühstückte, ohne ihm die geringste Aufmerksamkeit zuzuwenden.

      Sachar hustete ein paarmal.

      Oblomow kümmerte sich auch darum nicht.

      »Der Hausverwalter hat soeben wieder hergeschickt«, begann Sachar endlich zaghaft: »Der Baumeister ist bei ihm gewesen und hat gefragt, ob er nicht unsere Wohnung einmal ansehen könne. Es ist wegen des Umbaues . . .«

      Ilja Iljitsch aß weiter, ohne ein Wort zu erwidern.

      »Ilja Iljitsch!« sagte Sachar nach einem kurzen Stillschweigen noch leiser.

      Ilja Iljitsch tat, als hörte er nicht.

      »Er verlangt, daß wir in der nächsten Woche ausziehen«, fuhr Sachar heiser fort.

      Oblomow trank ein Glas Wein und schwieg.

      »Was sollen wir denn tun, Ilja Iljitsch?« fragte Sachar beinah flüsternd.

      »Ich habe dir doch verboten, mit mir davon zu reden«, erwiderte Ilja Iljitsch in strengem Tone, stand auf und ging auf Sachar zu. Dieser wich vor ihm zurück.

      »Was du für ein giftiger Mensch bist, Sachar!« fügte Oblomow empört hinzu.

      Sachar fühlte sich beleidigt.

      »Nun sehe einer an«, sagte er: »›Giftig!‹ Wieso soll ich giftig sein? Ich habe keinen Menschen gemordet.«

      »Natürlich bist du giftig!« wiederholte Ilja Iljitsch. »Du vergiftest mir mein Leben!«

      »Ich bin nicht giftig«, entgegnete Sachar hartnäckig.

      »Warum setzt du mir denn mit der Wohnung zu?«

      »Was soll ich denn machen?«

      »Aber ich, was soll ich denn machen?«

      »Sie wollten ja an den Hauswirt schreiben.«

      »Na, ich werde auch an ihn schreiben; warte nur; so plötzlich geht das nicht!«

      »Sie sollten jetzt gleich schreiben.«

      »Jetzt gleich, jetzt gleich! Ich habe noch Wichtigeres zu tun. Du denkst wohl, das ist so wie Holzhacken? Eins, zwei, drei, und die Geschichte ist fertig? Da«, sagte Oblomow, indem er die trockene Feder im Tintenfaß umdrehte; »Tinte ist auch nicht da! Wie soll ich denn schreiben?«

      »Ich werde sie sofort mit Kwaß anrühren«, sagte Sachar, nahm das Tintenfaß und lief hurtig ins Vorzimmer. Oblomow machte sich daran, Papier zu suchen.

      »Auch Papier ist nicht da«, sagte er zu sich selbst, während er im Tischkasten herumwühlte und auf dem Tische herumtastete. »Nein, so geht das nicht! Ach, dieser Sachar: er verdirbt einem das ganze Leben!«

      »Na, und du willst kein giftiger Mensch sein?« sagte Ilja Iljitsch zu dem wieder eintretenden Sachar. »Um nichts kümmerst du dich! Wie kommt es denn, daß wir kein Papier im Hause haben?«

      »Was verhängen Sie da für eine Strafe über mich, Ilja Iljitsch? Ich bin ein Christ: warum schimpfen Sie mich: ›giftig‹? Da haben Sie ja einen schönen Ausdruck gefunden: ›giftig‹! Ich bin unter dem alten Herrn geboren und aufgewachsen; er hat mich manchmal ›Hund‹ geschimpft und an den Ohren gezogen; aber so ein Wort habe ich von ihm nicht zu hören bekommen; so etwas ist ihm nicht eingefallen! Das ist ja geradezu eine Sünde! Hier ist Papier, bitte!« Er nahm von einer Etage einen halben Bogen graues Papier und reichte ihn ihm hin.

      »Kann man denn darauf schreiben?« fragte Oblomow und warf das Papier hin. »Damit decke ich mir immer zur Nacht mein Wasserglas zu, damit mir nicht etwas Giftiges hineinfällt.«

      Sachar wandte sich ab und sah nach der Wand hin.

      »Na, aber es tut nichts; gib es nur her; ich werde das Konzept darauf schreiben, und Alexejew kann es nachher ins Reine schreiben.«

      Ilja Iljitsch setzte sich an den Tisch und schrieb schnell