Oblomow. Iwan Gontscharow. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Iwan Gontscharow
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753126463
Скачать книгу
dieser wird auch gut genug sein«, sagte Oblomow. »Sonst muß ich erst noch hinschicken.«

      »Warte mal, gib mir Geld; ich muß noch anderswohin gehen; da komme ich dort vorbei und werde welchen mitbringen.«

      Oblomow kramte im Tischkasten umher und nahm einen Zehnrubelschein (damals von roter Farbe) heraus.

      »Madeira kostet sieben Rubel«, sagte Oblomow: »hier sind zehn.«

      »Gib nur alles her: die Leute geben mir da heraus; sei unbesorgt!«

      Er riß die Banknote Oblomow aus den Händen und steckte sie schnell in die Tasche.

      »Na, dann werde ich jetzt gehen«, sagte Tarantjew, indem er den Hut aufsetzte. »Um fünf bin ich wieder hier. Ich muß noch anderswohin gehen: es ist mir eine Anstellung bei der Branntweinakzise in Aussicht gestellt, und ich soll dort einmal nachfragen . . . Ja, was ich noch sagen wollte, Ilja Iljitsch: willst du nicht heute einen Wagen nehmen und nach Jekateringof fahren? Dann könntest du mich mitnehmen.«

      Oblomow schüttelte zum Zeichen der Verneinung den Kopf.

      »Wie steht's? Bist du zu faul, oder tut dir das Geld leid? Ach, du Mehlsack!« sagte Tarantjew. »Na, adieu einstweilen!«

      »Warte, Michei Andrejewitsch«, unterbrach in Oblomow. »Ich möchte dich über etwas um Rat fragen.«

      »Was ist denn noch? Sprich schnell, ich habe keine Zeit.«

      »Es ist ein zwiefaches Unglück über mich hereingebrochen. Ich werde aus der Wohnung hinausgejagt . . .«

      »Gewiß hast du keine Miete bezahlt; da geschieht dir recht«, sagte Tarantjew und wollte gehen.

      »Nicht doch! Ich bezahle immer pränumerando. Nein, der Hauswirt will meine Wohnung zur Herstellung einer andern mitbenutzen . . . Aber warte doch! Wo willst du hin? Rate mir, was ich tun soll: der Wirt drängt mich; in einer Woche soll ich ausziehen . . .«

      »Bin ich als dein Ratgeber angestellt? . . . Da hast du eine falsche Vorstellung . . .«

      »Ich habe gar keine Vorstellung«, erwiderte Oblomow; »mach' nicht solchen Lärm und schreie nicht so, sondern denke lieber nach, was ich tun soll. Du bist ein praktischer Mensch . . .«

      Tarantjew hörte nicht mehr nach ihm hin, sondern überlegte etwas.

      »Na, meinetwegen; du kannst dich bei mir bedanken«, sagte er, nahm den Hut wieder ab und setzte sich hin. »Ordne an, daß es beim Mittagessen Champagner geben soll: deine Angelegenheit ist erledigt.«

      »Wie denn das?« fragte Oblomow.

      »Wird es auch Champagner geben?«

      »Meinetwegen, wenn dein Rat das wert ist . . .«

      »Du selbst bist meinen Rat nicht wert. Warum soll ich dir umsonst Rat geben? Da, frage den da«, fügte er, auf Alexejew weisend, hinzu, »oder seinen Verwandten!«

      »Nun, nun, laß gut sein und sprich!« bat Oblomow.

      »Nun, so höre: du ziehst gleich morgen in eine andre Wohnung . . .«

      »Ach herrje! So eine Idee! Das habe ich auch selbst gewußt . . .«

      »Warte, unterbrich mich nicht!« schrie Tarantjew. »Zieh morgen zu meiner Gevatterin, nach der Wyborger Seite . . .«

      »Was ist das für eine Neuigkeit? Nach der Wyborger Seite! Da laufen ja, wie es heißt, im Winter die Wölfe herum.«

      »Es kommt schon vor, daß von den Inseln welche herüberlaufen; aber was geht dich das an?«

      »Da ist es langweilig und öde; kein Mensch ist da.«

      »Unsinn! Da wohnt meine Gevatterin; die hat ein eigenes Haus mit großen Gemüsegärten. Sie ist eine vornehme Frau, eine Witwe mit zwei Kindern. Bei ihr wohnt ihr unverheirateter Bruder, ein höchst geistvoller Mensch, nicht so einer wie der, der da in der Ecke sitzt«, sagte er, auf Alexejew weisend. »Der steckt mich und dich in die Tasche.«

      »Was geht das alles mich an?« versetzte Oblomow ungeduldig. »Ich werde nicht dorthin ziehen.«

      »Das will ich doch einmal sehen, ob du nicht doch hinziehen wirst. Nein, wenn du um Rat fragst, dann befolge auch, was man dir sagt.«

      »Ich ziehe nicht um«, sagte Oblomow entschieden.

      »Na, dann hol' dich der Teufel!« antwortete Tarantjew, stülpte sich den Hut auf den Kopf und ging zur Tür.

      »Du bist ein wunderlicher Patron!« sagte Tarantjew umkehrend. »Was sagt dir denn hier so sehr zu?«

      »Was mir zusagt? Hier habe ich alles in der Nähe«, erwiderte Oblomow: »Die Läden und das Theater und meine Bekannten, alles . . . Ich wohne im Zentrum der Stadt . . .«

      »So–o?« unterbrach ihn Tarantjew. »Aber wie lange ist es her, daß du nicht aus dem Hause gegangen bist, sag' mal? Wie lange ist es her, daß du nicht im Theater gewesen bist? Zu welchen Bekannten gehst du denn? Was hast du denn von diesem Zentrum der Stadt, wenn ich fragen darf?«

      »Was ich davon habe? Unendlich viel habe ich davon!«

      »Siehst du wohl, du weißt es selbst nicht! Und nun stelle dir einmal vor, wie es dort sein wird: du wirst bei meiner Gevatterin, einer vornehmen Frau, in aller Ruhe und Stille wohnen; kein Mensch wird dich stören; kein Lärm und Spektakel; alles ist rein und sauber. Sieh nur, du wohnst ja hier wie in einer Herberge und bist doch ein adliger Herr, ein Gutsbesitzer! Dort aber hast du Reinlichkeit und Stille; du hast jemand, mit dem du sprechen kannst, wenn du dich langweilst. Außer mir wird niemand zu dir kommen. Es sind zwei Kinderchen da, mit denen kannst du spielen, soviel du Lust hast! Was willst du noch mehr? Und der pekuniäre Vorteil, der gewaltige pekuniäre Vorteil! Was bezahlst du hier?«

      »Fünfzehnhundert Rubel.«

      »Und dort wirst du tausend Rubel fast für das ganze Haus bezahlen! Und was sind das für helle, prächtige Zimmer! Sie wünschte sich schon lange einen stillen, pünktlichen Mieter; da werde ich ihr dich zuweisen . . .«

      Oblomow schüttelte zerstreut zum Zeichen der Verneinung den Kopf.

      »Unsinn, du wirst umziehen!« sagte Tarantjew. »Bedenke nur, daß du da nur halb so teuer leben wirst: schon allein an der Wohnung wirst du fünfhundert Rubel ersparen. Du wirst noch einmal so gut essen, und sauberer; weder die Köchin noch Sachar werden dich bestehlen . . .«

      Aus Sachars Zimmer ließ sich ein Brummen vernehmen.

      »Und es wird auch mehr Ordnung herrschen«, fuhr Tarantjew fort; »jetzt ist es einem ja widerwärtig, sich bei dir an den Tisch zu setzen! Man möchte nach dem Pfeffer greifen, aber es ist kein Pfeffer da; auch Essig ist nicht gekauft. Die Wäsche geht, wie du selbst sagst, verloren; überall liegt Staub – mit einem Worte, es ist gräßlich! Dort aber wird eine Frau die Wirtschaft führen; weder du noch dein Esel, der Sachar . . .«

      Das Brummen in Sachars Zimmer wurde stärker.

      ». . . dieser alte Hund«, fuhr Tarantjew fort, »keiner von euch wird dann mehr an etwas zu denken brauchen; du wirst in voller Pension leben. Was ist da noch zu überlegen? Zieh um, und alles ist erledigt . . .«

      »Aber wie kann ich denn so plötzlich mir nichts dir nichts nach der Wyborger Seite . . .«

      »Mit dir ist aber auch nichts anzufangen!« sagte Tarantjew und wischte sich den Schweiß vom Gesichte. »Jetzt ist es Sommer: da ist es dort ganz wie in einer Sommerfrische. Warum willst du hier in der Gorochowaja-Straße während des Sommers verfaulen? Dort ist der Besborodkin-Park; Ochta hast du ganz in der Nähe; die Newa ist nur zwei Schritte entfernt; du hast deinen eigenen Gemüsegarten, keinen Staub, keine schlechte Luft! Da ist nichts weiter zu überlegen: ich will gleich nach dem Mittagessen schleunigst zu ihr hin (gib mir Geld zu einer Droschke!), und morgen kannst du umziehen . . .«

      »Was ist das für ein Mensch!« sagte Oblomow. »Denkt er sich da auf einmal weiß der Teufel was aus: ich soll nach der Wyborger Seite . . . Sich so etwas auszudenken,