Die Eltern konnten ihre Kinder in Kitas und Kindergärten unterbringen. Es gab Pionierhäuser. Kulturhäuser, Klubs, zahlreiche Möglichkeiten für sportliche Betätigungen oder Theater- und Ballettkurse.
Die Wohnungsmieten waren nicht hoch und oft nur im zweistelligen Bereich.
Was die Menschen nervte, war die ideologische Verbohrtheit der Partei, die Mauer, welche die Bürger unverdient einsperrte und das ihnen entgegengebrachte Misstrauen. Hinzu kamen die vielen offensichtlichen Lügen, Zwänge und die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung, obwohl sie in der Verfassung verankert war. 1989 hatten die Menschen die Nase von der ewigen Bevormundung und Verdummung voll. Sie wollten endlich auch mehr von der Welt sehen und selbst die SED-Märchen überprüfen, die sie über den Westen erzählten.
Die DDR-Menschen freuten sich euphorisch über den Fall der Mauer und des Systems, aber nun erging es ihnen wie einem entlassenen Strafgefangenen, der sich in der Freiheit nicht mehr zurechtfand, weil sich draußen alles weiterentwickelt hatte, er nicht mehr reglementiert wurde und nun selbst sein Leben ohne Anordnungen gestalten musste.
Die Volkseigenen Betriebe wurden abgewickelt, privatisiert oder ganz stillgelegt, weil sie nicht konkurrenzfähig waren. Die wirtschaftlichen Bindungen an die anderen Ostblockstaaten durch den RGW brachen zusammen. Die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) wurden aufgelöst und der Boden oft ehemaligen Besitzern aus dem Westen zugesprochen. Die 1990 gebildete Abwicklungsinstitution namens „Treuhand“ half da kräftig mit. Viele Menschen wurden arbeitslos. Was der SED-Führung in allen Jahren nicht gelungen war, gelang der Bundesrepublik:
Jetzt erst fühlten sich die ehemaligen DDR-Bürger wirklich als DDR-Bürger.
Als die Kirchensteuer vom Westen eingeführt wurde, traten viele Menschen aus der Kirche aus. Das jahrelang verstreute Gift der Antireligionserziehung zeigte seine Wirkung.
Auch hier schaffte der Westen das, was der DDR-Führung in 40 Jahren nicht gelang.
Viele fielen in eine Art ideologisches Vakuum. Sie glaubten an gar nichts mehr.
Viele hofften auf westliche Hilfe für die Brüder und Schwestern im Osten. Sie vertrauten so manchen Spekulanten und verloren alles, oder hatten jahrelange teure Gerichtsverfahren am Hals.
Es gab nicht wenige, die sich aus Verzweiflung das Leben nahmen, weil sie mit den neuen Verhältnissen nicht klarkamen.
Der größte Teil der ehemaligen DDR-Bevölkerung musste eine hohe Intelligenzleistung vollbringen. Er musste sich Wissen aneignen über Lebensverhältnisse, die er nur aus dem Geschichtsbuch in oft verzerrter Weise erlernt hatte. Der Wille war aber da, sich zurechtzufinden, und die Mehrheit packte diese Anforderungen.
Wer aber kümmerte sich um die Zurückgebliebenen, am Leben Gescheiterten, die sich selbst nicht helfen konnten?
Ein vollkommen ideales gesellschaftliches System, wo alle Menschen zufrieden sind, wird es wohl nie geben. Vielleicht wäre das sicherlich auch total langweilig.
Vorwort - Die Schule in der DDR
Das Schulsystem in der DDR war sinnvoll strukturiert. Bis zum 3. Lebensjahr konnten die Kinder in einer Kinderkrippe untergebracht werden und lernten dort die ersten sozialen Kontakte kennen. Den Müttern wurde es dadurch ermöglicht, wieder am Berufsleben teilzunehmen. Der Aufenthalt der Kinder dort konnte einen ganzen Tag beansprucht werden.
Vom 4. Lebensjahr bis 6. Lebensjahr kamen sie in den Kindergarten, der sie auf die Schule vorbereitete. Die Erzieher und Erzieherinnen mussten dafür ein sinnvolles Beschäftigungsprogramm ausarbeiten.
Mit 6 Jahren wurden die Kinder eingeschult. Schulbeginn war immer Anfang September.
Die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule (POS) war für alle Kinder obligatorisch. Sie gliederte sich in drei Stufen: Unterstufe (1. bis 3. Klasse - 6. bis 10. Lebensjahr), Mittelstufe (4. bis 6. Klasse - 10. bis 12. Lebensjahr) und Oberstufe (7. bis 10. Klasse - 12. bis 16. Lebensjahr).
Nach dem Abschluss der 10. Klasse eröffneten sich mehrere Möglichkeiten der Weiterbildung. Ein großer Teil der Schüler begann seine Berufsausbildung in einem Lehrbetrieb, der sie nach dem Abschluss auch meist übernahm. Den theoretischen Teil der Lehrzeit übernahmen die Berufsschulen. Mit 18 Jahren begann dann ihr Berufsleben. Auch hier gab es zahlreiche Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung.
Es gab nach der 10. Klasse auch den Weg, gleichzeitig eine Berufsausbildung mit dem Abschluss durch das Abitur zu beschreiten (BmA - Berufsausbildung mit Abitur) und damit die Hochschulreife zu erreichen.
Den direkten Weg zum Studium an einer Fachhochschule oder Universität ermöglichte die Ausbildung an einer erweiterten Oberschule (EOS - 11. und 12. Klasse). Die BmA-Ausbildung dauerte ein Jahr länger mit dem Vorteil, dass der Schüler hier schon einen Berufsabschluss vorweisen konnte. Es gab zahlreiche Möglichkeiten für Schüler, sich sinnvoll zu beschäftigen und die berufstätigen Eltern zu entlasten. In der Unterstufe besuchten viele Kinder den Schulhort, die ausgebildete HorterzieherInnen und Unterstufenlehrer betreuten. Sie halfen bei den Hausaufgaben, spielten oder bastelten mit ihnen und versuchten natürlich auch, sie für den Staat zu begeistern, der ihnen alles bot. In der Mittel- und Oberstufe wurden spezielle Arbeitsgemeinschaften angeboten. Außerdem wurde ein Netz von Pionierhäusern, Pionierparks, Klubhäusern, Sportklubs, Kinderferienlagern und Betriebsferienlagern errichtet. Den Kindern und Jugendlichen wurden zahlreiche Möglichkeiten geboten, sich sinnvoll je nach ihren Interessen zu beschäftigen. Diese Möglichkeiten konnten selbst von Eltern mit geringen Geldmitteln für ihre Kinder genutzt werden. So war z.B. die Teilnahme an einer Arbeitsgemeinschaft kostenlos.
Auch Konzert- und Theaterbesuche von Schulklassen wurden gefördert, z.B. durch Schülerkonzerte.
Das normale Schuljahr begann immer mit der Vorbereitungswoche, in der die wichtigsten organisatorischen Fragen auf der Tagesordnung standen. In Berlin erhielten die Schüler Lehrbücher und Lehrmittel umsonst. Diese wurden vom Verlag Volk und Wissen an alle Schulen versandt. Das war der zentrale Schulbuchverlag. Die Preise für Schulbücher waren niedrig und der private Erwerb erschwinglich. Festgelegt war das durch den EVP, den Einheitsverkaufspreis, der im ganzen Lande galt. Gut erhaltene alte Bücher wurden weiter verwandt. Diese Bücher wurden in den Ferien eingelagert und in der Vorbereitungswoche je nach Klassenstufe verteilt, so dass am ersten Schultag die Schüler vollgepackt mit neuem Lernmaterial nach Hause kamen. Jeder Lehrer bekam seinen Einsatzplan, in dem die Zeit, der Raum und das Fach festgelegt waren. Diesen Plan erarbeitete vorwiegend der stellvertretende Schulleiter, eine Arbeit, die Geschick und Einfühlungsvermögen verlangte. Er musste dafür sorgen, dass die Kollegen nicht zu viele Freistunden hatten, dass die Räume richtig eingeplant wurden und auch auf individuelle Belange Rücksicht genommen wurde. Ein nicht sorgfältig ausgearbeiteter Einsatzplan konnte schon große Unstimmigkeiten, Frust und Ärger hervorrufen. Aus diesem Plan resultierte dann der Stundenplan für die einzelnen Klassen. Der Direktor musste mit der gesamten Schulleitung den Schuljahresarbeitsplan erarbeiten. Er beinhaltete die vorgegebenen politischen und pädagogischen Aufgaben, wichtige Ereignisse im Schulleben, Verantwortlichkeiten, spezielle Aufgaben für die einzelnen Klassenstufen und vieles mehr. Er war so eine Art Grundgesetz für das neue Schuljahr. Erläutert wurde er dann auf der ersten Schulkonferenz, dem Pädagogischen Rat, in der Woche vor dem Ferienende. Eröffnet wurde der Rat stets mit der sogenannten Rotlichtberieselung, um die Lehrer auf die parteipolitische Linie zu bringen. Da der Direktor meist SED-Genosse war, übernahm er gewöhnlich diese Aufgabe. Die Klassenlehrer mussten einen Klassenleiterplan erarbeiten und warteten auf den zentral veröffentlichten Pionier- und FDJ-Auftrag, der vom Staatsverlag als „Verfügungen und Mitteilungen“ erschien und eingearbeitet werden musste. Somit fungierten sie quasi auch als Pionier- oder FDJ-Leiter ihrer Klasse. Pioniere waren die Schüler von der 1.