Das Zeichen der Eriny. Lara Elaina Whitman. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lara Elaina Whitman
Издательство: Bookwire
Серия: Erinysaga
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738091939
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angefallen, oder nicht?

      »Glauben Sie, dass Herr Mahler einen Grund hatte nicht nach Hause zu kommen?«, fragte mich der andere Beamte und musterte mich durchdringend.

      »Thomy würde immer nach Hause kommen«, antwortete ich voller Überzeugung. Ich wusste worauf die hinaus wollten. Sie dachten Thomy wäre abgehauen, Teenagerprobleme mit der alleinerziehenden Mutter. Es machte mich wütend und das sah man mir wohl an.

      »Es ist eine Routinefrage. Wir glauben das auch nicht«, beschwichtigte der andere Polizeibeamte. »Wir werden eine Suchaktion einleiten und den Wald durchsuchen und eine Vermisstenmeldung ins Netz stellen. Mehr können wir im Augenblick nicht tun. Wollen wir hoffen, dass er sich meldet. Sollten Sie etwas herausfinden, rufen Sie mich an.« Die beiden Männer standen auf, Thomys Mutter begleitete sie zur Haustür.

      Ich saß wie erstarrt in dem Sessel, unfähig mich zu bewegen. In meinem Kopf kreisten die Gedanken wie auf einem riesigen Karussell um eine unsichtbare Mitte und ließen sich nicht mehr anhalten.

      »Möchtest du einen Kaffee, Sarah?«, Thomys Mutter holte mich in die Realität zurück.

      Ich nickte und stand auf, um ihr zu helfen, aber sie lehnte ab. Während Thomys Mutter Kaffee machte, ging ich in Thomys Zimmer, das am Ende des schmalen Flures im Erdgeschoss des kleinen Hauses lag. Ich musste unbedingt seinen PC sehen.

      Thomy war extrem ordentlich. Sein Zimmer war immer aufgeräumt, nichts Überflüssiges lag herum. Ein Brummgeräusch lenkte meine Aufmerksamkeit auf seinen Computer unter seinem Schreibtisch und ließ einen Schauer meinen Rücken hinunterlaufen. Er war noch an. Seine Mutter hatte ihn nicht abgeschaltet, was ich seltsam fand. Der Bildschirm war dunkel. Ich fasste nach der Maus und bewegte sie. Auf dem Bildschirm erschien ein blinkender weißer Punkt und mir wurde schwindelig. Ich fühlte eine seltsame Sehnsucht in mir aufsteigen.

      Der Durchgang

      Eine Hand legte sich auf meine Schulter. »Sarah? Was ist?« Thomys Mutter rüttelte mich sanft.

      Meine Hand umklammerte immer noch die Maus und ich stand schweißgebadet und leicht gebeugt am PC.

      »Sarah! Lass los!«, sagte Thomys Mutter im Befehlston.

      Langsam öffneten sich meine Finger, mühsam löste ich den Blick von dem blinkenden Punkt. Verwirrt drehte ich mich um und schaute in ihr trauriges Gesicht. Kaffeegeruch zog mir um die Nase und brachte mich endgültig in die Wirklichkeit zurück.

      »Was?«, stammelte ich.

      »Du darfst den Computer nicht berühren. Hörst du!«, sagte sie eindringlich zu mir.

      Ich blickte in ihre Augen und mir wurde klar, dass sie Bescheid wusste. Wir sahen uns an, schließlich sagte sie, »Thomy ist nicht tot! Noch nicht!«

      Ein jämmerliches langgezogenes Klagen, das aus den Lautsprechern von Thomys Computer kam, ließ uns beide zusammenzucken. Thomys Mutter wurde kreidebleich und wich mit entsetzter Miene zurück. Vermutlich sah ich nicht besser aus.

      Schwach nickte ich. »Ich glaube auch nicht, dass er tot ist« Meine Knie wurden weich, aber seltsamerweise fühlte ich mich erleichtert. Die Last, die sich auf mich gelegt hatte, war verschwunden. Ich war nicht verrückt!

      »Komm, wir müssen reden.« Sie zog mich am Arm aus dem Zimmer und schloss die Tür sorgfältig hinter uns zu.

      In der Küche drückte sie mich auf einen Stuhl an dem schmalen Tisch, der normalerweise zusammengeklappt an der Wand hing und stellte zwei Tassen Kaffee, Wasser und ein paar Kekse darauf. Ich trank automatisch, meine Gedanken schlugen Kapriolen. Ich bekam das alles nicht mehr zusammen.

      Thomys Mutter warf mir ein verständnisvolles Lächeln zu. Dann begann sie zu erzählen. »Vor vielen Jahren, da war Thomy noch nicht geboren, lernte ich einen Mann kennen. Er war anders als alle, die mir jemals begegnet waren. Aufregend, gutaussehend, intelligent, liebevoll, alles was sich eine Frau wünscht. Du bist heute sechzehn und fast erwachsen und verstehst das sicherlich. Alles Gute übrigens, ich habe dir noch nicht einmal gratuliert. Entschuldige bitte!« Sie machte eine Pause und putzte sich die Nase. »Thomas sieht seinem Vater sehr ähnlich.«

      Ich schwieg, es gab nichts für mich zu sagen. Offenbar zählte man mit sechzehn ganz plötzlich zu den Erwachsenen. Ich war mir nicht sicher, ob mich die Liebesgeschichte zwischen Thomys Eltern wirklich interessierte, aber zum ersten Mal betrachtete ich Thomys Mutter mit anderen Augen. Thomy sah tatsächlich ziemlich gut aus. Darauf hatte ich bis jetzt noch nie geachtet, da Thomy mein Freund war und Jungs mich nicht so wirklich interessierten. Vielleicht weil ich die meisten langweilig oder eingebildet fand.

      »Wir heirateten, obwohl ich wusste, dass sein Vater nicht auf immer bei uns bleiben konnte. Ich ging das Risiko ein. Es kam wie es kommen musste. Es geschah, da war Thomas gerade mal drei Jahre alt. Sie kamen in der Nacht, um Brioc zu holen.« Thomys Mutter wurde noch weißer im Gesicht. Ihre Stimme bekam einen unheilvollen Klang und ihre Augen richteten sich mit eindringlichem Blick auf mich.

      »Ich weiß, dass du mir glauben wirst, mich nicht für verrückt hältst. Thomas Vater ist nicht gestorben, er wurde von den Eriny geholt in jener Nacht. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Das ist jetzt vierzehn Jahre her. Das Kind haben sie mir gelassen, aber sie haben gedroht es zu holen, sobald es an der Zeit ist.« Sie lehnte sich schwer atmend zurück.

      Ich starrte sie an, unfähig zu sprechen. Wer immer diese Eriny waren, sie waren böse. Nur böse Menschen taten so etwas. Aber ich verstand nicht, was das mit dem Computerspiel zu tun hatte?

      Tränen rannen über ihr Gesicht. »Ich werde die Beiden nie wieder sehen!« Zitternd führte sie die Kaffeetasse an die Lippen.

      Unbewusst beugte ich mich vor und legte meine Hand auf ihre. »Wir sollten nicht aufgeben. Thomy ist mein Freund, aber ich verstehe nicht wer diese Eriny sind und was das mit dem Computerspiel zu tun hat.«

      Abrupt richtete sie sich auf. »Computerspiel? Welches Computerspiel?«

      »Na das Computerspiel, dass mir Thomy gegeben hat. Das mit den kleinen Drachen, die nach Diamanten suchen. Wenn man alle gefunden hat, dann, ja dann weiß ich eigentlich auch nicht genau. Ich stand plötzlich auf der Schafweide am Weilerhau, nachdem ich durch einen dunklen Tunnel gehetzt bin«, sagte ich verblüfft über ihre Reaktion. Ich war davon ausgegangen, dass sie von dem Spiel wusste.

      Entsetzt betrachtete sie mich. »Oh mein Gott!«, hauchte sie, als sie sich wieder ein wenig gefangen hatte. »Das darf nicht wahr sein! Thomy hat das nicht absichtlich gemacht. Mit dem Computerspiel hat das gar nichts zu tun.«

      Jetzt wusste ich überhaupt nichts mehr. Entsprechend verwirrt blickten wir uns an.

      »Ich bin davon ausgegangen, dass Thomas dir von dem Durchgang erzählt hat. Du hast vorhin so reagiert, als ob du davon wüsstest.«

      Ich schüttelte den Kopf. »Durchgang? Ist das das blinkende Licht?«, kam mir plötzlich die Erkenntnis. Aber wie konnte so etwas sein. Ich verstand nur Bahnhof.

      Thomys Mutter knetete nervös ihre Hände. »Du musst mir alles ganz genau erzählen, damit ich besser einordnen kann, was dir passiert ist.«

      »Eigentlich habe ich bereits alles gesagt. Mehr war da nicht. Außer vielleicht Thomys seltsames Verhalten, vorgestern.« Ich zögerte ein wenig ihr davon zu erzählen, aber vielleicht war es ja wichtig. Sie sagte nichts, wartete nur stumm und so fuhr ich fort. »Ich kam mit dem Spiel nicht weiter und habe ihn angerufen. Er hat mir den Tipp mit dem rosa Drachen gegeben und gesagt, dass ich dann schon sehen würde, was passiert. Ohne den rosa Drachen wüsste ich glaube ich von gar nichts.«

      Thomys Mutter überlegte immer noch stumm, deshalb nutzte ich die Gelegenheit ein paar Fragen loszuwerden, die sich in mir angesammelt hatten. »Was ist dieser Durchgang und wo führt er denn eigentlich hin?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Sarah. Du weißt schon viel zu viel. Vergiss alles und komm nie wieder her. Es ist besser für dich. Sag niemandem etwas davon und geh nach Hause.« Wieder liefen Tränen über ihr Gesicht. Ich war