Vermächtnis der Sünder Trilogie. Angelika Merkel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Angelika Merkel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847652892
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Unberührt des Schwertes, was auf ihn gerichtet war, hielt er sich die Hände über die Flammen, um sie zu wärmen. Sein wettergegerbtes, bärtiges Gesicht war leicht eingefallen. Die Wangenknochen traten stark hervor. Stechende Augen, die unmittelbar auf das Feuer gerichtet waren, regten sich nicht, schienen wie tot. In seinem rötlich braunem Haar entdeckte man hier und da ein paar graue Strähnen. Er trug keine Rüstung, lediglich Kleidung, die leicht grünlich schimmerte. Ein unansehnliches Schwert, in welches Scharten von unzähligen Schlachten gezeichnet waren, hing in einem lockeren Gehänge an seiner Rechten.

       Celena schätzte das Alter des Mannes auf etwa fünfzig Winter. Was sie verwirrte und ihr recht seltsam schien, sie spürte die Anwesenheit eines Hüters neben sich.

       »Wer seid ihr?«

       »Ein Freund und …!«

       Der Fremde blickte sie mit den stechenden Augen direkt an. »Und … ein San-Hüter, so wie ihr es seid … Vielleicht nicht mehr lang!«

       Auf Celenas Stirn entfalteten sich Furchen.

       »Ich verstehe nicht! Wieso sagt ihr das?«

       Ihr war der nächtliche Besucher unheimlich. War das Einzige was sich an ihm bewegte, seine sich gegeneinanderreibenden Hände über dem Feuer.

       »Wenn mich nicht alles täuscht, sucht ihr einen Ausweg, diesen Fluch von euch zu nehmen. Nur wenige unseres Ordens dachten darüber nach und allzu oft scheiterten sie kläglich – vornehmlich an den Schwertern ihrer Brüder und Schwestern. Man quittiert nicht einfach den Dienst bei den San-Hütern.«

       Während er sprach, wandte er sich endgültig Celena zu.

       Seine dunklen, undurchdringlichen Augen bohrten sich förmlich in die junge Kriegerin hinein.

       »Nennt mich Terzios, Hüter aus …«, er winkte ab. »Ich bin überall und nirgends.«

       »Und ich bin …«

       »Celena aus dem Hause Tousard. Ich weiß. Celena – der Heimat geweiht. Ein überaus bedeutungsvoller Name.« Terzios lächelte. »Wie sind eure Träume?«

       Ihre Furchen auf der Stirn wurden dichter.

       »Ich glaube, das geht euch nichts an«, fauchte sie leise.

       »Widerspenstig wie ein kleines Kätzchen. Genauso wurde es mir berichtet«, grinste er und deutete dabei gleichzeitig auf die Reste eines umgefallenen Baumes, den Celena zuvor als Sitzgelegenheit genutzt hatte.

       »Ihr habt doch nichts dagegen?«

       Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ sich der Alte Hüter darauf nieder.

       »Ich sprach von den Träumen. Nun, meine sind im Moment noch zurückhaltend. Wie ist es mit euren?«

       Celena betrachtete ihre zweite Waffe, welche nur wenige Schritte von ihr entfernt gegen einen Stamm lehnte. Sich die Worte des Assassinenmeisters in ihr Bewusstsein holend, stützte sie sich misstrauisch auf ihr zweites Schwert.

       »Ihr seht nicht aus, wie ein Weißer Hüter, der gute Träume hat?«

       »Ah, ihr spielt auf mein Alter an.«

       Terzios wusste sofort, worauf Celena hinaus wollte. »Ihr meint, meine Zeit wäre schon längst abgelaufen? Ich bin nicht der erste Hüter in dieser Hinsicht. Nichtsdestotrotz läuft sie unweigerlich ab. Wenn ich mich nicht irre, und das kommt selten vor, habt ihr eine Idee wie man es verlangsamen oder stoppen kann. Stimmt doch, oder?«

       Der Alte sah die Blicke Celenas, die zwischen ihm und dem Schwert am Stamm hin und her wechselten.

       »Eine gute Klinge, die ihr da habt. Der göttliche Schöpfer beschenkt seine Favoriten gut.«

       Terzios gestattete sich ein grimmiges Lächeln.

       »Auf die Lebenserwartung zurückzukommen. Wie gedenkt ihr, dagegen, etwas zu unternehmen? Etwa mit Blümchen, wie dieses in eurer Hand?» Er lachte grölend auf. »Wer weiß, vielleicht kann man daraus ein Mittelchen herstellen, um das Blut zu entgiften.«

       Wieder entrann sich seiner Kehle ein heiseres Lachen.

       »Aber das eigentliche Gift, welches wir zu uns nehmen, ist das konzentrierte Böse. Eine nette Hinterlassenschaft des göttlichen Schöpfers, findet ihr nicht? Erinnert ihr euch an die Worte eures Kommandanten Nacuds: Ihr werdet aufgefordert, euch der Verderbtheit für ein höheres Ziel auszuliefern?« Abermals lachte er.

       »Der alte Schelm!«

       Celena blieb hingegen ruhig und unbeweglich, wie zuvor der Hüter selbst.

       »Für ein höheres Ziel! Was für starke Worte!«

       Sein Ton wirkte verächtlich.

       »Jahrhunderte geht dieses Ritual schon und es wird viele weitere Jahrhunderte fortbestehen. Immer und immer wieder werden die "Anderen" sich neue Anführer suchen, wenn wir ihren alten töteten. So geht es weitere Tausende von Jahren und es wird kein Ende nehmen.«

       Der Alte redete sich in Rage.

       »Wirken die "Anderen" wirklich wie dumme Tiere? Also ich kenne keines, welches Schwerter, Rüstungen und Schilde schmiedet. Ich kenne kein Tier, das taktisch denkt und dessen Führer Magie nutzt. Ihr vielleicht?«

       Sein Finger deutete einem Lehrer gleich auf Celena, welcher seinem Schüler eine wichtige Lektion vermittelte.

       »Eines muss man ihnen zugute gestehen – sie folgen mehr ihren Instinkten als wir.« Er schüttelte missmutig den Kopf. »Und wir? Im Vollbesitz unseres Verstandes nutzen wir Selbiges, was der göttliche Schöpfer uns als Strafe auferlegte. In der Hoffnung genau das zu bekämpfen. Welch eine Ironie. Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Oder ist es ein überaus schlechter Witz? Was sind wir doch allesamt für Narren. Mich würde es nicht verwundern, wenn die Götter über uns lachen«, beendete er seine schulmeisterliche Rede.

       »Und … was in Karmastes Namen wollt ihr von mir?«, fragte Celena unwirsch.

       Terzios antwortete ihr nicht. Sein Blick war starr ins Feuer gerichtet, welches sich langsam aber stetig in Glut verwandelte.»Euer Feuer droht auszugehen«, sagte der alte Hüter knapp.

       Ein leichtes Schnippen ertönte, das von seinen Fingern herrührte.

       Augenblicklich züngelten kleine Flammen empor.

       Unwillkürlich hob Celena eine Braue. »Ihr seid ein Magier?«

       »Magier, Krieger, Schurke! Was ihr wollt. Sucht es euch aus!« brummte er.

       Langsam aber sicher kam Celena ein Verdacht. Ein leises Begreifen schlich sich in ihre Gedanken. Mit leicht geneigtem Kopf, aus den Augenwinkeln heraus, sah sie ihren Besucher an. »Ein Deserteur?«

       »Wie auch immer …«, knurrte Terzios, »… ich suche seit Langem nach jemandem wie euch. Eigentlich war ich der Meinung, es wäre ein Mann. Was denkt ihr, wie überrascht ich war, als man mir erzählte, dass eine Frau den Erzalten erschlug. Und noch überraschter war ich, das sie überlebte, im Gegensatz zu denen, die in früheren Jahrhunderten die Bestien töteten.« Um seine Mundwinkel zuckte ein warmes Lächeln. »Es gibt nicht viele weibliche Hüter in unserem Orden. Vermutlich sind sie klüger in Beheben von Problemen und schlagen nicht sofort mit dem Schwert zu. Apropos Schwert – ihr könnt eures getrost wegstecken. Ich bin nicht derjenige, für den ihr mich haltet. Der Mann, von dem euch Tacio warnte, ist mein Bruder.«

       Ein säuerliches Lächeln stahl sich auf die Lippen Terzios.

       In Celenas Gesicht zuckte nicht der geringste Muskel, der ihre Überraschung darüber verriet, woher dieser Mann von Tacios und ihrer Unterhaltung wusste. Offensichtlich wusste er mehr als er vorgab.

       Sie wagte einen Vorstoß.

       »Werdet ihr mir helfen oder warum seid ihr hier?«

       Der in sich zusammengesunkene Körper des Mannes straffte sich. Kurzerhand erhob er sich und trat einen Schritt auf Celena zu.

       Ihre forschenden, blauen Augen ins Visier nehmend, stand er vor ihr.

       »Mir bleibt wahrscheinlich nicht mehr viel Zeit. Ja. Ich habe sehr lange auf jemanden wie euch gewartet.« Er lachte leise auf.

       »Eine