geschickter als die eines Mannes.«
»Hm.« Buldwar schätzte es nicht, wenn man an der Qualität seiner Stiche
zweifelte, und sein Blick verriet deutlich seinen Unmut.
»Glaubt mir, Buldwar«, wandte Dorkemunt in versöhnlichem Ton ein,
»die gute Frau Henelyn versteht sich auf die Wundversorgung. An ihr ist
wahrhaftig eine Heilerin verloren gegangen.«
»Nun, wenn Ihr es sagt, guter Herr Dorkemunt.« Buldwar legte seinen
Waffengurt ab und sah die blonde Frau forschend an. »Soll ich Euch zur
Hand gehen?«
»Ich komme zurecht.« Henelyn öffnete Terwins Kleidung und betrachtete
die Binden, die teilweise durchblutet waren. »Doch, Ihr könntet vielleicht so
freundlich sein und mir heißes Wasser bringen.«
»Und frische Tücher«, wies Dorkemunt einen Knaben an, der sich im
Hintergrund hielt und die Schwertmänner mit großen Augen ansah. »Geh,
Lenim, und hilf deiner Mutter. Die Tücher sind in der Truhe.«
Der Junge nickte und konnte den Blick kaum von den Männern lösen, bis
ein Ruf der Mutter ihn fortriss.
»Es sind gute Jungs, sie kommen nach ihrer Mutter«, sagte Dorkemunt
leise und öffnete den kleinen Schrank, in dem Brot, Käse, Trockenfrüchte und
Fleisch aufbewahrt wurden. »Henelyn hat es nicht leicht mit ihren Kindern.
Sie vermissen ihren Vater Kelmos, der vor Merdonan fiel.« Er lächelte und
zuckte die Schultern. »Ah, und ich werde wohl auch meinen Teil zu dem
Durcheinander beitragen. Frauen haben einen anderen Ordnungssinn als wir.«
Allein konnte Dorkemunt das Gehöft nicht mehr bewirtschaften, und die
hübsche Witwe hatte sein Angebot gerne angenommen, mit ihren Kindern zu
ihm zu ziehen. Der Pferdelord war aus dem Alter heraus, da er schönen
Frauen nachstellte, obwohl Henelyns Anblick einen Mann durchaus in
Versuchung bringen konnte. Aber er konnte der kleinen Familie ein Heim
bieten und erhielt als Gegenleistung die Unterstützung, die er benötigte. Es
war zu gegenseitigem Vorteil, doch manchmal bereute Dorkemunt seinen
Entschluss. Oft hörte er in der Nacht das Weinen Henelyns, die um ihren
Mann trauerte, oder das leise Schluchzen der beiden Jungen, die ihren Vater
vermissten. Dann fühlte der alte Pferdelord sich hilflos und verfluchte sein
Unvermögen, den dreien ausreichend Trost zu spenden. Er versuchte in seiner
raubeinigen Art, ihnen über den Kummer hinwegzuhelfen, hielt sie
beschäftigt und vermittelte, was er an Wissen besaß. Gelegentlich hörte er
dann das Lachen von Mutter oder Kindern, und das waren die Augenblicke,
in denen er merkte, dass er ihnen doch etwas gab. Eines Tages würde sich
Henelyn sicherlich auch wieder einem Mann öffnen können, und der kleine
Pferdelord verspürte zwiespältige Gefühle bei diesem Gedanken.
»Es ist ein ungewöhnlich schwerer Gewittersturm für diese Jahreszeit«,
brummte Buldwar.
»Und ungewöhnlich kalt ist es auch«, erwiderte Dorkemunt. »Wir werden
einen harten Winter bekommen.«
»Ja, die Schafe haben dicke Wolle angesetzt.« Kormund sah sich in der
Stube um und bemerkte, dass sein Freund sich die Bettstatt im Wohnraum
errichtet hatte. Offenbar wollte er es Mutter und Kindern möglichst bequem
machen. Dorkemunt bemerkte den Blick des Scharführers und lächelte sanft.
»Ich habe genug Platz, alter Freund. Zudem liege ich dort etwas näher am
Kamin, und inzwischen weiß ich die Behaglichkeit eines wärmenden Feuers
zu schätzen.«
Kormund nickte verständnisvoll. »Du hättest für die Kinder einen Raum
anbauen können.«
»Das Haus ist gut, so wie es ist. Wehrhaft und stabil.«
Damit hatte Dorkemunt seinem Freund alles gesagt. Sie waren Pferdelords,
und der Schutz der Familie hatte Vorrang vor ihrer Bequemlichkeit. Ein
Mauerdurchbruch für einen Anbau hätte das Haus geschwächt. Und ein
zusätzliches Gebäude zu errichten, in dem er oder die Kinder schlafen
konnten, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. Denn wurde das Gehöft
angegriffen, musste die Familie versammelt sein und zusammenstehen, um
den Feinden, seien es zweibeinige oder vierbeinige, zu begegnen.
»Wie steht es mit deinen Vorräten, alter Freund?«, fragte Kormund.
Dorkemunt füllte seinen Becher nach und schob den Krug zu den anderen
hinüber. »Nehmt, Freunde. Mit Wasser verdünnter Wein. Genug, um etwas
Geschmack auf der Zunge zu haben, aber zu wenig für einen Rausch.«
»Er wird dennoch gehaltvoller sein als der, den man im ›Donnerhuf‹ in
Eternas bekommt«, spottete Buldwar. »Je mehr der Schankwirt Malvin an
Jahreswenden zulegt, desto sparsamer geht er mit den Trauben um.«
»Nun, Dorkemunt?« Der Scharführer sah seinen Freund auffordernd an.
Der kleine Pferdelord zuckte die Schultern. »Die letzten Jahreswenden
waren hart, Kormund, alter Freund. Ich muss gestehen, allein hätte ich das
Gehöft wohl nicht halten können. Aber gemeinsam mit Henelyn und ihren
Söhnen schaffe ich es. Wir werden über den Winter kommen, Kormund, sei
unbesorgt. Etwas Futter für das Hornvieh brauchen wir noch, aber das ist kein
Problem. Weißt du, alter Freund, als ich noch allein war, konnte ich die Wolle
nicht spinnen. Aber nun macht Henelyn hervorragende Fäden daraus, und du
weißt, die bringen einen guten Preis. Nein, du brauchst dich wirklich nicht zu
sorgen.«
Kormund nickte erleichtert. »Ja, die letzten Jahreswenden waren sicherlich
hart für dich.« Er beugte sich ein wenig näher zu Dorkemunt. »Etwas an
Henelyns Blick gefällt mir nicht.«
Der kleine Pferdelord senkte seine Stimme ebenfalls. »Es sind die grünen
Umhänge, alter Freund. Sie war glücklich mit ihrem Mann Kelmos. Aber
dann