Den Nachmittag fing es nun an auf höchst zweckwidrige Art zu regnen, und die Wolken standen so tief und drohend, daß sich eine sehr böse nasse Nacht nur zu gegründet befürchten ließ. In dieser Jahreszeit auslaufend, mußten wir freilich auch gleich von Haus aus auf so etwas gefaßt sein, und schwammen ruhig weiter, freuten uns aber doch, als wir gerade vor Dunkelwerden eine Hütte am linken Ufer entdeckten. Wir ruderten natürlich rasch darauf los und fanden dort wenigstens ein Obdach gegen den, wie wir es vermutet, fast die ganze Nacht wütenden Sturm. Am nächsten Tag hatte sich das Wetter etwas gelegt, wenn auch noch dann und wann einzelne Schauer fielen; die Sonne vertrieb gegen Mittag die träufende Wolkenschaar und erwärmte unsere von Nässe und Kälte halb erstarrten Glieder.
Der Fluß blieb sich gleich - Biegungen zum Verzweifeln; oft mußten wir Stunden lang rudern und das Canoe über Kies und Sand und im Strom liegende Stämme schleppen, um nur wieder fast zu demselben oder doch wenigstens keine Viertelmeile entfernten Ort zurückzukehren, von dem wir ausgelaufen.
Das Einzige, was mich dabei interessierte, war, das Flußbett zu beobachten und die Schwierigkeiten zu berechnen, die sich einer später doch jedenfalls darauf Bahn brechenden Dampfschifffahrt entgegenstellen könnten. Seit Jahrhunderten waren diese unverwüstlichen Gumbäume schon hier hineingeworfen und - liegen geblieben, und ich zweifelte nicht im Mindesten, daß die meisten der Kiesbarren, die wir mitten im Strom fanden, weiter nichts als dort eingestürzte Stämme waren, an welche sich mit der Zeit Sand und Kies genug /86/ angeschwemmt hatte, um eine ordentliche Barre zu bilden. An den meisten Stellen besteht das Flußbett auch bloß einzig und allein aus diesem Chaos von Stämmen und angeschwemmtem Sand, und daraus starren dann die nackten, zähen und schleimigen Neste jener riesigen Baumskelette hervor.
Durch diese Stämme nun, die, wie ich schon gesagt habe, am häufigsten im Fahrwasser selber, das heißt in den Biegungen, dem weitesten Bogen derselben vorkommen, geht die stärkste oder vielmehr die Hauptströmung des Flusses, und hier ist auch stets das tiefste Wasser - selten flacher, selbst in diesem außerordentlich seichten Wasserstand, als zwei bis drei Fuß. Ein anderer Kanal hat sich aber auch gewöhnlich noch auf der entgegengesetzten Seite des Bettes gebildet, aber natürlich mit weit schwächerer Strömung und seichterem Wasser, manchmal nicht über vier bis fünf Zoll, und läßt dadurch an sehr vielen Stellen eine kleine Kiesbarre als Insel in der Mitte.
Diese Baumstämme, die jetzt mit ihren Ästen und Zweigen die Hauptpassage hemmen, müssen nun freilich aus dem Weg geschafft werden, soll der Fluß jemals selbst für die kleinsten Dampffahrzeugc schiffbar gemacht werden, sie würden und müßten sonst Jedem verderblich werden, der versuchen sollte, sich durch ihre starren, heimtückischen und oft so sicher und doch so gefahrbringend versteckten Reihen die Bahn zu erzwingen.
Der Murray unterhalb seiner Verbindung mit dem Murrumbidgee hat im Verhältniß weit weniger Baumstämme in seinem Bett, als das oben der Fall ist, die Biegungen sind dort auch nicht mehr so kurz, und der Fluß ist schon etwas breiter und tiefer. Unterhalb des Einflusses des Darling ist er fast ganz frei von Stämmen, hier und da zacken aber doch einige Äste hinein, und er wäre selbst hier wenigstens zu revidieren. Jenes Holz muß aber sämtlich, wenigstens im obern Teil des Flusses, durch Menschen oder Pferdekraft, mit Sägen und Tauen entfernt werden, denn dort sind die Biegungen viel zu kurz und das Fahrwasser ist zu schmal, den Gebrauch von Dampfschiffen, sogenannten /87/ Eradicatoren, zu erlauben, die jedoch weiter unten vielleicht anwendbar wären.
Das Entfernen jener Stämme ist auch möglich, und die Amerikaner haben in manchen ihrer Flüsse, z. B. dem Redriver oder Rioroxo, schon bedeutend mehr Schwierigkeiten besiegt. Werden aber die Ufer des Murray je im Stande sein, nicht allein solch' bedeutende Auslagen wieder zu ersetzen, sondern auch eine Dampfbootlinie teils durch herauf zu schaffende Bedürfnisse, teils durch hinunter zu sendende Producte zu unterhalten? Das ist eine Frage, die ich allerdings jetzt nicht beantworten könnte, eben so wenig wie irgend ein Ansiedler am Murray die Garantie deshalb übernehmen würde. Für jetzt sieht es sogar eher aus, als ob das Land in seiner entsetzlichen Dürre wenig einen solchen Kostenaufwand rechtfertigen und pecuniäre Aufopferungen lohnen möchte. Nichtsdestoweniger ist es aber auch fähig, noch Manches zu erzeugen, woran bis jetzt, der hohen Transportkosten wegen, noch Niemand hat denken können.
Für jetzt beschäftigen sich die dortigen settler oder Stationshalter ausschließlich mit der Viehzucht, und diese wird auch in späteren Zeiten, wenn überhaupt nicht der einzige, doch der Haupterwerbszweig bleiben müssen, aber größerer, ja sogar sehr bedeutender Nutzen ließe sich daraus ziehen, würde die Fracht billiger und bedeutende Versendung möglich.
Von den Schafen wird jetzt fast gar nichts benutzt als die Wolle, von den Rindern, die sich hier eigentlich zu stark vermehren, fast nur das Fleisch zum eigenen Bedarf der Stationen. Hier und da werden sie auch zu Talg eingekocht, das aber könnte weit eher als ein Mißbrauch wie Verbrauch angesehen werden, und jedenfalls ließe sich das Fleisch dieser zahlreichen Herden, sobald der Murray wirklich einmal befahren würde, trefflich benutzen.
An den Ufern des Murray gibt es nämlich Massen von kleinen Salzseen, die das vortrefflichste Salz, welches jetzt sogar noch in die Colonie eingeführt wird, enthalten. Der Murray könnte deshalb eine ungeheure Masse des schönsten Pökelfleisches liefern, sähen sich die Settler an den Ufern desselben nur erst einmal veranlaßt, solchen Erwerbszweig zu /88/ eröffnen. Das Salz selber könnte dann ausgeführt, Hammelkeulen geräuchert, Häute eingesalzen und überhaupt Artikel verwertet werden, die jetzt ungenutzt verderben. Aus den Gumbäumen, die zum Räuchern der Hammelkeulen vortrefflich dienen könnten, ließen sich ebenfalls Holzkohlen brennen, und wer weiß, ob nicht selbst aus den zahlreichen Lagunen und Seen das Einsalzen der vortrefflichen Fische des Murrav einen Handelsartikel liefern würde.
Hiergegen hörte ich allerdings einen erheblichen Einwand - wenn er nämlich vollkommen gegründet und durchaus erprobt wäre - und zwar von Seiten einzelner Ansiedler selber, daß nämlich das Salz jener Seen sich nicht zum Einsalzen von Fleisch und Häuten, auf die Länge der Zeit - also bei weiten Verschiffungen, eigne - und daß damit angestellte Proben unglücklich ausgefallen und die damit eingepökelten Fleischmassen verdorben wären. Einzelne Versuche - und ich glaube erst ein einziger für eine wirklich lange Strecke - mögen damit gemacht sein, der Murray durchfließt aber einen sehr weiten Landstrich, und diese Salzseen finden sich an sehr verschiedenen Stellen, sind also deshalb auch sehr wahrscheinlich verschieden gehaltig und jetzt nur noch nicht so genau untersucht worden, weil eben bis jetzt gar keine Aussicht war, das Salz von da, wo es in Masse gefunden wird, fortschaffen und verwerten zu können. - Dieser Erwerbszweig müßte also deshalb auch noch jedenfalls erst einer genaueren Prüfung unterworfen werden.
Ackerbau wird der Murray wohl kaum zu treiben gestatten, nicht daß das niedere und überschwemmte Flußland nicht im Stande wäre, ziemlich gute Ernten zu tragen, aber das allherbstliche Austreten des Stroms zerstört jedesmal die Ernten, und dazu ist das Talland nicht breit und fruchtbar genug, Levees oder Dämme, wie sie zum Beispiel die Wasser des Mississippi in den Ufern zurückhalten, zu gestatten. Übrigens läßt sich im Voraus auch eigentlich gar nicht bestimmen, was der Murray noch Alles fähig wäre zu leisten, da eine Schiffbarmachung desselben auch jedenfalls einen neuen Eifer in seinen Uferbewohnern schaffen, und Viele dorthin ziehen würde, die jetzt gar nicht daran denken, sich in einem District /89/ nieder zu lassen, der mit der zivilisierten