Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750221413
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anderes Rundohr spähte über seine Deckung. »Blauauge will aber

      nicht, dass die Menschlinge uns sehen. Wir werden warten müssen, bis der

      Menschling fort ist. Dann können wir uns ein Wolltier mit der Kralle holen.«

      Bluthand starrte auf die eiserne Kralle, die er über seiner Hand trug und die

      der Tatze einer Raubkralle nachempfunden war, um mit ihr die gleichen

      Wunden zu verursachen, wie sie auch ein solcher Räuber hervorrief. Schon

      einige Male hatte Bluthand mit ihr ein Wolltier erlegt, damit sich der Trupp

      von ihm ernähren konnte. Bluthand war geschickt darin, sich anzuschleichen,

      und er hatte immer darauf geachtet, dass der Wind seinen Geruch nicht an

      sein Opfer herangetragen hatte, bevor er zugeschlagen hatte. So waren sie

      immer ahnungslos geblieben, bis es zu spät gewesen war.

      »Wir hätten den Menschling fressen sollen, nachdem wir ihn am Pass

      getötet haben«, murrte Bluthand. »Menschenfleisch schmeckt besser als

      widerliches Wolltierfleisch.«

      »Du weißt genau, dass Blauauge das nicht gewollt hätte.«

      »Blauauge kann mich mal«, brüllte Bluthand.

      Die Gruppe fuhr erschrocken zusammen und duckte sich nochmals tiefer

      in den Schutz der Steine. Bluthands Gesichtsfarbe wurde ein wenig dunkler,

      als ihm bewusst wurde, dass er die Gruppe durch sein Geschrei

      möglicherweise verraten hatte.

      »Blauauge wird dir die Zunge herausreißen und sie einem Reitbiest

      vorwerfen«, zischte das Spitzohr neben Bluthand.

      Blitzschnell schloss Bluthand eine Hand um den Hals des anderen Orks.

      Das Spitzohr stieß ein leises Quieken aus, und seine roten Augen schienen

      ihm aus den Höhlen zu quellen. Seine langen spitzen Ohren begannen zu

      zucken, bis sie schließlich, in einer Geste der Unterwerfung, nach unten

      knickten. Bluthand ließ den anderen jedoch noch eine Weile zappeln, bevor er

      seinen Griff wieder löste. Das Spitzohr sackte keuchend an den Felsen und

      rang nach Luft.

      »Der Menschling kommt herüber«, flüsterte ein anderes Spitzohr.

      »Gut, dann wird es bald richtiges Fleisch geben.« Bluthand wandte sich

      wieder dem Spitzohr zu, das sich erst mühsam von seinem Würgegriff

      erholte. »Und wenn du deine Zunge nicht im Gebiss hältst, dann wird es dich

      danach noch als Dreingabe geben, du Made.«

      Das Spitzohr sah ihn angstvoll an und nickte, und die anderen der Gruppe

      wagten nicht mehr, ihrem Führer zu widersprechen. Zwar hatte Blauauge

      verlangt, dass keiner der Menschlinge zu Schaden kommen durfte, um so die

      anderen nicht vorzeitig zu warnen, aber Blauauge war nicht hier, und

      Bluthand war ebenso skrupellos wie stark. Sollten die beiden Führer doch

      später selbst untereinander ausmachen, wer hier das letzte Sagen hatte.

      Der Mensch unten im Tal hatte sein Pferd gesattelt und war bei dem

      wütenden Aufschrei Bluthands erschrocken aufgefahren. Misstrauisch hatte er

      über die Kruppe des Pferdes hinweg zum Hang hinübergesehen, wo die neun

      Orks des Spähtrupps in Deckung kauerten.

      »Ist ein Brauner«, nuschelte ein Rundohr. »Kein Grüner.«

      Tatsächlich trug der Mann nicht den Umhang eines Pferdelords. Er mochte

      also ein passabler Jäger und guter Wolltierhirte sein, aber sicher kein

      gefährlicher Kämpfer. Doch Bluthand wusste nicht, wer sich sonst noch in

      dem Haus befand. Es war besser, kein Risiko einzugehen und den Menschling

      rasch und lautlos zu töten.

      »Pfeile«, knurrte er nach rechts und links.

      Die vier Spitzohren der Gruppe legten daraufhin ihre dunkel gefiederten

      Pfeile auf die Sehnen der Bögen und warteten auf das Zeichen von Bluthand,

      der vorsichtig über seine Deckung spähte. Im selben Moment sah Bluthand,

      wie der Mensch zusammenzuckte, und wusste, dass der Mann etwas gesehen

      haben musste, was ihn misstrauisch machte. »Schießt«, brüllte Bluthand auf.

      »Tötet ihn.«

      Die Spitzohren richteten sich auf und ließen ihre Pfeile von den Sehnen

      schnellen, während Bluthand und die anderen Rundohren sich hinter ihren

      Deckungen erhoben und laut aufbrüllend ins Tal hinunterstürmten. Bluthand

      hatte den Menschling zunächst lautlos töten wollen, aber nun riss sein

      Jagdeifer ihn und die anderen einfach mit.

      Der Mensch duckte sich hinter sein Pferd, und keiner der Pfeile traf ihn.

      Dafür wurde jedoch das Pferd von zwei der Geschosse getroffen und stieg

      schrill wiehernd auf die Hinterhand, bevor es zusammenbrach. Der Mann

      konnte sich gerade noch vor den auskeilenden Hufen in Sicherheit bringen

      und sich dann hinter den Pferdekadaver werfen, als schon die nächsten Pfeile

      in der Luft waren. Einer von ihnen traf das Bein des Mannes, und er schrie

      auf. Bluthand sah das angstverzerrte Gesicht des Menschlings und schrie

      triumphierend auf, während der Mann, umschwirrt von weiteren Pfeilen der

      Spitzohren, nun den kurzen Jagdbogen und den Pfeilköcher vom Sattel des

      Pferdes zerrte.

      »Geht näher heran, ihr feigen Maden«, brüllte Bluthand zu den Spitzohren

      zurück, während er weiterrannte, was ihm gleichermaßen zum Verhängnis

      wie zum Glücksfall wurde, denn er knallte in vollem Lauf gegen einen

      Felsen, brüllte schmerzerfüllt auf und wurde dadurch aus der Bahn geworfen,

      was ihm jedoch das Leben rettete, denn im gleichen Moment zischte der erste

      Pfeil des Menschen bedenklich nahe an ihm vorbei. Bluthand verstärkte seine

      Bemühungen, um den Mann nochmals schneller zu erreichen. »Schlachtet

      ihn«, schrie er auffordernd. »Tötet den Menschling.«

      Die Spitzohren hatten aus einer zu großen Entfernung geschossen, um

      wirklich zielsicher treffen zu können. Auf Bluthands wütenden Schrei hin

      verließen sie nun ihre Deckung und hasteten tiefer ins Tal. Die dadurch

      eintretende Schießpause gab dem verletzten Mann hinter