Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Simone Stöhr. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Simone Stöhr
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847651505
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der Linie, die ein Rechteck in der Wand einnahm. Es war ein Ausschnitt in der Wand, der perfekt in die Vertäfelung des Zimmers integriert war. Ihr wäre von keinem Punkt des Zimmers aufgefallen, dass es diesen Ausschnitt überhaupt gab, wenn sie nicht mitten davor gesessen wäre. Nur was war dieser Ausschnitt? War er vielleicht eine Tür, die hier hinausführte? Ihre Hoffnung stieg und sie untersuchte weiter den Ausschnitt und drum herum, um vielleicht einen Mechanismus zu finden, der die Türe öffnen könnte. Vorsichtig tastete sie den ganzen Bereich ab, um jede Unregelmäßigkeit spüren zu können. Doch es war nichts festzustellen. In der Nähe des Ausschnittes war ein Bild. Vielleicht lag darunter auch die Lösung des Rätsels. Sie nahm es vorsichtig von der Wand und stellte euphorisch fest, dass ein Knopf darunter versteckt war. Sie drückte erwartungsvoll hinein und stellte mit Freude fest, dass der Ausschnitt schwungvoll aufschnappte. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass die Tür irgendwo hinausführte und sie in Freiheit war. Sie blickte in die Dunkelheit und brauchte einen Moment, bis ihre Augen sich daran gewöhnt hatten. Schemenhaft konnte sie durch das schwache Mondlicht die nächsten zwei Meter vor sich ausmachen. Es schien ein Weg zu sein, der in die Dunkelheit hineinführte. Langsam tastete sie sich voraus und ging einige Meter bis sie zu einer Tür gelangte. Sie drückte die Klinke und mit einem Knarzen öffnete sie sich. Dahinter war ein riesiger Lagerraum. Vermutlich war sie so zum Speicher des Hauses gekommen. Alte Möbel und Kisten standen eingestaubt herum. Kinderspielsachen stapelten sich in einer Ecke und frusteten vergangene Zeiten hinterher. Es war ein Ort der tausend vergessenen Schätze und Jasmin bedauerte es fast, nicht länger hierbleiben zu können. Sie hatte ein Faible für antike Dinge, doch bisher nie das richtige Kleingeld dazu gehabt, um sie sich auch leisten zu können. Doch das schien ab morgen anders zu werden, wenn sie endlich hier einen Ausweg finden würde! Sie ging weiter bis zum Ende des Raumes und entdeckte zu ihrer Freude hinter einem großen, alten Eichenschrank eine Wendeltreppe, die nach unten führte. Wenn sie nach unten führte, musste es logischerweise auch einen anderen Weg zum Speicher geben. Ein Weg, der sie hier herausführen würde. Vorsichtig stieg sie die alten Stufen hinunter, die verdächtig knarzten, aber dennoch stabil schienen. Nach etlichen Wendungen der Treppe kam sie in einer Art Schuppen für Gartengeräte an. Harken, Schaufeln und Hacken hingen fein säuberlich aufgereiht an der Wand und drum herum waren in Regalen Blumentöpfe, Dünger, kleine Schaufeln und Harken, Blumenerde und auch ein Rasenmäher stand in der Ecke. Der Raum war schwach vom Mondlicht erhellt, das durch das Fenster schien, aber eine Tür war auf den ersten Blick nicht erkennbar. Jasmin orientierte sich daher am Fenster und strich die Wand entlang, bis sie auf eine Art Tür stieß. Sie rechnete fest damit, dass sie von außen verschlossen war und war umso mehr überrascht, als sie quietschend aufging. Durch die Tür gelangte sie in den Garten und von dort aus war es ein Kinderspiel zur Straße zu kommen. Sie war schon knapp am alten verrosteten Tor, durch das sie mit Catherine im Februar schon gekommen war, als sie Geräusche im Garten vernahm. Scheiße! Sie haben es schneller bemerkt, als ich gedacht hatte, ging es ihr durch den Kopf. Wenn sie jetzt aus dem Tor rennen würde, würde sicherlich das Quietschen des Tores sie verraten. Auch wenn sie so schnell wie möglich von hier wegwollte, so musste sie jetzt doch einen kühlen Kopf bewahren und sich erst einmal verstecken und abwarten. Das war ihre einzige Chance! Mit den Schuhen in der Hand ging sie auf Zehenspitzen zur mannshohen Kirschlorbeerhecke und versteckte sich in den großen schützenden Blättern. Die Äste piekten sich überall in ihre Haut und auch ihre Haare verhedderten sich bei dem Versuch noch weiter in die Hecke hinein zu kriechen. Den Atem anhaltend, hörte sie Schritte über den Rasen näher kommen, doch waren sie noch zu weit entfernt, als dass man sie im Schutze der Dunkelheit entdecken konnte. Mucksmäuschenstill saß sie dort und wartete darauf, dass die Schritte sich wieder entfernten. Doch statt zu verschwinden hörte sie noch weitere Schritte auf sich zukommen. Vermutlich waren es der ältere Carrington und der Privatschnüffler, dachte Jasmin. Sie hörte erleichtert, wie der Carrington die Suche abblies und sie wieder über den Garten zurück ins Haus gingen. Sie blieb noch einige Minuten, um ganz sicher zu gehen und verschwand dann durch das eiserne Tor auf die Straße. Der Privatschnüffler hatte ihr dummerweise die Tasche abgenommen und so war sie ohne Geld und Handy. Aber sie war frei! Zu allem Überfluss hatte die Hecke einigen Schaden an ihr angerichtet - die Haare zerzaust, die Strumpfhose voller Laufmaschen und blutigen Stellen an Armen und Beinen. Trotzallem, musste sie schnellstmöglich zu Enrique kommen und ihn vor den Carringtons warnen.

      Cathy wartete bereits ungeduldig, dass Mike wieder zurückkam. Ihr ging es zusehends schlechter und sie brauchte ihn dringender denn je, um weiter durchzuhalten. Ihr war kalt und Schweiß rann aus allen Poren an ihrem Körper hinunter. Schnell war sie durchnässt und ihr Magen schien auch noch zu rebellieren. Länger konnte sie nicht mehr durchhalten. Die Schmerzen waren zu groß und viel zu stark um sie länger ertragen zu können! Einzig Mike war ein Grund es überhaupt noch weiter zu versuchen. Ihm wollte sie etwas beweisen. Und deshalb brauchte sie ihn ganz schnell hier – hier bei ihr. Alleine würde sie aufgeben, das war Catherine absolut klar! Als ob auch ihr Körper dessen Erkenntnis bewusst war, stieg ihr die Magensäure den Hals hinauf und sie spürte schon den bitteren Geschmack im Mund, ehe sie schnell genug aus dem Bett hechten konnte. Mit der Hand vor dem Mund versuchte sie das meiste des Übels zu verhindern und rannte, so schnell sie konnte ins Badezimmer. Schwallartig erbrach sie die eben noch heißbegehrten Sandwiches und hatte mit starken Krampfanfällen, bis hin zu Magenkrämpfen zu kämpfen. Ihr war als würde sich ihr Innerstes nach außen kehren. Zärtlich kamen Hände hinter Cathy hervor und nahmen ihre Haare aus dem Gesicht, um sie vor der Kloschüssel zu retten. Cathy war sich sicher, dass es nicht Mikes Hände waren, doch wer der Besitzer der Hände war, ließ sich gerade schlecht herausfinden. Ihr Körper war nicht mehr zu kontrollieren. Die Muskeln spielten verrückt und auch, wenn kein Mageninhalt mehr vorhanden war, so hörte der Reiz des Würgens noch lange nicht auf. Gerne hätte sie sich umgedreht und ihren Engel in der misslichen Lage gedankt, doch auch die Sprache, war ihr bis auf ein röcheln und stöhnen nicht mehr möglich. Das war es wovor sie immer Angst hatte und oft genug schon zu hören bekam. Und jetzt wusste sie, warum ein entkommen von den Drogen so schier unmöglich war. Kein Mensch hielt diese Schmerzen und diese Kontrolllosigkeit bei klarem Verstand lange genug aus, um es zu schaffen. Es war als steckte ihr Verstand im Gefängnis ihres Körpers und wurde ununterbrochen gefoltert ohne, dass sich ihr Verstand nur annähernd dagegen wehren konnte. Sie wurde für sich selbst zum größten Feind, der nur zu gerne den Drogen wieder nachgab, sobald er die Folter nicht mehr aushielt. Es war frustrierend, gerade in diesem Moment des Loskommen-Wollens, diese Erkenntnis zu machen. Und zu wissen, dass jede Anstrengung, die sie jetzt unternahm, ihr Leiden nur verlängern würde. Es gab keinen Ausweg und wenn sie daran glaubte, machte sie sich nur etwas vor. Warum also sollte sie weiterhin leiden? Es machte keinen Sinn! Das musste auch Mike einsehen. Sie hatte ihr Leben verspielt und war selbstschuld daran. Jetzt musste sie auch die Konsequenzen tragen und mit Kerlen schlafen, die sie anwiderten. Und trotz allen Ekels, kam ihr das im Vergleich zu der jetzigen Situation noch recht harmlos vor. Sie hatte sich kurz vom Brechreiz erholen können, doch schon bald holte sie eine neue Welle heim, begleitet von Magenkrämpfen und einem brennen im Hals, welches durch die viele Säure verursacht wurde. Die wortlose, aber dennoch verständnisvolle Person im Hintergrund strich ihr sanft über den Hinterkopf und den Rücken hinab. Cathy spürte die Wärme, die die Hand an den Stellen, die sie berührte, zurückließ. Es kam ihr komisch vor, aber genau diese simplen Berührungen stärkten sie und halfen ihr neuen Mut zu schöpfen. Es war als würde die Hand ihre Seele streicheln. Und dabei wusste sie noch immer nicht, wem diese Hand gehörte. War es Laura oder doch diese ungewöhnliche Frau, die auch Mike in ihren Bann gezogen hatte? Nur Augenblicke später, klopfte es an der Tür und sie erkannte Mikes Stimme, auch wenn sie ihn nicht verstand. Die Tür wurde von der Person hinter ihr geöffnet und sie erkannte Mike, der sie erschrocken anstarrte. Die versprochenen Schlaftabletten hatte er fest umklammert, während er die Situation zu realisieren versuchte. Cathy konnte an seinem erschrockenem Gesicht sehen, dass er vermutet hatte, dass sie geflüchtet war. Und irgendwie, konnte sie es ihm auch nicht einmal übelnehmen. Sie hatte immerhin schon ein paar Mal die letzten Stunden daran gedacht, weil sie dringend Drogen brauchte. Sie schämte sich für ihre Gedanken und sie schämte sich auch, dass er sie jetzt so sah. Endlich hörte Cathy auch die sanfte Stimme, die zu der liebevollen Person hinter ihr gehörte. Sie sprach in einer anderen Sprache, die Mike mühelos beherrschte. Seine vielen Reisen kam ihm da sicherlich zugute, vermutete Cathy. Sie wusste nicht, was gesprochen wurde, aber sie konnte deutlich heraushören,