Um auf die weichen und sehr angenehmen Laute des anderen zu antworten, sprach Tarzan sowohl in den verschiedenen Dialekten der Eingeborenen als auch in der Sprache der großen Affen zu ihm, aber es war offensichtlich, dass der Mann keine dieser Sprachen verstand. Da er sah, dass sie sich nicht verständigen konnten, ging der Urmensch auf Tarzan zu und legte seine linke Hand auf das eigene Herz, während er die rechte Handfläche auf das Herz des Affenmenschen legte. Tarzan schien dies eine Art freundschaftlichen Grußes zu sein. Da er mit den Gewohnheiten wilder Stämme vertraut war, tat er das gleiche, wie es zweifellos von ihm erwartet wurde. Sein Verhalten schien seinem neugefundenen Bekannten zu gefallen und ihn zu befriedigen, denn er begann sogleich wieder zu sprechen. Plötzlich warf er seinen Kopf zurück und sog den Geruch ein, der vom Baum zu ihnen herunter kam. Er zeigte auf den Rest von Bara, dem Hirsch, und berührte dann seinen Magen. Dies war eine Geste, die auch der Dümmste verstehen musste. Mit einer Handbewegung lud Tarzan seinen Gast ein, an seiner Mahlzeit teilzuhaben. Sogleich schwang sich der andere leicht wie ein Äffchen in die Zweige des Baumes und kletterte rasch zu dem Fleisch, wobei er auf seinem Weg von dem langen, starken, muskulösen Schwanz unterstützt wurde.
Der Urmensch schnitt sich mit seinem scharfen Messer schmale Streifen von der Lende des Hirsches und aß schweigend. Von seiner Astgabel aus beobachtete Tarzan seinen Gefährten und beobachtete das Übergewicht menschlicher Merkmale, die zweifellos gegenüber dem großen Daumen, den großen Zehen und dem Schwanz ins Auge fielen.
Er fragte sich wieder, ob dieses Wesen der Vertreter einer seltsamen Rasse war oder, was ihm wahrscheinlicher schien, ein Mensch der Urzeit. Jede dieser Annahmen wäre widersinnig genug erschienen, wenn er diese Kreatur nicht selbst vor sich gesehen hätte. Aber da saß in der Tat ein Mann vor ihm, der einen Schwanz und die Hände und Füße hatte, die auf das Leben in den Bäumen hinwiesen. Seine Ausrüstung war mit Gold bedeckt, und mit Edelsteinen verziert. Dies konnte nur die Arbeit erfahrener Künstler sein. Aber ob es das Werk des Menschen vor ihm oder anderer, die ihm glichen, war, oder vielleicht einer ganz anderen Rasse, konnte Tarzan natürlich nicht beurteilen.
Nachdem er sein Mahl beendet hatte, wischte sich der Gast die Finger und Lippen mit den Blättern, die er von einem nahen Aste abstreifte. Dann schaute er Tarzan mit einem befriedigten Lächeln an und entblößte dabei eine Reihe starker, weißer Zähne. Seine Eckzähne waren nicht größer als die Tarzans. Dann sprach er ein paar Worte, von denen Tarzan annahm, dass sie der freundliche Dank für die Mahlzeit bedeuten sollten. Wenig später hatte auch der andere einen Platz für seine Nachtruhe gefunden.
Die Erde war noch in die Dunkelheit getaucht, die der Dämmerung vorausgeht, als Tarzan durch eine heftige Erschütterung des Baumes wieder geweckt wurde. Als er die Augen öffnete, sah er, dass sein Gefährte ebenfalls wach war und rasch um sich schaute, um die Ursache der Störung zu finden. Der Affenmensch war erstaunt über den Anblick, der sich ihm bot.
Der trübe Umriss einer gewaltigen Gestalt war dicht am Baum zu erkennen, und er sah, wie der riesige Körper sich an den Ästen scheuerte, wodurch der Baum ins Schwanken gebracht wurde. Dass solch ein gewaltiges Tier so nahe an ihn herangekommen war, ohne ihn aufzuwecken, erfüllte Tarzan mit Staunen und Kummer. In der beginnenden Dämmerung wollte es dem Affenmenschen scheinen, als sei das Tier ein Elefant. Doch wenn dies ein Elefant war, so übertrafen seine Ausmaße bei weitem die aller anderen Elefanten. Als die trüben Umrisse weniger unklar wurden, sah Tarzan in Augenhöhe, etwa zwanzig Fuß über dem Boden, den Umriss eines grotesk gezackten Rückens. Es sah so aus, als ob jeder Rückenwirbel des Tieres einen dicken, schweren Hornkamm trug. Leider konnte der Affenmensch nur einen Teil des Rückens sehen, da der Rest des Tieres sich in dem Schatten des Baumes verlor. Von unten hörte er das Kaugeräusch gigantischer Backen, welche Fleisch und Knochen zermalmten. Die Gerüche verrieten ihm, dass jenes gewaltige Tier den Löwen verspeiste, den sie in der vergangenen Nacht erschlagen hatten.
Während Tarzan seine Blicke neugierig durch die dunklen Schatten schweifen ließ, fühlte er eine leichte Berührung auf seiner Schulter. Er wandte sich um und sah seinen Gefährten, der versuchte, Tarzans Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Der andere hielt einen Finger auf die Lippen gepresst, um sich Tarzans Schweigen zu versichern. Dann zog er Tarzan am Arm und bedeutete ihm, dass sie sofort von hier fort müssten.
Da es ihm klar geworden war, dass er sich in einem fremden Land befand, das augenscheinlich von gigantischen Ungeheuern bewohnt wurde, mit deren Gewohnheiten und Eigenschaften er nicht im geringsten vertraut war, ließ sich Tarzan von seinem Gefährten fortziehen. Äußerst vorsichtig stieg der Urmensch den Baum an der Seite hinunter, die dem nächtlichen Störenfried gegenüber lag. Von Tarzan dicht gefolgt, überquerte er die Ebene.
Es passte dem Affenmenschen an sich wenig, die Gelegenheit aufzugeben, ein Tier zu beobachten, welches so ganz aus dem Rahmen seiner bisherigen Erfahrungen und Erlebnisse herausfiel. Aber er war klug genug, zu wissen, wann die Vorsicht der bessere Teil der Tapferkeit ist. Jetzt wie auch in der Vergangenheit unterwarf er sich dem Gesetz, das alles Leben in der Wildnis regiert. Es verhindert, dass die Geschöpfe der Wildnis ihr Leben sinnlos aufs Spiel setzen, das ohnehin täglich von tausend Gefahren umlauert ist, wenn sie ihren natürlichen Notwendigkeiten wie Fressen und Fortpflanzung der Art nachgehen.
Die aufgehende Sonne zerstreute die Schatten der Nacht und Tarzan fand sich am Rande eines großen Urwaldes, in den sein Gefährte eindrang. Er schwang sich auf die Äste der Bäume und verfolgte hier seinen Weg mit der Leichtigkeit langer Gewohnheit und ererbten Instinktes. Obgleich er auf seinem Weg sowohl von dem zugreifenden Schwanz, den großen Fingern und Zehen unterstützt wurde, kam der andere nicht rascher und leichter durch den Wald als der Affenmensch.
Während ihrer Kletterei erinnerte sich Tarzan an die Wunde, die ihm in der vergangenen Nacht von Numas Krallen gerissen worden war. Er untersuchte sie und bemerkte erstaunt, dass sie keinerlei Schmerzen verursachte und dass sich auch an den Rändern nirgends eine Entzündung zeigte, was zweifellos auf das Pulver zurückzuführen war, mit dem sein seltsamer Gefährte ihn behandelt hatte.
Sie waren etwa ein» oder zwei Meilen vorangekommen, als sich Tarzans Gefährte auf einem Rasenhügel niederließ, wo unter den schattigen Zweigen eines Baumes ein klarer Bach floss. Hier tranken sie. Tarzan fand das Wasser nicht nur köstlich rein und frisch, es war auch von einer eisigen Kälte. Der Bach musste den Weg von seiner felsigen Gebirgsquelle bis hierher sehr rasch zurückgelegt haben.
Tarzan legte sein Lendentuch und seine Waffen ab und stieg in den kleinen Teich unter dem Baum. Nach kurzer Zeit kam er bedeutend erfrischt wieder heraus und fühlte heftigen Appetit auf ein Frühstück. Als er aus dem Teich kam, bemerkte er, dass sein Gefährte ihn mit erstauntem Gesichtsausdruck musterte. Der andere nahm den Affenmenschen bei der Schulter und drehte ihn herum, so dass Tarzan mit dem Rücken zu ihm stand. Dann berührte er das Ende von Tarzans Wirbelsäule mit seinen Fingern und rollte seinen eigenen Schwanz über die Schultern. Dann drehte er den Affenmenschen wieder um und deutete zuerst auf Tarzan und danach auf seinen Schwanz, und mit einem fragenden Gesichtsausdruck begann er aufgeregt in seiner eigenen Sprache zu reden.
Der Affenmensch erkannte, dass sein Gefährte erst jetzt entdeckt hatte, dass er nicht durch einen Unfall seinen Schwanz verloren hatte, sondern von Natur aus schwanzlos war. Daher lenkte er die Aufmerksamkeit seines Gefährten auf dessen großen Zehen und auf die Daumen, um ihm noch deutlicher zum Bewusstsein zu bringen, dass sie verschiedenen Rassen angehörten.
Der Bursche schüttelte zweifelnd den Kopf. Er schien keineswegs begreifen zu können, wie es möglich