Kinder des Mondes. Evadeen Brickwood. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Evadeen Brickwood
Издательство: Bookwire
Серия: Erinnerung an die Zukunft
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738055030
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wichtig. Katherine hatte nämlich Chryséis und Trevor entdeckt.

      Trevor stand nicht weit entfernt mit ein paar Jungs zusammen. Sie erzählten sich, was sie in den Ferien gemacht hatten. Chryséis hielt die Hand ihrer Mutter, die wie immer farbenfroh gekleidet war. Die meisten Kinder wären lieber im Boden versunken, als vor allen die Hand ihrer Mutter zu halten, aber Chryséis war es egal was andere Leute dachten. Prof. Cromwell war etwas exzentrisch, aber sonst richtig nett und nicht so spießig wie die meisten anderen Eltern.

      Die drei Freunde interessierten sich für Quantenphysik und die weltweite Klimaveränderung und waren unter den zehn besten Schülern ihrer Klassenstufe. Dieses Jahr kamen sie alle in die siebte Klasse. Siebte Klasse - das hörte sich schon so erwachsen an!

      *

      Trevor war froh, nach den schier endlosen Ferien wieder in der Schule zu sein. Genau im Gegensatz zu Katherine.

      Die ersten zwei Wochen war er bei seinem Vater in der engen, ungemütlichen Wohnung in Chicago gewesen. Mr. Huxley sprach nie besonders viel und die meiste Zeit hatte Trevor in der Gesellschaft seines neuen Computers verbracht. Es war zu kalt, um nach draußen zu gehen und die wenigen Freunde, die er dort noch hatte, waren verreist.

      Trevor wusste, dass sein Vater es gut meinte, aber sie waren einfach Lichtjahre voneinander entfernt. Als sich seine Eltern scheiden ließen, war Trevor drei Jahre alt gewesen. Seine geliebte Großmutter kümmerte sich um ihn, als er sich als kleiner Junge den Arm brach. Sie ging oft mit ihm spazieren und erzählte die tollsten Geschichten.

      Aber dann war sie vor zwei Jahren in einem besonders kalten Winter an einer Lungenentzündung gestorben. Trevor fühlte sich damals so einsam, als hätte er seine gesamte Familie verloren.

      In Chicago war auch Vaters neue Freundin Peggy-Sue gewesen, die immer etwas verwirrt aus ihrem übertrieben geschminkten Gesicht blickte. Peggy-Sue arbeitete in einer Kneipe um die Ecke, wo Dad sie kennengelernt hatte. Offenbar hatte er nicht sehr weit nach einer Freundin suchen müssen. Trevor konnte sich mit der kichernden Peggy-Sue überhaupt nicht unterhalten und war ihr die meiste Zeit aus dem Weg gegangen.

      Als er Chicago endlich verlassen durfte, konnte er keine Hamburger und billige Eiskrem mehr sehen. Vater und Peggy-Sue waren bestimmt genauso erleichtert gewesen, als er mit dem Bus Richtung Iowa davonfuhr.

      Trevor hörte die ganze Fahrt über mit Kopfhörern Musik und machte sich auf den Besuch in Iowa gefasst. Seine Mutter hieß nun Mrs. Hadwen und war auf dem Lande viel glücklicher als in der Großstadt. Es kostete ihn einige Überwindung, sie ‘Mutti’ zu nennen und ihr einen Kuss zu geben. Er kannte sie nicht besonders gut. Sie redete immer nur sowas wie nahrhafte Mahlzeiten und sauberen Hemden und hatte ihm gleich drei blöde Hemden zu Weihnachten gekauft.

      Ihr neuer Mann war ein gutmütiger, dicklicher Farmer, der genauso wenig zu sagen hatte wie Trevors Vater. Trevors Halbbruder, Gerry Junior, war zweieinhalb und hatte schon etwa ein Dutzend Wutausbrüche am Tag. Eine totale Nervensäge.

      Trevor zog es vor, in den brachliegenden Kornfeldern und Hügeln spazieren zu gehen, um dem Trubel im Haus zu entkommen. Er hatte hier letzten Sommer seinen Geheimplatz entdeckt. An einer plätschernden Quelle, die zwischen zwei Felsen hervorsprang. Dort saß er stundenlang auf einem flachen Stein, spielte mit den Kieselsteinen und dachte in Ruhe nach oder er las ein Buch. Aber im Winter war es dafür viel zu kalt.

      Trevor fühlte sich im milden, südlichen Klima um einiges wohler. Am liebsten mochte er den duftenden Rosengarten auf dem Schulgelände. Er saß dann auf der Holzbank unter wiegenden Birken und machte seine Hausaufgaben. Sogar im Winter.

      Seit er sich letztes Jahr mit Chryséis Cromwell und Katherine MacDougal angefreundet hatte, saßen sie oft zusammen unter den Birken. Die beiden gingen ihm nicht auf die Nerven wie die meisten Mädchen. Manchmal sahen sie auch nur den bunten Blumen, Vögeln und Libellen zu und unterhielten sich stundenlang.

      Oh ja, Trevor war froh wieder in Pemberton zu sein. Er war morgens mit dem Bus angekommen und seine kurzen, braunen Haare waren noch ordentlich gekämmt.

      Trevor hatte die beiden schon gesehen. Aber es wäre uncool gewesen, vor den ganzen Jungs loszurennen, um sie zu begrüßen.

      “Klar, ich kann’s auch kaum abwarten bis die Baseball-Saison wieder anfängt,” sagte er stattdessen zu Joh LeGrange, der dauernd nur über Baseball quatschte.

      “Ich würde lieber Cricket spielen,” sagte Ben.

      Ben Harper aus Rockingham, Australien war einer der reichsten Kids an der Schule. Er fuhr fort, ihnen haarklein jede Einzelheit von irgendeinem Segeltrip zu erzählen, während Trevor aus dem Augenwinkel die beiden Mädchen beobachtete.

      Die winkten sich lebhaft zu. Katherine sah aus wie eine Dame, dachte Chryséis . Sie hatte dagegen blonde Zöpfchen und trug einfache Jeans und ein pinkes T-Shirt. Pink war ihre Lieblingsfarbe.

      Die Cromwells hatten ihr erstes Kind nach einer obskuren Figur aus der griechischen Geschichte genannt. Aus dem ‘Trojanischen Krieg’. Die historische Chryséis hatte ziemliches Glück gehabt. Sie war von griechischen Soldaten gefangen worden, hatte aber bald unbeschadet ihre Freiheit wiedererlangt. Das war recht ungewöhnlich in der griechischen Mythologie. Die Eltern der modernen Chryséis hatten Griechisch studiert und waren von der Geschichte inspiriert gewesen. Ihre jüngeren Geschwister hießen Jason und Cassiopeia, oder einfach nur Cassie. Das waren auch altertümliche Namen.

      Katherine und Trevor verbrachten so manches Wochenende im Stadthaus der Cromwell Familie. Es lag halb versteckt in einem herrlich überwucherten Garten, in einer Gegend wo gepflegte Rasenflächen und gerade Blumenbeete an der Tagesordnung waren. Trevor hatte sich dort von Anfang an wohl gefühlt.

      Die Familie war so unkompliziert, und er liebte Mrs. Cromwells selbstgebackenes Maisbrot und Gumbo. Sie hatten erstaunlich viel Zeit füreinander und beim Abendessen wurde lebhaft durcheinander geredet.

      Im Haus gab es helle, fröhliche Farben und Möbel aus Fichtenholz, die herrlich nach Bienenwachs dufteten. An den Wänden hingen gerahmte Bilder und es gab überall faszinierende Sachen zu bestaunen.

      *

      “Hi Katie, hier!” rief Chryséis und ließ die Hand ihrer Mutter los.

      Katherine rannte quer über den Parkplatz und zwickte Trevor im Vorbeilaufen ganz frech am Arm. Das war ungewöhnlich für die sonst schüchterne Katherine. Er griff lachend nach ihrem Arm, sie war aber zu schnell für ihn. Trotz des engen Rocks und wollenen Twinsets. Der weiße Kies knirschte unter ihren Sohlen, als sie übermütig über den Rasen jagten. Sie kamen lachend vor Chryséis zum Stehen.

      “Hi ihr beiden, schön euch wiederzusehen,” rief Chryséis in ihrem breiten Südstaatenakzent.

      “Hallo Freundin,” lachte Katherine noch ganz außer Atem. “Hallo Mrs. Cromwell!”

      Chryséis ’ Mutter begrüßte die Kinder und unterhielt sich mit anderen Eltern weiter.

      “Hey Chris, hast du mein letztes E-Mail gekriegt? Ich hab’s gestern noch schnell in Oxford abgeschickt.”

      “Was, welches E-Mail? Das von Freds Dünnpfiff?”

      Katherine nickte.

      “Ja, hab’ ich gekriegt. Echt ätzend.”

      Katherines Brüder waren ihrer Meinung nach verzogene Blagen. Ihr jüngerer Bruder Jason war dagegen unproblematisch und spielte den ganzen Tag mit seinen Freunden draußen im Garten.

      “Wir konnten überhaupt nichts in Marseille unternehmen. Es war ja sooo langweilig.” Katherine seufzte bei der bloßen Erinnerung. “Fred ist ‘ne richtige Plage. Immer kriegt er was, wenn wir verreisen.”

      Klar. Die Aufmerksamkeit seiner Mutter, dachte Chryséis .

      Katherine sprach noch immer mit einem deutlich britischen Akzent. Einige amerikanische Kinder meinten, sie sei gerade mit den ersten Siedlern in der Neuen Welt angekommen.

      “Haste während der