Krähenzeit. Katrin Fölck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katrin Fölck
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783746787978
Скачать книгу
Störung. Gute Nacht!“

       „Dir auch.“

      Stanley beendete das Gespräch und wählte die Nummer seiner Schwiegereltern.

       „Bennet.“, meldete sich Sophie`s Mutter.

      „Hallo, Schwiegermama. Stanley hier. Ist Sophie vielleicht bei euch?“

       „Stanley, weißt du wie spät es ist? Wieso sollte Sophie hier sein? Hattet ihr Streit?“, kamen sofort die Gegenfragen.

       Stanley wusste, dass Charlotte Bennet sich einen anderen Schwiegersohn für ihre Tochter gewünscht hatte. Daran hatte sie nie einen Zweifel gelassen.

       „Nein, Charlotte, alles in Ordnung.“, versuchte er zu beschwichtigen. „Wahrscheinlich hat sie einen ihrer Mädelsabende… Du weißt ja, wie wir Männer so sind, wahrscheinlich habe ich ihr nicht richtig zugehört und es einfach vergessen.“

       „Kommt doch mal wieder vorbei, Stanley. Vielleicht nächsten Sonntag zum Mittagessen?“, bat seine Schwiegermutter noch um einen Besuch. Er versprach es ihr, bevor er auflegte.

       Einerseits froh, sich aus der Affäre gezogen zu haben, wusste er andererseits immer noch nicht, wo seine Freundin abgeblieben war. Stanley kehrte ins Schlafzimmer zurück. Hatte er etwas übersehen? Fehlte etwas von Sophies Dingen? Ihre Reisetasche? Kleidungsstücke?

       Auf einem Kleiderbügel an der Schranktür hingen eine bunt gemusterte Bluse und eine schwarze Hose. Sophie musste diese Sachen ausgesucht haben, um sie im Büro zu tragen. Da sie noch da hingen, hatte sie sich entweder gegen die Sachen entschieden und etwas anderes angezogen oder aber es bedeutete, dass sie gar nicht dazu gekommen war, sie anzuziehen. Und der Fakt, dass sie nicht im Büro war, bestätigte seinen plötzlichen Verdacht, dass etwas passiert sein musste. Im Flur bemerkte er schließlich, dass Sophie`s Laufschuhe fehlten. Jetzt fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Sie musste noch joggen gegangen sein…

      6

      Vor Angst um Sophie war Stanley völlig kopflos. Er wusste nicht, was er tun sollte. Die Gegend abfahren und nach ihr suchen? Doch, war es dafür nicht längst zu spät? Vielleicht sollte er in den umliegenden Krankenhäusern nachfragen? Möglicherweise hatte sie einen Unfall und war eingeliefert worden? Aber hätte ihn dann nicht längst jemand davon in Kenntnis gesetzt? Und falls sie ihr Gedächtnis verloren hatte? …dann konnte ihn niemand benachrichtigen, weil niemand wusste, wer sie war...

       Alle möglichen Erwägungen kreisten in seinem Kopf. Er unternahm einen letzten Versuch, Sophie über ihr Smartphone zu erreichen, bevor er in den Krankenhäusern der Region anrief. Dennoch blieben seine Nachforschungen ergebnislos. Sophie blieb verschwunden.

       Stanley schnappte sich seinen Autoschlüssel. Er musste etwas tun, um nicht verrückt zu werden. Er würde nach ihr suchen, auch wenn es mehr als aussichtslos sein würde, sie zu finden. Er wollte sich nicht vorwerfen müssen, nicht alles getan zu haben.

       Stanley Cooper verließ die gemeinsame Wohnung in Twobridges und fuhr stadtauswärts Richtung Blackwood. Um diese Uhrzeit herrschte kaum noch Verkehr, ausgenommen einiger Nachtschwärmer, die zu dieser späten Stunde vom Restaurant- oder Kinobesuch nach Hause fuhren. Zweimal fuhr Stanley bis Richmore Valley und zurück. Dann gab er auf.

       Mittlerweile waren zwei weitere Stunden vergangen. Es wurde Zeit, seine Freundin als vermisst zu melden.

      7

      „Wann, sagten Sie, haben Sie Ihre Freundin das letzte Mal gesehen?“, wollte Kommissar Jefferson Freeman von Stanley Cooper wissen.

       „Gestern morgen.“

      „Hm.“, sinnierte der Ermittler, „Entschuldigen Sie, dass ich das frage, aber hat es zwischen Ihnen Beiden in der letzten Zeit Streit gegeben?“, Kommissar Freeman musterte Stanley Cooper eindringlich. Als dieser verneinend den Kopf schüttelte, setzte er nochmals nach: „Keine Meinungsverschiedenheit?“

       „Nein, nichts dergleichen.“

      „War Ihre Freundin in letzter Zeit irgendwie verändert?“

       „Wie meinen Sie das?“

      „Nun, war sie schnell reizbar, aufbrausend…? Hatten Sie manchmal das Gefühl, sie sei mit ihren Gedanken woanders?“

       „Worauf wollen Sie denn hinaus?“

      „Nun, vielleicht hatte Ihre Freundin einen Geliebten?“

       Stanley blickte den Kommissar entgeistert an. „Nein!“

       „Und da sind Sie sich sicher, weil…?“

      Stanley zuckte mit den Schultern. „Das hätte ich doch gemerkt.“

      Der Kommissar verzog seinen Mund und wippte mit seinem Oberkörper mehrmals leicht vor und zurück. „War sie krank?“

       „Krank?“

      „Junger Mann, es gibt nicht wenige Menschen, die von einer schweren Krankheit erfahren…“, erklärte sich der Ermittler, „und …“ Der Kommissar hielt inne, ließ jedoch das Ende des Satzes ungesagt im Raum stehen.

       „Dann hätte sich Sophie mir garantiert anvertraut.“

       Der Kommissar kratzte sich am Kopf. „Haben Sie oder Ihre Freundin Feinde?“

       „Nein.“

      „Neider?“

       „Nein!“

      „Ihnen Beiden geht es finanziell sehr gut. Sie arbeiten bei einer Bank… Möglicherweise hat das ja jemanden auf den Plan gebracht. Vielleicht ist sie entführt worden…“

       Stanley schwieg geschockt, wurde jedoch sofort wieder mit weiteren Fragen konfrontiert.

       „Wir sollten in jede erdenkliche Richtung denken… Ich finde, es wäre am besten, Sie fahren jetzt nach Hause, falls sich jemand bei Ihnen meldet und Lösegeld verlangt. Vor Morgen kann ich eh nicht viel tun. Es sind ja noch nicht mal vierundzwanzig Stunden seit dem Verschwinden Ihrer Freundin vergangen… Möglichenfalls ist sie schneller wieder da als gedacht.“, versuchte Jefferson Freeman den jungen Mann aufzumuntern. „Sie jedenfalls haben alles Ihnen Machbare getan, um herauszufinden, wo Ihre Freundin ist… Sollte Sie bis Morgen früh nicht wieder aufgetaucht sein, würde ich Sie bitten, mir ein aktuelles Foto und ein Kleidungsstück Ihrer Freundin mitzubringen. Dann sind wir an der Reihe. Ich hoffe, wir finden sie.“

       Die letzten Worte des Kommissars hinterließen bei Stanley Cooper ein befremdliches Gefühl, vor allem, wie er sie sagte.

       „Gibt es da etwas, was ich wissen sollte, Kommissar?“

       Jeff Freeman räusperte sich, bevor er antwortete: „Ich will Ihnen keinesfalls Ihre Hoffnung nehmen, junger Mann… Aber in den vergangenen Jahren gab es in und um Richmore Valley mehrere weibliche Vermisstenfälle. Sie sollten sich also besser auf alles gefasst machen…“

       Stanley war blass geworden.

      „Von wie vielen sprechen Sie?“

       „Vier. Mit Ihrer Freundin sind es Fünf.“

      „Und keine ist je wieder aufgetaucht?“

       „Nein. Wir haben wirklich alles versucht.“

       „Denken Sie, Sophie ist einem Verbrechen zum Opfer gefallen?“

      „Es spricht alles dafür.“

       „Oh Gott!“, brachte Stanley hervor und ließ sich wieder in den Sessel zurückfallen. „Glauben Sie, dass sie noch lebt?“, fragte er fast unhörbar.

       „Ich weiß es nicht. Aber so lange die kleinste Hoffnung besteht, Ihre Freundin zu finden, so lange suchen wir nach ihr. Wir geben sie nicht auf, so, wie wir die anderen noch nicht aufgegeben haben. Ein paar unserer Leute sind immer noch an den alten Fällen dran…“

       Stanley erhob sich, Jeff Freeman reichte ihm die Hand: „Verlieren Sie nicht die