Elfenkind. Daniela Baumann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniela Baumann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753166094
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sodass sie für die Menschen bereits eine Art Legende waren. Und doch erkannten sie sofort, dass es keine gewöhnliche Wölfin war.

      „Keine Angst, das ist Yáhzí!“, lächelte die Zwölfjährige. „Sie ist sicher hier, weil sie uns helfen will.“ Unerschrocken ging sie zu der wartenden Wölfin und legte ihr die Hand auf den Kopf, kraulte sanft das schwarze, weiche Fell. „Die Wölfe haben eine erschreckende Entdeckung gemacht.“, berichtete Yas nach wenigen Momenten. Sie war blass geworden. „Es gibt kaum noch Spinnen im Wald, nur die Wenigen, die die letzten Opfer bewachen. Der Rest scheint verschwunden zu sein. Yáhzí hat keinerlei Spuren gefunden, wohin die anderen Spinnen gegangen sein könnten, es waren früher hunderte von ihnen.“

      Geschockt blickten sie sich an. Was sollten sie nun tun? Ratlos richteten sich die Blicke auf Gaagi, Jack und Cameron, die als Anführer ihrer Gruppen agierten. Doch auch sie waren für den Moment zu schockiert, um eine Entscheidung treffen zu können. Yas hingegen war noch immer mit der Wölfin beschäftigt. „Yáhzí zeigt mir, dass die Kinder wohl noch leben.“, holte sie sich die Aufmerksamkeit zurück.

      „Dann lasst uns die Kinder holen und danach entscheiden, wie wir weitermachen.“, beschloss Gaagi. Die Männer nickten.

      Mit neuer Entschlossenheit drangen sie in den Wald ein. Yáhzí führte sie zwischen Büschen und Baumstämmen hindurch etwa eine Stunde bis tief in den Wald. Sie mussten sich beeilen, um ihr folgen zu können. Yas hatte keine Schwierigkeiten, mit Yáhzí mithalten zu können. Inzwischen war sie beinahe so groß wie ihr Vater, aber mit für menschliche Augen viel zu langen Beinen. Diese machten es ihr leicht, ein schnelles Tempo einzuschlagen. Ausdauernd war sie schon immer gewesen, wie sich Gaagi erinnerte.

      Drei Jahre war es nun her, dass er mit ihr gemeinsam lange Wochen und Monate durch Kalima gelaufen war, um seinen entführten Stamm zu finden. Seine Tochter hatte sich seither optisch sehr verändert. Die Haare waren noch immer fein und schwarz, fielen ihr in wilden Locken bis zu den Knien, umrahmten ihre schmale Statur. Die Augen zeigten nur noch einen Rest der dunkelblauen Farbe in einem Ring um die goldene Iris.

      Als er Yas zum ersten Mal gesehen hatte, war sie zierlich und verhältnismäßig klein gewesen, inzwischen war sie viel größer, dabei aber sehr schmal und feingliedrig, was sie fragil wirken ließ. Doch dieser Eindruck täuschte, sie war kräftig und ausdauernd. Außerdem kampferprobt, sie trainierte mit ihm selbst, mit Tsé und den jüngeren Kriegern. Ansonsten würde er nicht zulassen, dass sie ihn auf derartigen Missionen begleitete.

      Mit einem Mal stoppte Yas und bedeutete ihnen, ebenfalls stehen zu bleiben. Sie war bislang mit der Wölfin vorneweg gelaufen, doch jetzt wirkte sie alarmiert und aufmerksam. Suchend blickte Gaagi in die gleiche Richtung wie seine Tochter, doch seine Augen konnten nichts erkennen. „Jayla?“, fragte er daher leise. Die Elfe schüttelte den Kopf, sie wusste nicht, warum Yas anhielt, konnte ebenfalls nichts erkennen.

      „Yáhzí deutet an, dass hinter diesem Hügel die Spinnen sind. Zehn oder zwölf Tiere bewachen mehrere Opfer, die in Spinnenseide gehüllt an Bäumen hängen.“, erklärte die Halbelfe.

      „Wir müssen sie irgendwie vernichten.“, meinte einer der Männer aus Jacks Dorf.

      „Wir kennen die einzige Schwachstelle: ihr Bauch.“, überlegte Manaba. „Allerdings wird keine der Spinnen sich einfach umdrehen, damit wir den Bauch ungeschützt vor uns haben. Und keiner von uns wird sich unter sie begeben, das ist zu gefährlich. Unser Feuer ist zu schwach, wie wir bereits feststellen konnten.“

      „Egal wie, wir müssen die Kinder rausholen!“, beharrte einer der Dorfbewohner. Man sah ihm seine Sorge an. Eliza war seine jüngste Tochter. „Und wenn wir die Spinnen weglocken und zwei von uns zurückbleiben, um die Kinder zu befreien?“

      „Das wäre möglich, aber die Gefahr für uns alle ist groß, denn die Spinnen sind deutlich schneller als wir, und wir haben keine Fluchtmöglichkeit, wo wir hin können. Auf unsere Feuerpfeile haben sie nicht reagiert.“, überlegte Gaagi.

      „Wir können nur versuchen, ein größeres Feuer zu erschaffen, wenn wir sicherstellen, dass es begrenzt ist.“, gab Jayla zu bedenken. „Ich nehme Kontakt mit Xedila auf, vielleicht haben sie und Akhito noch eine Idee.“

      Der Häuptling stimmte zu, und so eilte Jayla ein wenig zur Seite und lehnte sich an eine alte Eiche. Yas folgte ihr und beobachtete jede der Bewegungen, sie lernte gerne von den älteren Elfen. Es dauerte nicht lange, bis sie zurückkamen.

      „Sie haben Adlerklaue getroffen.“, berichtete Jayla. „Der König der Greife will versuchen, die Drachen um Hilfe zu bitten, aber er kann nichts versprechen. Sie sind gerade kurz vor dem Kentauren-Wald, sie werden Yolonis noch fragen, vielleicht kann er helfen.“

      „Gut, dann lasst uns die Gegend erkunden, ob wir einen Platz finden, wo wir Feuer legen können.“, nickte Gaagi.

      5. Erinnerungen

      „Vorsicht, Steven, der kleine Bulle links will ausbrechen!“, warnte Joe, ein älterer Cowboy.

      Steven, inzwischen seit über drei Jahren hier auf der Ranch, nickte nur konzentriert und warf sein Lasso. Geschickt legte sich die Schlinge um den Hals des Jungbullen, der heute – als ein Rind unter vielen – ein neues Branding bekommen sollte. Bereits jetzt schwitzte er stark, und dabei war erst etwa zehn Uhr morgens. Die Jungrinder waren alt genug, um markiert zu werden, daher trieben er und die anderen Cowboys sie gerade zusammen und auf die Ranch. Steven erinnerte sich, wie er seine ersten Versuche mit dem Lasso gemacht hatte.

      Ein Schmunzeln legte sich auf sein Gesicht, als er einen kurzen Moment zum Verschnaufen und Trinken hatte. Anfangs hatte er nicht einmal einen Holzpflock getroffen, der etwa zehn Fuß von ihm entfernt war. Und wenn er traf, dann schlang sich das Seil nicht darum, sondern die Schlinge faltete sich zusammen. Doch Charlie blieb geduldig mit ihm. Charlie war von Anfang an an seiner Seite gewesen, hatte ihn unterstützt und ihm fast alles beigebracht, was er hier können musste. Außerdem hörte er zu, wenn Steven Heimweh bekam. Das allerdings kam eher selten vor, hier hatte er viel zu viel zu tun.

      Cromwell war zufrieden mit ihm, hatte ihn damals behalten, und seither arbeitete Steven fleißig. Er hatte kaum eine freie Minute, wenn aber doch, gingen seine Gedanken zurück zu Kristina. Er wusste nicht, was aus Mrs. Duncan und den Kindern geworden war, aber er wollte es bald herausfinden. Es ließ ihm keine Ruhe.

      Mrs. Duncan war wie eine Mutter für ihn gewesen, so lange er bei ihr im Waisenhaus war. Die anderen Kinder waren wie Geschwister für ihn. Er musste einfach wissen, ob es ihnen gut ging. Also wollte Steven zurück nach Supai reiten, um zu hören, wohin die Kinder mit Mrs. Duncan gezogen waren, und sie dort besuchen, wenn es möglich war. Im Moment war zu viel Arbeit zu tun, aber im Winter, da konnte er einige Tage frei nehmen. Es war Spätsommer, Indianersommer, wie er wehmütig dachte. Nie würde er den Häuptling vergessen, der es Kristina damals so angetan hatte. Vor ziemlich genau drei Jahren waren sie verschwunden.

      Er selbst war nie wieder im Lager der Indianer gewesen, aber Kristina hatte ihm erzählt, wie sie dort lebten. Sie jagten nur, was sie zum Leben brauchten, ansonsten sammelten sie Holz, um Feuer zu machen, verarbeiteten die gejagten Tiere, die Häute, die Sehnen, selbst die Knochen. Das hatte ihn zum Nachdenken gebracht. Warum wollten die Soldaten alle Indianer in Reservate sperren? Sie waren nicht gefährlich, wollten einfach nur in Ruhe leben. Jedenfalls die meisten von ihnen. Er selbst hatte gesehen, dass sie friedlich lebten, versteckt, ohne jemanden von außerhalb zu stören oder gar zu verletzen. Raven war nur mit einem Messer bewaffnet gewesen, als sie ihn getroffen hatten. Ohne Nachzudenken hatte er ihnen geholfen. Er hatte sie mitgenommen, ihnen zu Essen gegeben, und die Verletzungen versorgt. Er hatte ihnen Decken gegeben, während ihre Kleidung am Feuer trocknete. Das konnte doch kein böser Mensch sein, oder?

      „Hey, Steve, wo bist du mit deinen Gedanken?“, wollte Charlie wissen. Er hatte den Jugendlichen bereits von Anfang an unter seine Fittiche genommen und liebte ihn wie einen Sohn. Steven schüttelte lächelnd den Kopf und konzentrierte sich erneut. Die nächsten Rinder sollten gebrannt werden. Also trank er noch einen Schluck, dann sprang er auf. Den Rest des Tages verbrachte er auf dem Rücken seines Pferdes. Ja, es war sein eigenes Pferd.