Das Haus am Park. C. H. Illmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: C. H. Illmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847647539
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einen starken Drink, damit ich ein Gefühl zurück in meine wackeligen Beine bekam. Fieberhaft überlegte ich, wie ich die Summe aufbringen könnte, denn der Alte hatte völlig recht. Selbst wenn das Haus eine Ruine war, das Grundstück allein war den Preis locker wert.

      Meinen Vorschuss hatte ich beinahe aufgebraucht und bisher keine brauchbare Story geliefert. Doch vielleicht konnte ich meine Eltern überreden, mir ein Darlehen zu geben. Ich hatte mich lange nicht bei ihnen gemeldet, aber wenn ich zum Haus zurückging und ein paar Fotos von außen machte, war ich bestimmt in der Lage, den Wert dieses Anwesens zu dokumentieren.

       Einfach war es nicht, meinen Eltern das Darlehen aus den Rippen zu leiern und nach zähen Verhandlungen stand fest: Ich würde Weihnachten bei ihnen verbringen. Zusammen mit meiner Schwester und ihrer Familie, das heißt ihrem Langweiler von einem Mann und den beiden Söhnen, der boshaften Hälfte der apokalyptischen Reiter. Doch das war mir die Erfüllung meines Jugendtraumes wert. Die Altbauwohnung war zwar auch ganz hübsch, aber die Miete doch recht hoch und was ich allein dabei an Kosten für das nächste Jahr sparen würde, machte den Preis für die Villa schnell wieder wett. Ich war euphorisch und hatte ernsthaft das Gefühl, das ich nun einen neuen Abschnitt in meinem Leben antrat.

      Ich rief den Alten an und sagte zu, den Kauf abzuwickeln. Er gab mir seine Kontonummer bei einer Bank auf den Cayman Islands. Sobald das Geld überwiesen wäre, sollte ich die Besitzurkunde erhalten. Ein paar Tage später war es so weit. Zwischendurch hatten mich Zweifel gepackt, ob das Geld nicht irgendwo im Ausland versickern könnte, dann erreichte mich ein Schreiben vom zuständigen Amt, dass der Grundbucheintrag geändert wurde und ich nun offiziell der Besitzer des Hauses am Park wäre.

      Wenig später klingelte mein Handy.

      »Hallo Herr Illmann«, begrüßte mich die Stimme des Greises. »Alles ist unter Dach und Fach. Die Besitzurkunde habe ich an Ihre neue Adresse geschickt und hinter dem Fensterladen links von der Tür finden Sie den Schlüssel.«

      Ich dankte dem Alten und nahm mir vor gleich das Haus zu besichtigen und dann meinem Vermieter zu kündigen und den Umzug vorzubereiten.

      2. Kapitel: neue Heimat

       Die Besitzurkunde war noch nicht da, aber der Schlüssel war dort, wo der Alte es beschrieben hatte. Einen Moment stutzte ich: Sagte er nicht, eine Hausbesichtigung wäre nicht möglich? Nach kurzem Überlegen war ich jedoch überzeugt, das ich genauso gehandelt, und keinen Fremden ohne Aufsicht in das Haus gelassen hätte. Als ich eintrat, erwartete mich die nächste Überraschung. Das Haus war voll möbliert, als wäre der ehemalige Besitzer nur kurz in den Urlaub gefahren. Damit rechnete ich nun wirklich nicht und es warf gleich eine weitere Frage auf: wohin mit meinen eigenen Möbeln? Welche Einrichtung sollte ich verwenden? Ich beschloss, mich erst mal gründlich umzusehen. Es roch etwas muffig, aber ein wenig zu Lüften dürfte dieses Problem schnell beheben. Das meiste hier sah so aus, als käme es direkt aus einem Museum, aber es unterstrich den Charme und den Eindruck, den ich mir immer vom Haus gemacht hatte. Ein altes Radio aus Nussholz und mit Sackleinen bespannt, ein Telefon aus schwarzem Holz mit Wählscheibe und Muscheln aus Messing, ein gewaltiger Ohrensessel aus rotem Samt, mit kupfernen Polsternägeln beschlagen. Die Einrichtung würde sicher ein Vermögen beim Antiquitätenhändler einbringen, aber schon im nächsten Moment verwarf ich den Gedanken wieder. Diese Möbel gehörten hierher und ich wollte von meinen Dingen nur mitbringen, was ich dringend benötigte.

      Ich nahm den Hörer vom Telefon, das unmittelbar nach der Erfindung desselben hergestellt sein musste. Die Leitung war tot. Natürlich! Heute war das Netz Digital, ich hatte ja mein Handy. Doch der alte Apparat sah einfach nur verdammt edel aus. Würde er auch noch funktionieren, wäre das wirklich Steampunk vom Allerfeinsten. Einige der Einrichtungsgegenstände machten den Eindruck, als stammten sie aus dem 19. Jahrhundert, wie etwa der weiß emaillierte Nachttopf, den ich im Schlafzimmer unter dem massiven Bettgestell fand. Die Daunenbettwäsche sah aus, als wöge sie eine Tonne.

      Ich erinnerte mich an die Erkertürmchen, die der Hauptgrund für meine Faszination für die Villa waren. Ich stellte mir vor, dort zu sitzen und meinen nächsten Roman zu schreiben. Die Wirklichkeit ließ mich laut aufjauchzen. In einem achteckigen Grundriss von etwa 1.50 Metern stand ein kleiner Korbsessel vor einem dazugehörigen Tischlein. Einzig für die Pflanzen auf den drei Fensterbänken kam jede Rettung zu spät. Ich war zwar nicht der Gärtnertyp, aber hier gehörten neue Gewächse hin.

      Und da ich gerade beim Ersetzen war ... Ich erinnerte mich an das eingeworfene Fenster auf der Rückseite des Gebäudes. Ich sollte schleunigst einen Glaser anrufen. Besonders jetzt im Winter wollte ich nicht den Garten beheizen.

      Ich ging durch die Räume im Erdgeschoss und inspizierte die Fenster, doch ein eingeworfenes sah ich nicht. Wie konnte das sein? Ich war ziemlich sicher, dass ich richtig gesehen hatte. Vielleicht würde ich es vom Garten aus entdecken. Ein Hinterausgang führte auf die Veranda hinaus. Hier fehlte ein Schaukelstuhl, dann könnte man den Abend genießen. Ich ging ein Stück über den verwilderten Rasen und betrachtete die Fenster. Ich war ziemlich sicher, dass es das Zweite von rechts war, aber es war intakt, wie auch alle anderen. Hatte ich mich getäuscht?

      Kopfschüttelnd ging ich wieder ins Haus und verschloss die Tür, warf noch einen flüchtigen Blick auf die einzelnen Zimmer meines neuen Besitzes und kehrte in meine Wohnung zurück. Ich musste noch das Kündigungsschreiben für meinen Vermieter aufsetzen. Morgen wollte ich die wichtigsten Dinge in das neue Heim bringen. Vielleicht würde dafür mein Wagen ausreichen. So richtig fassen, konnte ich mein Glück immer noch nicht.

       So sehr mich all diese altertümlich anmutenden Gegenstände im Haus faszinierten, wollte ich doch keinesfalls auf meine Mikrowelle verzichten. Als ich erst mal des Gasherdes ansichtig wurde, konnte auch der Vorsatz, mehr zu kochen nichts daran ändern. Das Wichtigste für meine kreative Leistungsfähigkeit war jedoch eine ordnungsgemäß installierte Kaffeemaschine. Als der Duft von frischem Kaffee durch das Haus zog, war mein Enthusiasmus kaum noch zu bremsen. Am Liebsten hätte ich mich sofort an den Laptop gesetzt und geschrieben, aber heute wartete noch viel Arbeit mit dem Umzug auf mich und gleich morgen wollte ich wieder mit dem Laufen beginnen. Ich entschied mich für ein Erkertürmchen zum Schreiben, aber ich entdeckte im Erdgeschoss auch ein Arbeitszimmer oder eine Bibliothek. Hinter einem bestimmt tonnenschweren Mahagoni-Schreibtisch stand ein großer Ledersessel mit einem Fenster im Rücken. An den Wänden ringsumher ragten Regale voller lederner Buchrücken bis an die Decke. Enzyklopädien, christliche Bücher, geschichtliche Texte und wissenschaftliche Abhandlungen ... gebundene Ausgaben, zum Teil über hundert Jahre alt. Was für ein kultureller Schatz! Wikipedia hin oder her. Die Recherche wäre in diesem Raum sicher ein Erlebnis, nur würde sie länger dauern.

      Was war denn das? Auf dem Schreibtisch entdeckte ich eine Stoffhülle, unter der sich eine alte Schreibmaschine befand. Ein Grinsen stahl sich auf mein Gesicht. Wie war das noch, mit der Frustbewältigung und dem Papierkorb? Das musste ich ausprobieren. In einer Schublade des Schreibtisches fand ich einen Stapel Papier und fummelte mit der Maschine herum. Das war schwieriger als gedacht, doch schließlich gelang es mir, ein Blatt einzuspannen. Leider hinterließ ein probeweise eingetippter Satz nur eine leichte Schmutzspur - das Farbband war ausgetrocknet. Mist! Ich riss die Seite aus der Maschine, knüllte sie zusammen und warf sie durch den Raum. Der Papierkorb stand unter dem Tisch, was sich als suboptimal für mein Vorhaben erwies, also stellte ich ihn an der gegenüberliegenden Wand auf. Das war schon bedeutend besser und erzeugte in mir tatsächlich ein gewisses Gefühl der Befriedigung, allerdings war das Tippen auf der Maschine anstrengend und ich versuchte mir vorzustellen, das über mehrere Seiten durchzuhalten. In einem Film sah ich mal einen Papierkorb, an dem ein kleiner Basketballkorb angebracht war, und wollte auf meiner nächsten Shoppingtour Ausschau danach halten.

      Zuerst musste ich jedoch das Bett neu beziehen. Es wäre mir unangenehm in einem fremden Bett zu schlafen, wer weiß wer zuletzt darin gelegen - oder gestorben - war, oder was sich sonst so in ihm abgespielt haben mochte. Tatsächlich zierten die Matratze und die Bettwäsche mehrere braungelbe Flecken, wo eine Flüssigkeit in den Stoff eingezogen war und zu deren Ursprung ich meine Fantasie nicht länger beanspruchen wollte. Ich würde das eigene Bettzeug aus der alten Wohnung holen.

      Bei