Am Ende des Weges befand sich ein langer Tunnel, der unterhalb des Gipfels den Berg durchbohrte und auf der anderen Seite auf einer natürlichen Plattform endete, die im Laufe der Jahrzehnte zu einer kleinen Festung ausgebaut worden war. Sie befand sich direkt über der einzigen breiteren Straße, die von Pferden und Planwagen genutzt werden konnte, um das Dorf zu erreichen. Ein langes Wegstück der Straße, die den Beginn des Kaiserwegs nach Süden darstellte, konnte von der Plattform aus eingesehen werden, so dass mögliche Feinde frühzeitig identifiziert werden konnten. Die Bewohner der Stadt hatten an den Rändern der Plattform unglaubliche Mengen von Felsbrocken aufgetürmt, die im Falle eines Angriffes dazu genutzt wurden, Angreifer unter Stein- oder Schneelawinen zu begraben. Diese Verteidigungsmaßnahme wurde vor 120 Jahren das letzte Mal eingesetzt. Das Volk der Jorka, das seit undenklichen Zeiten die Bergdörfer heimsuchte und plünderte, wurde zu einem großen Teil unter den Lawinen begraben. Ein Junge im Alter von 14 Jahren, im gleichen Alter wie Fanir, entdeckte damals die auf der steilen Straße heranziehenden Jorka und löste die Lawinen aus. Seit dieser Zeit bewachen die Kinder die Straße – und erklimmen den Pfad. Aber auch fürchten sich die Einwohner des Dorfes immer noch davor, dass die Jorka eines Tages zurückkehren.
Fanir vertrieb die Gedanken an Stadt und Geschichte aus seinem Kopf und machte sich auf den Weg zum Trainingsgelände. Als Sohn eines Lords des Vandor-Geschlechtes hatte er kaum eine Wahl. Er musste pünktlich erscheinen oder hatte mit drakonischen Strafen zu rechnen. Aber Fanir wollte sich auch nicht verspäten. Er liebte das Training, insbesondere der Schwertkampf begeisterte ihn. Er nutzte jede freie Minute, um das im Training Gelernte zu verinnerlichen und sich zu verbessern. Das häufige Üben hatte dazu geführt, dass er für sein Alter bereits über große Kraft verfügte. Gepaart mit der Schnelligkeit und Gewandtheit, die alle Mitglieder seiner Familie auszeichnete, machte ihn dies bereits in seinen jungen Jahren zu einem ernstzunehmenden Kämpfer. Es führte jedoch dazu, dass nicht alle seiner Trainingspartner ihn liebten. Insbesondere Karor, der Sohn des Statthalters, der zwei Jahre älter als Fanir war, hasste ihn dafür, dass er aufgrund seines Fleißes so gut mit dem Schwert umgehen konnte. Fanir dachte darüber nach, wie es während des großen Erntefestes im letzten Jahr dazu gekommen war, dass Karor ihm als ewiger Feind erhalten bleiben würde.
Sieg gegen die Magie
Im Jahr 2027 nach der Annäherung gewann Dakaron sehr, sehr langsam und mit unglaublicher Mühe die Macht über seinen Geist zurück. Die Schmerzen waren unvorstellbar, auch wenn Sie nicht körperlicher Natur waren. Er blickte auf seine Hände und erschrak. Seine Haut hatte eine unnatürlich weiße, fahle Farbe, so dass er sich im nächsten Moment selbst fragte, ob er eine Leiche wäre. „Aber Tote spüren keinen Schmerz!“, dachte er. Der Schmerz war ein sicheres Zeichen, dass er noch lebte. Auch seine Fingernägel hatten sich verändert. Sie waren schwarz und deutlich länger als er sie in Erinnerung hatte. Sie sahen eher aus wie Krallen, die aus sehr kräftigen Händen und muskelbepackten Armen herausragten. Auch kam es ihm vor, als wenn er alles aus der Höhe sah, als wenn er auf einem kleinen Podest stehen würde. Er blickte auf den Boden, aber dort war keine Erhöhung. Er war gewachsen und sein Körper fühlte sich deutlich stärker an, als er es in Erinnerung hatte – und dies trotz der Schwächung durch die nicht nachlassenden Schmerzen.
Dakaron lauschte in seinen Körper, um zu fühlen, woher der Schmerz stammte. Dabei kam langsam eine Erinnerung in ihm hoch: Dies war schon einmal passiert. Er hatte, …. , er hatte …... seine magischen Fähigkeiten eingesetzt, um sich gegen etwas zu verteidigen. Und dann hatte diese Magie, die immer ein Teil von ihm gewesen war, ihn angegriffen. Ein heißer Ball war sein Rückenmark emporgeschnellt und in seinem Kopf explodiert. Er hatte sich gewehrt, aber erfolglos. Es kam ihm nun so vor, als wenn seine Gedanken damals in eine schwarze Kiste gesteckt worden wären, wo sie verstummten.
Nachdem dies passiert war, folgte eine Zeit, an die er sich kaum erinnerte. Er hatte nur wenige Augenblicke wahrgenommen und auch diese waren wie hinter einem Schleier in einer anderen Welt. Er war auf die Jagd gegangen, immer wieder. Er hatte wie ein magisch begabtes Tier lebende Wesen gefangen und gefressen, egal ob es Homuae, Tiere, große Ameisen oder auch vierbeinige Karruum waren. Er fuhr mit der Zunge über seine Zähne und stellte fest, dass sich auch diese verändert hatten. Was er fühlte, war ein Raubtiergebiss. Sein ganzer Körper hatte sich verändert. Dakaron schrie seine Wut in einem herzzerreißenden Schrei in die Welt. Mit der Wut kam das Verständnis, dass er sein Gefängnis und seine Knechtschaft verlassen hatte; aber er wusste nicht, wie dies geschehen war.
Mehr als die kurze Zeit, in der er eigenständig denken und sich als Wesen wahrnehmen konnte, wollte ihm die Magie nicht gewähren. Sie versuchte wie zuvor, seine Gedanken in den schwarzen Behälter zu sperren. Der Schmerz nahm zu und der Angriff der Magie begann. Diesmal war es keine heiße Explosion in seinem Kopf, sondern der Versuch eines Zusammendrückens seines Verstandes. Dakaron wehrte sich. Jede Faser seines Verstandes wehrte sich gegen den Druck und der Schmerz ließ ein wenig nach. Als er dies merkte, verstärkte er die Gegenwehr, wobei er jeden Muskel seines neugestalteten Körpers spannte und von Krämpfen geschüttelt wurde; aber er ließ in seinen Anstrengungen nicht nach. Sein Herz raste und er war sich nicht sicher, ob er diesen Kampf noch lange durchstehen könne.
Mit reiner Willenskraft drängte er in seiner Vorstellung den Angreifer aus seinem Körper in die gedachte Kiste, die eigentlich für ihn bestimmt war. Er schloss den nicht vorhandenen Deckel und in dem Moment war der Schmerz verschwunden.
Dakaron öffnete seine rot funkelnden Augen und blickte in den Himmel. Er lag noch immer zuckend und schwer atmend auf dem Boden. Langsam stand er auf und betrachtete seinen nackten, mit Muskeln bepackten, schlanken Körper und bemerkte erfreut, dass seine Haut die Bleichheit ablegte und schnell dunkler wurde! Er tastete mit seinen Gedanken und Gefühlen nach der Magie in sich. Sie war noch immer in ihm, stärker als je zuvor, aber nun ohne eigenen Willen. Dakaron lachte und ließ einen gleißenden Blitzstrahl auf einem Baum vor ihm explodieren. Dann wandte er sich in Richtung Norden.
Das Turnier
„Fanir – beeile Dich!“ Der alte Freund und Kampfgefährte seines Vaters, Lortir, mahnte ihn zur rechtzeitigen Vorbereitung auf den anstehenden Kampf. Fanir hatte im bisherigen Verlauf des Turnieres sein Glück bereits stark beansprucht. Mit diesem Glück hatte er bereits sieben der maximal zehn Kämpfe für sich entscheiden können. Nun standen nur noch drei Gefechte bis zur Meisterschaft aus. Der Herbst des Jahres 3216 n.d.A. war angebrochen und Fanir hatte sein dreizehntes Lebensjahr erreicht. Erst einmal zuvor war eine Dreizehnjährige soweit im Turnier vorgedrungen – und dies war seine Urgroßmutter gewesen, die sein großes Vorbild war. Fast alle anderen Teilnehmer des Turniers waren fünfzehn Jahre alt. Bis zu diesem Alter konnten die Kinder von Hornstadt an dem Turnier teilnehmen. Nach diesem Alter mussten die Kinder Aufgaben erfüllen, nach deren Bestehen sie in den Kreis der Erwachsenen – oder sogar der Krieger – aufgenommen wurden. Jungen und Mädchen kämpften bis zum Vorschlusskampf nur untereinander. Dann jedoch wurden die Paarungen gemischt.
Sein nächster Gegner war Karor, der sehr ungehalten war, als er erfahren hatte, dass Fanir für das Turnier zugelassen worden war. Karor war schon immer neidisch