Empört stemmt sie die Hände in ihre ausladende Hüfte. „Was willst du dann schon wieder hier?“
„Wir bräuchten Handtücher, und vielleicht ein Shirt für mich. Ich bin viel zu warm angezogen für eine tropische Insel.“
„Und wieso kommst du dann zu mir?“
Ich sehe zurück über den Strand und erblicke Chris, der in seinen enganliegenden Boxershorts an einer Palme gelehnt steht und auf das Meer blickt. „Weil hier keine Handtücher sind!“, erwidere ich. „Oder hast du hier welche versteckt?“
Roberta rollt mit den Augen. „Du brauchst keine Handtücher, du brauchst ein Buch!“, bestimmt sie und stapft den Flur entlang. „Bin gleich wieder da! Lass die Tür offen, sonst vergeht die Zeit nicht und du wartest ewig auf meine Rückkehr!“, ruft sie mir zu, während ihre Schritte sich entfernen.
Nach ein paar Minuten kehrt sie zurück und knallt mir einen Stapel Bücher in die Arme. „Hier! Und nun verbring Zeit mit deinem sexy Wolfsmann“, sagt sie und ihr Gesicht wird wieder weicher bei der Erwähnung von Chris.
„Danke“, sage ich und balanciere umständlich den Bücherstapel auf meinen Armen.
Sie umfasst die Klinke und will die Tür zuziehen, doch dann grinst sie breit und zeigt mit dem Finger auf mich. „Deine Wangen sind nicht allein von der Sonne so rot, du Schlingel“, sagt sie und wackelt mit dem Zeigefinger vor meiner Nase. „Kommst ganz nach deiner Tante Roberta!“ Sie kichert, sodass ihr üppiger Busen zu vibrieren scheint. „Der Zauber der Insel wirkt immer! Viel Spaß noch, ihr Süßen“, flötet sie und schließt die Tür hinter sich.
In mich hineingrinsend und mit noch roter werdenden Wangen kehre ich zu Chris zurück. Auf halbem Weg kommt er mir entgegen und nimmt mir die Bücher ab.
„Sie hatte keine Handtücher mehr und nun sollen wir uns nun mit Büchern abtrocknen?“, scherzt er.
„Nein, ich glaube, das meinte sie nicht. Offenbar steht in den Büchern, wie wir an Handtücher kommen.“
Wir gehen zu einer Gruppe von Palmen, die einen Bereich des Strandes in Schatten hüllen und setzen uns darunter. Der Sand pikst auf der nackten Haut und mein Pullover wird mir jetzt schon wieder zu warm. Pustend vor Hitze lege ich die Bücher vor uns auf den Boden und lese die Titel.
„Weiße Objektzauber, Elemente und Objekte, die Hilfe der Geistwesen, Tantra, Kamasutra.“
Chris lacht schon, bevor ich begriffen habe, welche Bücher meine Tante mir untergeschoben hat. Als auch ich endlich verstehe, stimme ich in sein Gelächter ein.
„Also, deine Tante gefällt mir“, sagt Chris und greift nach dem Kamasutra Buch.
Ich sehe ihm zu, wie er die Seiten durchblättert und zwischendurch immer wieder das Buch dreht und näher an sein Gesicht hält. „Du willst also jetzt neue Stellungen erlernen?“
Er sieht kurz auf, grinst und nickt. „Und du zauberst uns ein Handtuch herbei.“
Noch immer lächelnd schlage ich das erste Buch mit dem Titel „Weiße Objektzauber“ auf und lese die verschwommene Schrift auf dem gelblichen Pergament.
Nach ein paar Minuten legt Chris sein Buch zur Seite. „Sagte Roberta nicht, dass ihr königlichen Hexen auch anders lesen könnt?“, erinnert er mich.
Ich seufze und streiche über dicken Seiten. „Ja, schon... Aber ich weiß nicht, wie! Sie hat es nicht weiter erklärt.“
Chris rutscht näher zu mir heran und nimmt mir das Buch aus den Händen. Nachdem auch er ein paar Seiten durchgeblättert hat, gibt er es mir zurück. „Dir hat auch niemand gesagt, wie man Urdämonen tötet, oder wie man sich bei der Vollmondzeremonie verhält, oder wie man den Namen seines Schutztieres erfährt, und doch hast du es geschafft. Vielleicht tust du, wozu dein Instinkt dir rät“, schlägt er vor und sieht mich aufmunternd an.
Nachdenklich blicke ich auf die Wellen, die an den weißen Sandstrand spülen, während der Wind uns als laues Lüftchen über die Haut weht.
„Und außerdem, will ich auch so einen Pool“, ergänzt Chris und deutet auf das Meer. „In einem der Gästezimmer wäre noch Platz für so eine Insel.“
„Ach ja? Du hast also schon Pläne geschmiedet?“
Er nickt und fährt mit seiner Hand meinen Oberschenkel hinauf, während sein Gesicht einen verführerischen Ausdruck bekommt. „Oh ja... Die Sache, die du vorhin im Wasser mit mir gemacht, müssen wir unbedingt wiederholen... Immer wieder.“
Kapitel 9
Die schweren Bücher in meinen Händen wollen mir ihre Informationen nicht telepathisch übermitteln, so sehr ich mich auch auf sie konzentriere. Ich blättere mit dem Daumen am Schnitt entlang, doch außer einem lauen Lüftchen, strömt mir nichts entgegen.
„Vielleicht musst du dich mit den Elementen verbinden?“, versucht Chris mir zu helfen.
Offenbar kann es ja nicht so schwer sein, da Roberta davon ausgeht, dass ich selbst dahinterkomme, wie man auf magische Weise liest. „Wäre möglich. Ich versuche es mal.“
Ich lege das Buch mit dem Titel „Elemente und Objekte“ zur Seite und nehme das andere Buch hoch, während ich mich hinstelle. „Weiße Objektzauber“ steht auf dem Buchrücken. Mit hüftbreit auseinandergestellten Beinen suche ich Halt im weißen Sand. Die feinen Körnchen kratzen an meinen Fußsohlen, während ich mich mit dem Element Erde verbinde. Salzig warme Luft strömt in meine Lungen. Die pralle Sonne am Himmel, die auf meiner Haut brennt, repräsentiert das Element Feuer und das satte Rauschen und Platschen der Wellen wird immer lauter, je mehr ich mich auf das Element Wasser konzentriere. Alle Elemente sind schon um mich herum, was es viel einfacher macht, sich mit ihnen zu verbinden. Der Wind nimmt zu, die Sonne wird heißer, die Wellen lauter und der körnige Sand unter meinen Füßen beginnt zu vibrieren.
„Und was jetzt?“, frage ich und sehe zu Chris herab, der im Schneidersitz neben mir im Schatten sitzt.
Er zuckt mit den Schultern und streicht sich die zerzausten Haare aus der Stirn.
Ich schließe die Augen, während der warme Wind meinen halbnackten Körper streift und rufe die Geistwesen an. Doch diesmal mache ich es anders: Ich befehle ihnen nicht zu erscheinen, sondern frage sie gedanklich, ob ich beim magischen Lesen ihre Hilfe benötigen werde.
Kurz darauf ertönt ein leises Klingeln und ich öffne wieder die Augen. Dutzend surrende Elfen schwirren um mich herum und ich bedanke mich für ihr Kommen. Sie geben mir telepathisch zu verstehen, dass sie mich begrüßen und wissen, dass ich völlig ahnungslos bin. Sie senden mir Verständnis entgegen und versichern mir, dass sie gewillt sind, mir zu helfen.
Dann beginnen sie mich zu umkreisen. Ihre kleinen, leuchtenden Flugkörper umschwirren meinen Kopf, bis ich nur noch ihr warmes Leuchten sehen kann. Meine Hände mit dem Buch werden angehoben und tauchen in dem schwirrenden Kreis auf, der mich umhüllt. Der Buchdeckel fliegt offen und ich schließe instinktiv die Augen. Ich höre das Rascheln des alten Pergaments, spüre den Luftzug, den die kreisenden Elfen erzeugen und dann geschieht es plötzlich.
Mein Kopf wird durchströmt von Informationen. Sie prasseln auf mein Gehirn ein, wie Regen auf eine Sandburg. Für einen kurzen Moment wird mir schwindelig und mein Magen dreht sich, doch dann ist es auch schon vorbei.
Ich öffne wieder die Augen und sehe, dass die letzte Seite des Buches aufgeschlagen in meiner Hand liegt. Die kreisenden Elfen verlangsamen ihr Tempo und fliegen mit einer klingelnden Melodie davon.
Mit offenem Mund sehe ich Chris an, der mittlerweile neben mir steht und mich neugierig mustert.
„Hat es funktioniert?“, will er wissen und schaut den davonschwirrenden Elfen hinterher.
„Ich glaube schon“, antworte ich und nicke bedächtig.
Langsam und noch immer ein