WasserGeld. Gert Podszun. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gert Podszun
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753181509
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durch Ferdinand zuzustimmen. Entsprechende Zugangscodes wurden vereinbart.

      Die Kanzlei stand der regierenden Partei sehr nahe und gehörte auch wegen der Vernetzung mit vielen Unternehmen zu deren bedeutenden Ratgebern. Ferdinand Naschneiner war seit einigen Monaten Vorsitzender des MarketingClubs von Hannover. Auf diese Weise kannte er zusätzlich die wirtschaftliche Situation vieler Unternehmer ausführlich und durchschaute viele Interna auch von Unternehmen, an denen die Kanzlei nicht beteiligt war. Kenntnisse über diese Unternehmen gelangten auch in die Datenbank seines geschützten Netzwerkes, in welchem er Zugänge zu den Intranetzwerken der dort gespeicherten Organisationen und Institutionen hatte.

      Einen ersten Erfolg mit seinem Netzwerk erlebte er anlässlich einer Tagung der Oberbürgermeister aus allen Bundesländern. Dort gab es auch einen Stellenmarkt. Die Suche nach einem technisch kompetenten Mann für die Stadtwerke Rostock konnte aus dem Netzwerk bedient werden. Tanner konnte sich dort bewerben.

      4

      In der Oberstufe des Ernst-Barlach-Gym-nasiums unterrichtet Lehrer Otten in den Fächern Chemie und Geographie. Der Schwerpunkt der aktuellen Unterrichtsreihe lag in der Behandlung der Wasserproblematik global und zuletzt regional. Er begann mit einer provozierenden Behauptung:

      „Ich konfrontiere Sie mit einer Aussage: Das Jahr ist jetzt zu Ende!“

      „Aber es ist doch erst August!“

      „Richtig. Dennoch halte ich meine Aussage aufrecht.“

      „Wo ist der Haken?“

      „Im Fußabdruck der Menschheit.“

      „Was bedeutet das?“

      „Der WWF schlägt Alarm. Wenn die Ausbeutung unseres Planeten so weitergeht wie bisher, dann wird die Menschheit schon im Jahr 2035 die Ressourcen von zwei Planeten benötigen. Diese Tatsache nennt man den Fußabdruck der Menschheit.“

      „Über die Ausbeutung hat man schon viel gelesen. Ich habe gelesen, dass es auch einen Wasser-Fußabdruck gibt. Was bedeutet das?“

      „Das ist eine gute Überleitung zu unserem Thema, Wasser. Was wissen Sie über den Wasser-Fußabdruck?“

      „Das ist eine Rechengröße und meint quasi Virtuelles Wasser.“

      „Richtig. Ich werde noch einige Beispiele nennen. Doch zunächst soll der Begriff geklärt werden. Der Wasser-Fuß-Abdruck bezeichnet die gesamte Wassermenge, die benötigt wird, bis ein bestimmtes Produkt beim Verbraucher ankommt. Das umfasst die ganze Produktionskette. Das beginnt zum Beispiel mit der Wassermenge, die benötigt wird, um die Futterpflanzen zu bewässern, die für Tierprodukte anfallen. Die dänische Umweltorganisation Water Footprint Network weist nach, dass besonders der Anbau von Reis, Kaffee und Baumwolle wie auch die Tierzucht extrem viel Wasser verbrauchen.

      Ein paar Beispiel habe ich mitgebracht und gehe davon aus, dass Sie für die nächste Unterrichtseinheit weitere Beispiele beisteuern. Zum Beispiel Reis. Bei der Art des Anbaus im Sumpf oder im flachen Wasser leuchtet ein, dass viel Wasser verbraucht wird. Es sind etwa 1700 Liter für eine Packung mit 500 Gramm. Viele von Ihnen tragen ja T-Shirts. Nehmen wir an, dass sie aus Baumwolle sind, dann kommt man auf einen Verbrauch von etwa 2000 Liter pro T-Shirt. Für eine Jeans kommt man auf 6000 Liter. Diese Zahlen sollen Sie auf das bevorstehende Thema vorbereiten. Es gibt noch weiter reichende Themen rund um das Wasser. Wir werden uns um die Wasserversorgung insgesamt kümmern, diejenigen Einflussgrößen studieren, die zur Qualitätssicherung dienen und auch eine praktische Seite beleuchten, indem wir die örtlichen Wasserwerke besuchen werden.“

      5

      Ferdinand legte sein Mobiltelefon enttäuscht neben sich. Henriette hatte wieder einmal nicht viel Zeit, mit ihm zu sprechen. Er hatte erneut versucht, sie dazu zu bewegen, dass sie sich treffen. Sie lehnte sein Ansinnen ab und verwies wieder einmal auf die Familie.

      „Die Familie will nicht, dass ich alleine eine Reise antrete. Mein Mann ist außerdem sehr eifersüchtig.“

      Ferdinand fühlte sich äußerst verletzt. Seine Sehnsucht würde sich nicht erfüllen. Er würde alleine bleiben. Wenn ich schon alleine sein werde, dann möchte ich etwas Großes, etwas Größeres erreichen. Ich will Macht, richtige Macht. Nicht als Galionsfigur, sondern als Beobachter aus dem Hintergrund. So werde ich mich verwirklichen! Vater hat ja seine Lust darin gefunden, Macht auszuüben, sonst wäre unsere, meine Holding, heute nicht so stark.

      Er lehnte sich in seinem Chefsessel zurück, legte beide Hände auf seinen Bauch, schloss seine Augen und schaute in sich. Mein Leben muss ich mir selbst deuten. Mutter war mehr an den Geschäften der Firma interessiert als an den Kindern. Henriette ist für mich unerreichbar. Meine Frau Elisabeth, ehemalig Frau Schuch, ist lieb, aber nicht meine Liebe. Sie sorgt für die Familie. Sie ist da. Einfach da. Sie hat Marie mitgebracht. Marie wird in eine Machtposition hineinwachsen. Sie hat das Talent dazu. Ich werde für ihren Weg sorgen. Corinna ist anders. Sie liebt diese französische Welt. Das verstehe ich. Ich werde sie in der Nähe von Henriette parken, ja parken. Die Kinder werden mich begleiten, unwissend begleiten, wenn ich meine Pläne verwirkliche. Ich will, dass Henriette an mich denkt, viel an mich denkt. Unser Sohn heißt Jacques. Ich werde ihn wahrscheinlich nicht kennenlernen, aber er wird mich kennenlernen. Indirekt.

      In dem leichten Dämmerzustand träumte er sich zurück nach Assinie und die schöne Urlaubslandschaft von damals. Damals hatte er nicht auf die Wasserversorgung geachtet, weil ihn das nicht interessiert hatte. Dennoch hatte er in Erinnerung, dass die Preise für Flaschenwasser recht hoch waren. Einen ersichtlichen Grund für ihn gab es damals nicht.

      Ferdinand mochte sein Lächeln, obwohl er es nicht sehen konnte. Er war entschlossen, sein Können und sein Wollen in den Dienst seiner zu entwickelnden Macht zu stellen. Wenn ich meine Liebe schon nicht verwirklichen kann, werde ich meine Macht verwirklichen. Das werde ich sein: Ein Mächtiger, einer, der Dinge bewegt, ohne dass man weiß, warum sich die Dinge bewegen. Ich nehme die Enttäuschung an. Sie ist nicht mehr Einschränkung meiner Freiheit. Macht liegt vor mir.

      Ferdinand wählte mit seinem abgeschirmten Mobiltelefon eine gespeicherte Nummer.

      „Man braucht eine Liste der wichtigsten Trends, vornehmlich diejenigen, die zu möglichen gesellschaftlichen Verwerfungen führen können oder werden.“

      Sein Gesprächspartner meldete baldigen Vollzug. Er wusste, wer Man war. Schließlich hatte der Gesprächspartner sein Unternehmen gerettet.

      Ferdinand beschäftigte sich regelmäßig mit aktuellen Trends in Politik und Wirtschaft. Dazu nutzte er auch seine mittlerweile mächtige Suchmaschine mit den verbundenen Datenbanken, die er seit seiner Schulzeit aufgebaut und immer wieder erweitert hatte.

      Aktuell bewegte ihn ein Artikel der Deutschen Wirtschaftsnachrichten: „Knallhart: EU treibt Privatisierung des Wassers in Europa voran.“

      Er las:

      „Zuerst kommt der Bailout, dann der Ausverkauf der Existenzgrundlagen: Die EU treibt in den Schuldenstaaten die Privatisierung der Wasserbetriebe voran. In Portugal ist das Wasser seither 400% teurer und ungenießbar. Auch in Deutschland sind erste Bestrebungen in diese Richtung zu erkennen.“

      Zusätzlich beschäftigte er sich mit dem Umstand, dass in vielen Gegenden das Grundwasser durch die Landwirtschaft und die dortigen Düngungsmethoden bedroht ist. Der größte Teil des Trinkwassers wird aus Grundwasserquellen gewonnen. Durch Düngemittel gelangen Stickstoffverbindungen ins Grundwasser. In diesen Verbindungen kommt Nitrat vor. Hohe Nitratkonzentrationen sind gesundheitsschädlich. Es gibt Regionen, in denen die Grundwasserversorgung wegen dieser Konzentrationen eingestellt wurde.

      Er kümmerte sich um Versorgungsfragen mit Trinkwasser und fand weitere Hinweise aus dem Hause der Deutschen Presse Agentur:

      „Leitungswasser ist das sauberste Lebensmittel Deutschlands. Ein wichtiger Parameter stellt sein Nitratgehalt