WasserGeld. Gert Podszun. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gert Podszun
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753181509
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noch vor Ort.

      Dietrich Horst, ein gewissenhafter Mitarbeiter der CleanObjekt GmbH, fühlte sich als Leiter der neu gegründeten Niederlassung in Hannover für die weitere Expansion der Firma mit verantwortlich. Um das Geschäft, welches er selbst von der Pike an gelernt hatte, in seiner neuen Funktion als Niederlassungsleiter mit hoher Qualität in Schwung zu bringen, hatte er sich entschlossen, selbst eine Reinigungstour mitzumachen. Er prüfte seine Dienstkleidung auf guten Sitz und Sauberkeit.

      „Reinlichkeit ist unser Beruf!“ lautete sein Credo.

      Er begleitete seine Mitarbeiterinnen zu einem Reinigungsauftrag bei dem neuen Kunden. Sie erreichten die Raststätte "Vorm Wietzenbruch" bevor sie offiziell geöffnet hatte, meldeten sich bei der Geschäftsleitung an und nahmen ihre Arbeit auf. Horst hatte eine gute Stunde eingeplant.

      Der Rastplatz befindet sich in einer waldreichen Landschaft. Hinter dem Raststättengebäude bietet ein Parkplatz Flächen für ein Dutzend Fahrzeuge. Nach der Reinigung des Gastraumes setzte eine Mitarbeiterin ihre Arbeit im Toilettenbereich fort. Wenige Minuten später rief sie um Unterstützung.

      „Ich komme hier nicht weiter. Diese verdammte Tür ist verriegelt. Da meldet sich auch niemand. Offenbar ist jemand drin oder schläft. Man hört gar nichts. Können Sie einmal kommen?“

      Die Kollegin war schnell zur Stelle und schaute die Tür an.

      „Lass mich mal sehen.“

      Sie bückte sich und erkannte ein paar dunkelbraune Schuhe, wahrscheinlich Herrenschuhe.

      „Du hast recht. Hallo! Hallo! Ist da jemand? Der antwortet nicht! Da stimmt was nicht.“

      Sie rief erneut und bekam wieder keine Antwort. Ihr Rütteln an der Tür half auch nicht.

      „Das geht nicht. Hier stimmt was nicht.“

      Kurz entschlossen nahm sie den Spezialschlüssel zur Hand und drehte das Schloss auf.

      „Mein Gott, was ist das? Der Mann, der Mann ist tot!“

      Horst hörte helle schrille Aufschreie und eilte sofort in den Toilettenbereich. Er erfasste die Lage, blickte den Mann einen kurzen Moment erstarrt an.

      „Man hat ihn erwürgt. Grausam!“

      Er versuchte, seinen Schock zu überwinden, senkte seine Stimme.

      „Bitte, fassen Sie nichts an, wir müssen das Schlimmste befürchten.“

      Auf der Toilette saß schräg nach hinten geneigt ein Mann. Komplett angezogen. Sein Oberkörper war so nach hinten geneigt, dass er eigentlich hätte herunterrutschen müssen. Horst entdeckte den Grund, warum er noch saß. Um seinen Hals war ein dünner Draht gespannt, der hinter der Wasserleitung verknotet oder verwirbelt war.

      „Wer macht denn so etwas! Das ist ja pervers!“

      Horst schob die beiden Frauen vorsichtig von der geöffneten Tür weg. Einen kurzen Moment schauten sie zusammen starr auf den Körper des toten Mannes. Horst griff zu seinem Mobiltelefon und rief die Polizei an:

      „Wir haben hier einen toten Mann gefunden. Der ist ermordet worden. Sie müssen sofort hierher- kommen.“

      Er meldete den Standort und erhielt die Bestätigung, dass umgehend eine Streife eintreffen würde. Horst wies seine Mitarbeiterinnen an:

      „Wir können hier nicht weiterarbeiten. Wir warten auf die Polizei. Ich informiere den Chef.“

      Der Streifenwagen der Polizei fuhr nach wenigen Minuten auf den Parkplatz der Ratsstätte. Horst begleitete die Beamten in den Toilettenbereich.

      “Das ist kein Unfall! Der ist ja mit Draht an der Wasserleitung angebunden. Das ist Totschlag oder Mord. Wir müssen die Mordkommission einschalten. Der Bereich wird gesperrt.“

      Der Geschäftsführer der Raststätte war inzwischen zum Tatort geeilt.

      „So ein Mist! Das ist eine Katastrophe für meine Kunden. Wenn sich das herumspricht!“

      Mit seiner Unterstützung wurde der Zugang zu dem Tatort versperrt.

      Herter betrat mit seinem Kollegen den Tatort.

      „Herzinfarkt oder Altersschwäche scheinen als Ursache für seine Tod auszuscheiden. Er kann sich ja nicht selbst mit dem Draht an die Wasserleitung gebunden haben. Ich sehe keine Wunde, keine Abschürfung, keine Verletzung. Gift? Wir können hier nicht viel ausrichten. Die Spurensicherung muss her. Der Mann gehört in die Pathologie.“

      Herter schaute sich die Mitarbeiter der Reinigungsfirma an. Er hielt sie für harmlos. Die werden keinen Grund haben, einen wildfremden Menschen umzubringen. Er ließ sich den Dreikant zeigen, mit dem die Toilettentür von außen geöffnet wurde.

      „Gehört das zu ihrer Arbeitsausrüstung?“

      Horst bestätigte diese Vermutung.

      „Die Schlüssel sind alle gekennzeichnet und gelistet, damit kein Schindluder damit getrieben werden kann.“

      „Wir brauchen noch ihre Namen und Adressen und die Daten der Firma, falls wir später noch Fragen an Sie haben. Sie können dann nach Hause fahren. Danke, dass Sie so lange gewartet haben. Die Zulassungsdaten ihres Fahrzeuges benötigen wir auch noch.“

      „Das ist doch selbstverständlich.“

      Horst fuhr mit den Kolleginnen nach Hannover zurück.

      Herter begutachtete den Tatort. Sein Kollege widmete sich dem Draht, mit dem der Tote festgebunden war.

      „Was ist das für ein Draht? Der hat ja so komische Schleifen oder Ringe?“

      „Wenn ich nicht irre ist das eine Garrotte. Die wird viel von Legionären genutzt. Eine lautlose Waffe im Nahkampf.“

      „Der Mann ist nicht mit dieser Garrotte erdrosselt worden. Ich sehe keine Würgemale. Keine Spur!“

      „Stimmt. Das sehe ich genauso. Da werden die Spurensicherung und die Pathologie viel zu tun haben.“

      „Die Kollegen von der Spurensicherung werden bald da sein.“

      „Wir bleiben hier und warten. Wer weiß, wo der Täter steckt.“

      3

      Schon als Schüler orientierte sich Ferdinand an den Reichen, den Wohlhabenden, auch am Adel. Seine Familie gehörte zu dem erlesenen Kreis der sogenannten Oberschicht. Seit einigen Generationen war der Name Naschneiner in der besseren Gesellschaft nicht nur bekannt, sondern diente denen, die mit der Familie Kontakt hatten, in verschiedener Hinsicht.

      Ferdinand war ein mittelmäßiger Schüler. Er verstand es mit einem fast schon diplomatischen Stil, bei seinen Mitschülern Unterstützung zu finden, um seine Hausaufgaben leichter erledigen zu können oder Referate vorzubereiten. Viele seiner Mitschüler nutzten die Hilfe ihrer Mütter, aber Ferdinands Mutter fand keinen Zugang zu den Schulproblemen. Sie kümmerte sich lieber darum, ihren Mann bei seinen gesellschaftlichen Verpflichtungen zu begleiten und zu unterstützen.

      Sie hatte Ferdinand angeboten, einen Nachhilfelehrer zu engagieren, so wie bei seiner Schwester. Ferdinand hatte das nicht angenommen und fühlte sich in der Nähe seiner Mutter immer weniger wohl. Bis zu seinem Studium hatte er dadurch zu seinen Mitschülerinnen und Kommilitoninnen der ersten Semester eher einen kritischen Abstand. Er konzentrierte sich tüchtig auf das Lernen und seine Zukunft. Die sollte aufregender und spannender sein als seine bisherige durch Tradition geprägte Entwicklung in der Familie.

      Ihm schwebte vor, einmal ganz reich und mächtig zu sein. Mächtiger als sein Vater oder sein Großvater. Er hatte die Redewendung Wissen ist Macht für sich besonders interpretiert. Er war davon überzeugt, dass es für sein Leben wichtig sein würde, so viele Informationen für sich verfügbar zu machen, wie nur möglich. Seit seiner Schulzeit sammelte er unentwegt Daten von allen Menschen und Unternehmen, die er kennengelernt hatte. Von seinem Vater und seinem Großvater