Diese netten Gesten waren aber nicht der Ausschlag für die Zuneigung, die ihre Eltern für Dominik entwickelten. Die waren in ihrer Meinungsbildung unbestechlich und nur an dem Charakter der Person Dominik interessiert, der ihnen von Grund auf gefiel.
Das Band der Zusammengehörigkeit, welches Brigitte und Dominik um sich knüpften, schlang sich enger und enger. Seit dem Besuch bei den Eltern, dann auch mit deren gutem Segen und ihrem Einverständnis. Auf die positive Reaktion der Eltern hin und deshalb, weil sich Brigitte und Dominik gefühlsmäßig immer näher zueinander bewegten, ging er den nächsten Schritt ein. Er erachtete binnen Kurzem die Zeit für reif, Brigitte sein Heim vorzuführen, das sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte. Dominik lud sein Mädchen zum Abendessen in sein, wie er es selbst genannt hatte, bescheidenes Häuschen ein.
Es dauerte somit verhältnismäßig lange, bis er Brigitte mit in sein Domizil nahm und es ihr offenbarte. Darauf konnte sie sich keinen konkreten Reim machen, denn es fiel Brigitte schon auf, dass Dominik sie absichtlich von seinem Wohnsitz fernhielt. Als mögliche Erklärung dafür kam ihr nur in den Sinn, dass in seinen vier Wänden das übliche Junggesellenchaos tobte und er sie vor diesem Anblick bewahren wollte. Doch dann war es endlich soweit und Brigitte war mächtig gespannt wie Dominik wohl lebte.
Der Walmdachbungalow, zu dem sie fuhren, befand sich außerhalb von Nizza. Brigitte war ungehalten vor Begeisterung, als sie das Gebäude von außen sah. Er untertrieb einmal mehr mit seiner Beschreibung. Ohne es von innen zu kennen, war für Brigitte klar, dass dieser Bungalow sicherlich eine echte Konkurrenz zu jedem Haus eines führenden Angestellten in irgendeinem Großkonzern darstellte, wie zum Beispiel dem ihres obersten Chefs bei der Versicherung.
Beim Betreten der Räumlichkeiten drückte sich das Erstaunen Brigittes durch ein spontanes, lautes und lang gezogenes „Heee“ aus. Mehr fiel ihr zu dem, was sich da ihren Augen bot, nicht ein. So etwas hatte Brigitte zuvor noch nie persönlich gesehen. Die ersten Eindrücke überwältigten sie total. Dominiks „Häuschen“, präsentierte sich alles andere als bescheiden. Das war keines der üblichen Reihenhäuser, wie Brigitte es sich nach seinen herunterspielenden Worten ungefähr ausmalte.
Umgeben von einer parkähnlichen Anlage aus Laubbäumen und Tannen, drang in das Innere des Bungalows im höchsten Falle Vogelgezwitscher als Umweltgeräusch ein. Es war unglaublich still und gemütlich und die Räume weitläufig. Von dem Stadtlärm, wie Brigitte ihn gewohnt war, konnte sie gar nichts hören.
Der Fußboden war überall, wo man sich üblicher Weise bewegte, mit dicken, weichen Teppichen ausgelegt, die teuer aussahen, wie auch alles Übrige in dem Haus edel wirkten. Die geschmackvolle Ausstattung der Räume, die sich groß und hell zeigten, waren sicherlich mit einem erheblichen finanziellen Aufwand eingerichtet worden. Weit und breit kein Durcheinander, wie man es bei einem Junggesellenhaushalt erwartete. Es war ringsumher sauber und aufgeräumt, keine Unordnung oder auch nur ein Putzstreifen an den Fenstern. Die Möbel, Schränke und Sitzgelegenheiten waren erstklassig ausgewählt und zusammen mit den Tapeten und Bodenbelägen exquisit aufeinander abgestimmt.
Das kombinierte, prunkvoll eingerichtete Wohn- und Esszimmer wurde von einer einzigen durchgehenden Fensterfront begrenzt. Diese ließ sich, in der Mitte geteilt, zur Seite schieben, wodurch man an warmen Tagen quasi im Freien sitzen konnte. Anschließend an die Glasfront begann ein, mit rustikalen Platten gefliester Streifen, der als Terrasse diente, wo man vorzüglich die Sommerabende ausklingen lassen konnte.
Danach erstreckte sich ein schöner, gleichmäßig grüner Rasen, wie aus einem Gartenlehrbuch. Dieser wiederum war mit dichten Hecken und Sträuchern umsäumt, die keinen Schluss darüber zuließen, was sich dahinter verbarg. Brigitte erfragte es, und mit einer weit ausholenden Bewegung erklärte Dominik: „Wald, Wald, Wald“
Ein annähernd vergleichbares Haus hatte Brigitte noch nie gesehen. Im Kino vielleicht, in einem Hollywoodfilm sah sie schon solche Anwesen. Aber persönlich unmittelbar in so einem Traumhaus zu stehen, blieb ihr bis dahin vergönnt. Brigitte war nur die kleine Mietwohnung ihrer Eltern gewohnt, wie solche auch ihre Verwandten und Bekannten bewohnten. Brigitte staunte nur noch angesichts der Großzügigkeit der Räume, der Weite des Grundstücks und der inneren Ausstattung. Alleine der, sich an die Küche anschließende Vorratsraum, hatte die Ausmaße ihres Jugendzimmers zu Hause.
Brigitte wunderte sich über nichts mehr. So erstaunte es sie keinesfalls, als Dominik ihr mit einem gewissen Maß an Stolz erklärte, die Rasenfläche vor ihr sei ein echter Englischer Rasen. Wenn sie mit dieser Bezeichnung auch sehr wenig anfangen konnte. Dominik gestand ihr, dass er für diesen Rasen sowie natürlich auch für den Rest des Gartens extra einen Gärtner beschäftigte.
Welch ein ungeheures Glück Brigitte zuteil wurde, als sie Dominik kennen lernte, verdeutlichte ihr endgültig an jenem Nachmittag dieses Anwesen. Zeitweise befürchtete sie, das alles nur zu träumen. Das Haus mit allem Drum und Dran, hätte in ihrer Phantasie nicht schöner sein können. Aber es war absolute Wirklichkeit, es gehörte Dominik und sie befand sich hellwach mittendrin mit der Aussicht, hier irgendwann leben zu dürfen.
Als Brigitte so auf dieser Terrasse stand und in den Garten schaute, das noble Wohnzimmer im Rücken, realisierte sie zum ersten Mal bewusst, welch ein Glückstreffer Dominik materiell gesehen war. Mit all seinen überragenden menschlichen Wesenszügen, die er trotz seines Erfolges nicht verloren hatte, wurde er zum echten Hauptgewinn.
Brigittes Liebe zu Dominik, zu dem Mann, der sich das, was sie da vor sich hatte leisten konnte, sich all seine Reichtümer sogar mit den eigenen Händen aufbaute, stieg unaufhörlich. Sie betete ihn an, vergötterte ihn und hielt Dominik für den tollsten Mann auf Gottes Erdboden. Oder schlummerte in Brigitte nur die Hoffnung Dominiks Frau zu werden, gesellschaftlich aufzusteigen und sich somit einen solchen Luxus und Lebenswandel leisten zu können?
Ein Verwirrspiel der Gefühle setzte ein, bei dem Brigitte die Kontrolle und den Bezug zur Realität verlor. Es schien einfach wie im Märchen: Armes Mädchen trifft Prinz. Aber dieses Märchen war ihre Geschichte und Brigitte spielte die Hauptrolle.
Brigittes Eltern schnitten bald immer öfter das Thema Hochzeit in Verbindung mit Dominik an. Sie hatten ihn kennen- und schätzen gelernt und hörten von ihrer Tochter immer nur sehr positive Dinge über ihn. Dadurch verstärkte sich ihre Meinung permanent, dass Dominik der richtige Mann für Brigitte sei.
Beide redeten mehr oder weniger auf Brigitte ein, beschworen sie regelrecht, dass das Schicksal es mehr als gut mit ihr gemeint hatte, als es ihr Dominik bescherte. Er sei doch nett, ehrlich, sähe gut aus, war liebenswert und obendrein wohlhabend, beschwatzten sie Brigitte unaufhörlich, wenn sie bei ihrem Lieblingsthema waren. Sie ließen bei der Darstellung von Dominik keinen Superlativ aus und hoben seine Vorzüge ständig hervor. Ihre Eltern fragten, was sie denn noch wolle oder erwarte. Brigitte solle doch nach dieser riesigen Chance fassen, so lange sie noch greifbar wäre.
Jedes Mal, wenn Brigitte ihnen Neuigkeiten von Dominik erzählte, von seinem Lebenswandel berichtete oder ein neues Geschenk von ihm präsentierte, betonten die Eltern, dass sie das alles für Immer haben könnte. Vorrangig ihre Mutter unterstrich das bei jeder passenden Gelegenheit. Lediglich heiraten müsste Brigitte Dominik dafür, um diesen Lebensstil zu erlangen. Das sei doch nun wirklich kein Opfer, oder schwer zu bewerkstelligen, fügte sie gerne hinzu.
Brigittes Eltern waren damals schon im gesetzten Alter. Sie wollten ihre Tochter gut versorgt wissen. Und natürlich wünschten sie sich, dass es ihrer Brigitte einmal besser erginge, als ihnen selbst. Denn als sie heirateten, besaßen sie beide gerade mal genug Bargeld, um die Hochzeitsfeier auszurichten. Es gab niemand, der sie hätte unterstützen können, verdeutlichten sie ihrer Tochter gerne ihre damalige Situation.
Als ihre Eltern die Ehe schlossen, kündigte sich schon der schlimme Krieg an und es herrschten deshalb furchtbar schlechte Zeiten. Bei ihrer ersten Wohnungseinrichtung, eine der billigsten die sie finden konnten, waren sie gezwungen gewesen, auf Kredit zu kaufen. Dann kam der Krieg mit all seinem Elend. Die junge Familie musste um die blanke Existenz kämpfen. Schon das Herbeischaffen von Lebensmitteln wurde zum