Stachel im Fleisch. Rolf Dermietzel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Dermietzel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753180274
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       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Buch IV - Reise nach Gödöllö

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10 Ende

       Dank

      ****

      Das Buch: Dieser Roman ist eine Erzählung über den Tod, die Liebe und die Vergänglichkeit. Aufgebaut aus vier Teilen, deren einzelne Kapitel sich wie Mosaiksteine zu einem ausdrucksstarken Gemälde einer faustischen Lebensreise zusammenfügen. Der Anatom und Wissenschaftler Paul Dehmel stolpert wie Don Quichotte durchs Leben. Kaum dem Sektionssaal entronnen (Buch I), fällt ihn sein Alltagsleben an, mit einer großen Liebe (Buch II), die unerfüllt bleibt, einer Reise, die in einem Desaster endet, und Erinnerungen, die ihn nicht zur Ruhe kommen lassen (Buch III und Buch IV). Seine Odyssee, die eine Hälfte des letzten Jahrhunderts umfasst, ist in einer poetischen Sprache geschrieben, die den Leser zum Lachen und zum Weinen bringt. Das paulinische Dilemma vom >Stachel im Fleisch< wird auf eindrucksvolle Weise variiert.

      Der Autor: Rolf Dermietzel, geboren 1943 in Wittenberg, arbeitete als Professor an verschiedenen deutschen (Essen, Regensburg, Bochum) und ausländischen Universitäten, unter anderem am California Institute of Technology (Pasadena) und am Albert Einstein College of Medicine (New York). Neben zahlreichen Fachpublikationen sind von ihm Aufsätze und Gedichte in verschiedenen Sammelbänden und Anthologien erschienen.

      Das Manuskript: Die Erstauflage erschien im Jahr 2000 im Bochumer Universitätsverlag. Die Zweitauflage im Jahr 2001, ebenda. Die hier vorliegende dritte Auflage ist eine überarbeitete Fassung des ursprünglichen Manuskriptes. Wesentlich Änderungen wurden im Rahmen der digitalen Präsentation vorgenommen, in der das Konzept der thematischen Aufteilung in vier Bücher verwirklicht wurde. Die Form des eBooks erlaubte darüber hinaus Querverweise einzufügen, die durch die Einbindung der globalen Enzyklopädien wie >Wikipedia<, >Google Earth< und Youtube< für den Lesenden eine audiovisuelle Metaebene erschaffen (AVeBook), in der sowohl optische als auch akustische Elemente eine eindrucksvolle Erweiterung der Leseerfahrung ermöglichen. Da auf den verschiedenen Plattformen Aktualisierungen der digitalen Einträge vorgenommen werden, kann die inhaltliche Wiedergabe über die Zeit unterschiedlich sein oder es können Leer-Links auftreten. Eine Haftung für die Inhalte der Links kann im Rahmen der Publikation nicht übernommen werden, da wir sie uns nicht zu eigen machen, sondern nur auf den Stand zum Zeitpunkt der Publikation hinweisen. Um die jeweiligen Plattformen aufrufen zu können, sollten die Apps von Wikipedia, Google-Earth (Google-Map) und YouTube installiert sein.

      ****

      Ich traf Paul D. bei meinem ersten Besuch im Aufenthaltsraum der offenen Station der Psychiatrischen Klinik. An mich war die Bitte herangetragen worden, ein Gutachten über ihn zu erstellen. Offenbar sollte seine Schuldfähigkeit festgestellt werden, da im Verlauf der Untersuchungen Unstimmigkeiten aufgetreten waren, die sich auch nach mehrmaliger Befragung seiner Person nicht abklären ließen. So fand man zum Beispiel die Eingangstür im Bereich der Morgue (franz. Leichenschauhaus) verschlossen, obwohl Paul D. behauptet hatte, gemeinsam mit Ana S. den Raum betreten zu haben. Die Stationsschwester zeigte mir einen Mann, der in ein Buch vertieft zu sein schien. Durch die Glastür, die den Raum vom Flur abtrennte, konnte ich ihn für eine Weile beobachten. Er trug gewöhnliche Straßenkleidung und war erheblich kleiner, als ich erwartet hatte. Das Auffälligste an ihm war ein unbestimmtes Lächeln, das sich auch nicht beim Umblättern der Seiten veränderte. Die sich in Paul Dehmels Gesicht widerspiegelnde naive Ungläubigkeit, schien aus einer anderen biographischen Epoche seiner Person zu stammen und stand in merkwürdigem Gegensatz zu seiner Physiognomie, die auf einen eher ernsthaften Menschen schließen ließ. Vielleicht lag es auch an dem Buch, das er gerade las, und dessen Titel ich nicht erkennen konnte. Er trug einen kurz geschnittenen Vollbart, in den sich von den Schläfen her graue Strähnen einflochten. Die etwas buschigen Augenbrauen konvergierten zu einem umgekehrten >V<, über dem eine hohe Stirn dominierte, die noch durch einen lichten Haaransatz betont wurde. Seine Hautfarbe war blass, was sicherlich auf den Krankenhausaufenthalt zurückzuführen war. Als ich eintrat, hob er den Kopf. Sein Blick fiel auf mich wie Streulicht, das durch ein verschmutztes Fenster fällt. Es gelang mir nicht, seinen Blick zu fixieren, obwohl er mir nicht auszuweichen schien. Vollends erstaunte ich, als er mich in einer formalistischen, höflichen Sprache anredete, die auf den ersten Blick keinen Bezug zur Realität erkennen ließ. Das klang dann ungefähr so: »Ich bitte vielmals um Verzeihung, mich nicht auf Sie vorbereitet zu haben. Auch bedarf es einer langen Reise, um hier anzukommen. Im Allgemeinen ist meine Befindlichkeit gut. Das Buch in meinen Händen dient nicht nur der Erbauung, sondern auch dem Erkennen. Von dem genieße ich hier Außerordentliches.« Dann wurden plötzlich die überdrehten Redewendungen von Kaskaden nicht zusammenhängender Satzfetzen unterbrochen, die wie ein Schneegestöber auf mich niederrieselten. Im Verlauf meiner Literaturrecherchen zum Gutachten über Paul D. stieß ich auf den Krankheitsbegriff der >Schizophasie<. Hierbei handelt es sich um ein Krankheitsbild, das sich bei sensiblen Menschen aufgrund einer Reihe von Schicksalsschlägen entwickeln kann, und bei dem sich eine Art sprachliches Nirwana ausbildet, hinter das sich die Betroffenen zurückzuziehen scheinen, um sich vor der Realität zu schützen. Nach Monaten zähen Bemühens machte ich den ersten Versuch, mein Gutachten zu formulieren, um Paul D. darin Schuldunfähigkeit zuzugestehen. Ich hatte einige Seiten zu Papier gebracht. Müde von der Schreibarbeit und dem Nachdenken über seine Person schaltete ich den Fernseher ein. Wieder einmal zogen die Bilder der Marktplätze vorbei mit den