Urlaubsflirts und wilde Küsse. Jennifer Sommer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jennifer Sommer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742786586
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so", lächelt sie ihn an, sichert uns so eine Premiumbehandlung für den Rest des Abends.

      Wir stoßen an.

      "Auf alte Freundinnen und neue Männer!", sagt Annika, sieht mir in die Augen, leert ihr Glas dann zur Hälfte und sieht sich um.

      "Und, schon was für dich dabei?", fragt sie, und ich sehe mich um. Die Männer hier sind größtenteils jünger als ich, und einige sehen wirklich nicht schlecht aus. Aber irgendwie ist keiner dabei, von dem ich denke "Wow, der ist es!" Also mache ich eine abwägende Geste mit meiner Hand. "Ich weiß noch nicht."

      "Dann werden wir gleich etwas aufreißen!"

      "Du etwa auch?", frage ich, beuge mich herüber zu ihr. "Hast du nicht noch Christian?"

      Sie schmunzelt. "Doch, natürlich habe ich Christian. Ich mache ja auch gar nichts Böses."

      Sie steht auf, nimmt ihr Glas, und tanzt auf eine Gruppe von Männern zu, die Anzüge tragen und Whiskeygläser in der Hand halten. Kaum angekommen, hat sie schon die Aufmerksamkeit der Kerle sicher, wickelt sie gekonnt um den Finger, und ich stehe verschämt an unserem Tisch, beobachte sie. Mit einem Finger deutet sie in meine Richtung, und im nächsten Moment löst sich einer der Männer aus der Gruppe, kommt auf mich zu, knipst sein Lächeln an. Er ist groß, bestimmt 1,90 Meter, trägt einen dunkelblauen Anzug und ein schwarzes Hemd ohne Krawatte, und sein Gesicht ist glatt rasiert.

      "Hallo, du bist also Jessica?", fragt er, stützt sich mit dem Ellbogen auf den Tisch, sieht mich an. "Freut mich, ich bin Achim!"

      Ich sehe ihn an. Aus ein paar Metern Entfernung sah Achim - wer heißt denn heute noch Achim? - gar nicht mal schlecht aus, aber jetzt sehe ich, dass er ziemlich betrunken ist, Schweiß auf der Stirn, rote Augen, und er lallt.

      "Freut mich", sage ich, und es ist eine Lüge, aber ich zwinge mich, zu lächeln. Werfe dafür Annika einen bösen Blick zu, die immer noch bei den anderen Typen steht, übertrieben mit den Schultern zuckt als wollte sie sagen "Ups, da kann ich nichts für". Ich leere mein Glas, höre mir an, was für ein toller Hecht Achim doch ist, und lasse mir noch einen zweiten, dritten und vierten Hugo von ihm ausgeben.

      Irgendwann grinst er mich an, fragt: "Und, wo landen wir zwei Hübschen jetzt noch?", und ich starre ihn an, verstehe erst nicht, was er von mir will, dann fange ich an zu lachen, drehe mich um und gehe weg ...

      Vor dem "Sultan" versuche ich, Annika anzurufen, doch sie geht nicht an ihr Handy. Stattdessen antwortet immer nur ihre Mailboxansprache: "Hallo, hier ist Anni! Wenn ihr eine Nachricht für mich habt, dann legt nach dem Pieps los!"

      "Hey Annika, ich stehe hier vor dem ’Sultan', und diese Niete, die du mir angeschleppt hast, habe ich abgeschossen! Melde dich mal, sonst fahre ich gleich alleine nach Hause!" Dann lege ich auf. Warte ab. Doch es kommt nichts. Stattdessen sitze ich alleine auf der Bank und beobachte das bunte Treiben auf der Feiermeile. Jungesellenabschiede ziehen grölend vorbei, Studenten und Studentinnen in kleinen Gruppen gehen in die Clubs oder torkeln heraus, jubeln, tanzen, trinken. Dazwischen sieht man die Türsteher, die dafür sorgen, dass alles halbwegs gesittet abläuft.

      "Ey du, hast du eine Kippe?", fragt mich ein Typ, schwarzes T-Shirt, enge Jeans, mit Gel nach hinten gestylte Haare. Er hält sich an der Lehne der Bank fest, sieht auf mich herunter, hält sich Zeige- und Mittelfinger vor den Mund, als würde er an einer Zigarette saugen.

      "Nein, ich rauche nicht", sage ich, ohne ihn anzusehen, und er murmelt so etwas wie "blöde Zicke", bevor er wieder in der Menge verschwindet.

      "Zur Adenauerstraße", sage ich dem Taxifahrer, der mich fragend ansieht, während ich mich auf die Rückbank fallen lasse.

      "Klar", nickt er, gibt Gas und wir fahren los.

      Ich krame mein Handy aus meiner Longchamps-Tasche, schreibe Annika eine SMS: "Da du dich nicht gemeldet hast, fahre ich jetzt nach Hause. Melde dich morgen - Kuss."

      Dann sehe ich, dass ich noch ungelesene Mails habe - zwölf Stück, alle von Daniel. Da ich während der Fahrt sowieso nichts Besseres zu tun habe, lese ich ein paar davon.

      "Bitte, Baby, gib mir noch eine Chance! Du liebst mich doch, und das weißt du so gut wie ich!" Ich schnaufe, lösche die Mail. Die nächste beginnt mit "Sei doch nicht so unfair zu mir!", und ich lösche auch die, ohne weiterzulesen. Vielleicht sollte Tina sich mal besser um ihn kümmern, dann müsste er mich nicht so vollheulen, denke ich.

      Die dritte Mail klingt versöhnlicher: "Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe, Baby. Kannst du mir noch einmal verzeihen?" Doch dann fährt Daniel fort mit "Wir haben halt beide Fehler gemacht", und ich denke: Stimmt, ich habe ja auch mit Tina geschlafen! Obwohl, nein, das warst ja nur du! Die anderen Mails lösche ich, ohne sie zu lesen. Das Kapitel ist zu Ende, da muss ich nicht mehr weiter lesen ...

      In meinen Schubladen und Schränken sind überall Zeugen meiner Zeit mit Daniel - die ja auch erst 72 Stunden vorbei ist, und immerhin zwei Jahre gedauert hat. In meinem Badezimmerschränkchen sind Gilette-Rasierer und seine Zahnbürste, in meinem Wäschekorb liegen seine Unterhosen, im Küchenschrank stehen Tassen mit dummen Sprüchen aus Stromberg oder den Simpsons.

      Ich packe all diesen Müll in einen großen Karton und schreibe mit einem dicken Filzstift ARSCHLOCH darauf. Packe den Karton dann in den Keller, in die letzte Ecke, und schiebe eine alte Kommode davor, die ich mal von meiner Oma geschenkt bekommen habe, die aber aussieht, als wäre die schon zu Zeiten von Kaiserin Sissy aus der Mode gewesen.

      Schwerer wird es bei den Fotos: Die tun wirklich weh, und ich bringe es nicht übers Herz, sie wegzuwerfen. Packe sie stattdessen in einen Schuhkarton, den ich auf meinen Kleiderschrank stelle, in der Hoffnung, sie irgendwann zu vergessen.

      Erst jetzt fühle ich mich richtig frei, rufe meine Friseurin an und mache einen Termin für den Nachmittag ...

      "Und, was gibt’s Neues bei dir?", fragt mich Katja, meine Friseurin, und wirft mir den Umhang um. Vor mir blubbert der Sekt im Glas, und sie lächelt mich im Spiegel an.

      "Ich bin nicht mehr mit Daniel zusammen!", sage ich, atme tief durch, knipse ein erzwungenes Lächeln an. Sie greift meine Schultern, beugt sich runter zu mir.

      "Oh mein Gott, endlich! Das freut mich so für dich, Schätzchen!" Ich frage mich, warum sie das so freut. "Weißt du, ich habe die diese Kundin, ich wollte dir das ja noch erzählen, aber ich habe den immer mal wieder gesehen, mit dieser Blondine, und ich dachte noch immer: ’Ist das nicht der Freund von Jessica?', aber der hat dann mit der geknutscht und so, aber du weißt ja wie das ist, man weiß auch nie so genau ... Aber was weinst du denn, Schätzchen? Ach komm her, trink erst einmal einen Schluck Sekt!"

      Eine halbe Stunde später verlasse ich den Salon, mit einer neuen Haarfarbe, einer neuen Frisur, getrockneten Tränen und der Erkenntnis, dass es kein Verlust ist, Daniel nicht mehr zu haben!

      In meinem Kühlschrank sieht man immer noch, dass ich mal mit einem Mann zusammengelebt habe, oder zumindest mit der erbärmlichen Ausrede für einen Mann: das Einzige, was ich habe, ist etwas Fleisch, eine halbe Flasche Ketchup, drei Bier und ein Yoghurt. Ich werfe einfach alles, was ich im Kühlschrank habe, in einen Müllsack, dann gehe ich einkaufen. So langsam bin ich zufrieden mit dem Neustart meines Lebens.

      Smoothies, Bananen, Vanilleeis und eine Schale Erdbeeren landen in meinem Einkaufswagen, dazu zwei Flaschen Sekt, eine Tafel Schokolade und eine große Packung Müsli mit Haselnüssen und Rosinen. Ich kaufe alles, was in meiner Vorstellung nicht in einem Männerhaushalt zu finden sein würde, und werfe an der Kasse noch ein Paket lila Duftkerzen in den Wagen. 45,29 Euro, nicht schlecht! Ich bezahle, packe alles in meinen kleinen Clio, stelle den Einkaufswagen wieder weg und fahre nach Hause.

      "... Christian, Nico und ich waren vor ein paar Wochen da, und es war einfach nur traumhaft schön", sagt Annika, lutscht das letzte Bisschen Vanilleeis von ihrem Löffelund sieht mich an. "Vielleicht wäre das ja auch was für dich! Christian hat dort ein kleines Haus gekauft, nur fünf Minuten vom Strand, und in dieser Jahreszeit ist das Meer wunderschön!"

      Ich sitze mit meiner besten Freundin auf meinem Sofa, und sie erzählt