Der kleine Klang. Bernhard W. Rahe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bernhard W. Rahe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753186085
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sich reih'n.

      Lange Sätze sich teilen, wieder entzwei'n.

      Der Letzte Vers erklärt mit seinem Gehalt

      die Kraft des Werkes, des Sonettes Gestalt.

      An den zweifelhaften Staat

      Ein stabiler Staat zerbricht und veraltet,

      von unfähigen Ministern verwaltet.

      In der Willkür verbrennen Wählerstimmen,

      Parteien wollen Vertrauen gewinnen.

      Blutsauger üben tagtäglich den Verrat,

      Wähler sind verwirrt vom Reformensalat.

      Ihr maßlosen Unternehmen und Banken,

      wer weist euch endlich zurück in die Schranken.

      Regierung, ein fettes, groteskes Geschwür.

      Meineidschwörer, Heuchler und Beschwichtiger,

      wo bleibt euer demokratisches Gespür?

      Ihr schützt die Mächtigen, die sind wichtiger,

      als kleine Leute, angepasste Bürger.

      Welch ein Scheißstaat, du Steuerhai und Würger!

      Offenes Sonett an Herrn Schröder

      Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schröder,

      glauben Sie, die Wähler werden noch blöder?

      Sie sollten sich wirklich nicht mehr genieren,

      Deutschlands Untergang zu ratifizieren.

      Unserer Nation steht der Schaum vor dem Mund,

      müde Minister verwalten sich gesund.

      Politschergen greifen in Bürgertaschen,

      um endlich Macht und Wohlstand zu erhaschen.

      Steuersklaven sind die Dummen und Schwachen.

      Und wenn ich wähle, vergeht mir das Lachen.

      Diebstahl, ein neues Wort für Demokratie?

      Ihr seid die Hirten, wir nur das Volk und Vieh.

      Minister sind nicht stets loyal und klüger!

      Manche Wähler rufen, ihr seid Betrüger!

      Sonett an Albert Einstein

      Du kamst mit wirren weißen Haaren daher,

      auf deinen Schultern drückte die Frage schwer,

      lenkt die Sonne das Licht ab, so massereich,

      sind E und mc² stets wirklich gleich?

      Das Labor, in dem die Welt sich definiert,

      war dein Universum, völlig ungeniert

      definiertest du einmal, „Gott würfelt nicht!“

      Dieser Leitsatz erhielt ein großes Gewicht.

      Den hohen Gefilden der Zahlenlehre

      nähertest du dich nur mit zäher Ehre.

      Du liebtest die Musik und spieltest Geige.

      Die Kernwaffe trug dein geistiges Erbe.

      Als sie fiel, zerstörte sie, jede Scherbe

      deutet noch heute auf Erhalt und Neige.

      Sonett von der Sonnenfinsternis

      In den Himmel tausend Augäpfel spähen

      und noch ist nichts, nur die Sonne zu sehen.

      Doch bald, so bekunden die Astronomen,

      erscheint am Himmel ein schauriges Omen.

      Es soll der Mond im Kampf die Sonn' verschlingen,

      zuvor zeugt die Sichel vom Kräfteringen

      im Weltall der Mächte, von Schatten und Licht,

      schaut die angstvollen Blicke: Gott hält Gericht.

      Es nahet das Dunkel, kühler wird die Luft,

      die Stadt schimmert bleiern, sie gleicht einer Gruft,

      und tausend Gesichter, angstvolle Blicke.

      Oh, Welt ohne Licht, mit düst’rem Geschicke,

      schaut doch, der Mond hat das Ringen verloren,

      Welt im Lichtstrahl, erneut bist du geboren.

      Sonett an das Jahr 3010

      In ungefähr eintausend und zehn Jahren

      werden Wagen nicht fahren, auch kaum fliegen.

      Forscher woll'n die Gravitation besiegen,

      Gott wird uns die Erkenntnis nicht ersparen.

      Am Himmel werden keine Vögel schweben,

      Maschinen beben, in Raumschiffen dröhnen,

      an Cybersex wird man sich bald gewöhnen,

      Embryonen harren im Glas aufs Leben.

      Über menschlichem Kopf strahlt keine Sonne,

      Chemikalien sind's, die Licht dann spenden,

      Träume von der alten Welt niemals enden.

      Es gibt kaum Willen und freudige Wonne.

      In ferner Zeit, im Jahre dreitausendzehn.

      Menschen sich in leblosen Chips wiederseh'n.

      Jahrtausendwende

      Es pulst ein greiser Strom der Zeitenwende

      in den Venen, strebt dem Jahrtausendende

      stetig entgegen, Uhren niemals stehen,

      Jahre verbrennen, Epochen verwehen.

      Atome zu Kreaturen sich reihen,

      wenn sie sterben, kommt erneut ein Befreien.

      Ein Meer der Augenblicke und Äonen,

      sind fließende Wasser der Zeitdämonen.

      Lebewesen treiben, die Dämme brechen,

      frohe Sekunden sich mit Jahren rächen

      am Ende der verkrümmten Lebensleiter.

      Das Herz der Weltuhr schlägt ungerührt weiter,

      es gibt den Anfang nicht und auch kein Ende,

      ein töricht Wort, was heißt Jahrtausendwende?

      An den November zur Jahrtausendwende

      November, du bist mein Monat, schön und grau,

      deine Luft ist schon kühl, zuweilen noch lau.

      Dein Gewölk ist lebhaft, vom Wind getrieben,

      deine Tage kurz, vom Lichte geschieden.

      November,