Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742749215
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Busch vorbei! Sie trieben nun die

       Sassen auf die Heide und schlugen bei Kropp die

       zweite Schlacht. Da haben die Sassen vierzigtausend

       Mann verloren, und davon ist das Sprüchwort entstanden:

       Noch ist er nicht den Kropper Busch vorbei.

       In dieser Schlacht verloren die Sassen auch ihren

       Feldherrn, das war ein Mann von solcher Stärke, daß

       er mit seinem bloßen Finger in jeden Stein schreiben

       konnte. Nicht weit von Anschlag liegt noch so ein

       Stein, den er hingeworfen hat in der Schlacht, da sieht

       man noch alle fünf Finger, wie sie in den Stein eingegriffen

       haben.

       188. Totenkopf wandert

       Nicht weit von der Jütlandgrenze lagen zwei Burgen,

       Fobeslet und Drenderup, die Güter sind noch vorhanden.

       Auf Drenderup saß ein wüster Gesell, Ritter Adelbrand,

       auf Fobeslet aber ein holdes Fräulein, Antolille

       geheißen. Der Ritter liebte das Fräulein, und das

       Fräulein haßte den Ritter. Sie sagte ihm, er sehe aus

       wie ihres Vaters Hund, und ein andersmal, er sei nicht

       besser als ein alter Pantoffel. Das verwandelte des

       Ritters Liebe in grimmen Haß, und er schwur dem

       Fräulein furchtbare Rache. Sieben Jahre bewachte er

       ihre Burg, sieben Jahre durfte sie sich nicht herauswagen,

       und da sie dies auch nicht tat, so bekam er sie

       nicht in seine Gewalt. Da gab er, scheinbar des Harrens

       müde, seine Bewachung auf und reiste weg, und

       bald kam das Gerücht, er sei gestorben. Sieben Jahre

       war das Fräulein Antolille in keine Kirche gekommen,

       sie sehnte sich in eine solche, und da sie nun sich

       sicher glaubte, so verließ sie ihre Burg mit ihrem Gefolge.

       Plötzlich brach aus einem Hinterhalt Ritter Adelbrand,

       versprengte die Diener und ergriff die Unglückliche,

       die seine Liebe mit so bitterm Hohn gelohnt.

       Er band sie an den Schweif seines Pferdes und

       jagte so mit ihr davon auf seine Burg zu. Ihre Mutter

       sah's von den Burgzinnen und starb mit Antolille zu

       gleicher Zeit. Als Adelbrand seine wilde Rache gekühlt,

       tötete er alsbald sich selbst. In Drenderup begrub

       man die drei Leichen. Aber Adelbrands Schädel

       fand keine Ruhe in der Gruft; wie er so rastlos sieben

       Jahre arger Gedanken voll gewesen, so spukte und

       rollte er bald da, bald dort umher, schreckte die Menschen

       und weilte in keinem Grabe.

       189. Die schwarze Schule

       Viele Sagen gehen in Nordfriesland und in Norddithmarschen

       von der schwarzen Schule, in welcher kein

       anderer der Schulmeister ist als der Teufel selbst. In

       diesem seinem Seminarium unterrichtet der Schwarze

       junge Theologen und Schulmeister in gar mancherlei

       geheimen Künsten, doch nicht umsonst, sie müssen

       ihm ihre Seele verschreiben und eine gewisse Bedingung

       festhalten, fehlt einer deren und versieht's einmal,

       so ist seine Seele verloren. Die meisten

       versehen's. Da muß einer nur ein Strumpfband tragen,

       ein anderer darf sich nur einmal die Woche rasieren,

       ein dritter darf nie anders die Strümpfe anziehen als

       verkehrt. Die Künste, welche diese schwarzen Scholaren

       lernten, bestanden in Bannen, Festmachen, sich an

       andere Orte schnell hinzücken, erfahren, was daheim

       geschieht, und wenn sie noch so weit vom Hause

       sind, andere, besonders Diebe, stehenbleiben machen,

       sie festschreiben, festlesen und dgl. Bisweilen glückt

       es einem oder dem andern, den Teufel, der seinen

       Bündnern fort und fort nachstellt und dahin wirkt, daß

       sie das Gelobte nicht halten, zu überlisten, denn manchem

       Pastoren und Schulmeister auf dem Lande ist

       fürwahr der Teufel selbst noch nicht klug und schlau

       genug. So wird viel gesprochen von einem Pastor in

       Medelby im Amte Tondern, des Namens Fabricius,

       der konnte mehr als Brot essen, weil er in die schwarze

       Schule gegangen, und der durfte niemals zwei

       Strumpfbänder anlegen, sondern immer nur eins.

       Damit er nun sich vergäße, lagen gar manchesmal

       früh beim Aufstehen zwei Strumpfbänder auf seinem

       Stuhle, damit fing ihn aber der Teufel keinesweges.

       Hierauf plagte der Teufel das Mädchen, das für den

       Pfarrer Strümpfe strickte, als Floh, da ließ sie oft die

       Maschen fallen und juckte sich, und da wurden die

       Strümpfe zu weit, weil sie sich auch zum öftern verzählte,

       nun fiel der Strumpf ohne Band herunter auf

       die Ferse, das verschlug aber dem Pfarrer alles nichts,

       er band ihn doch nicht fest, sondern ließ ihn hängen,

       und der Teufel konnte ihm nichts anhaben. Ein anderer

       Pastor, hieß Ziegler, durfte auch nur ein Strumpfband

       tragen, doch nur auf Zeit eines Kontraktes mit

       dem Teufel, nach dessen Ablauf wollte jener kommen

       und ihn holen. Da nun die Zeit um war, kam der Teufel

       frühmorgens, und der Pfarrer zog sich langsam an;

       zuerst zog er die Strümpfe verkehrt an, das war dem

       Teufel schon ganz zuwider, dann zog er sich weiter

       sehr langsam an, und der Teufel verlor die Geduld

       und sagte: Mache endlich, daß du fertig wirst, das

       dauert ja eine Ewigkeit! Ich habe mehr zu tun. Jetzt

       warte ich keinen Augenblick länger, als bis du dein

       Strumpfband angelegt. Der Pastor Ziegler hatte schon

       das Strumpfband in der Hand, aber als der Teufel das

       sagte, legte er es ganz langsam wieder hin, sprach

       zum Teufel: Guten Morgen! – und legte sich auf die

       andere Seite. Wütend fuhr der Teufel von dannen und

       kam nimmermehr wieder, und nimmermehr wieder

       trug der Pastor ein Strumpfband. Als er noch einmal

       herumgeschlafen hatte, nahm er eine Schere und

       schnitt seine Strümpfe unter der Wade ab, so erfand

       er die Strumpfsocken, wie sie die meisten Männer

       jetzt tragen, und brauchte keine Strumpfbänder mehr.