Vertragsfreiheit bedeutet, dass die Vertragsparteien sich weitestgehend frei entscheiden und einigen können, welche vertraglichen Pflichten und Bindungen eingegangen werden sollen. Solange keine Verstöße gegen öffentliches Recht oder die Verfassung vorliegen und die Auswirkung der Vertragsvereinbarung sich nur auf die beiden Parteien beziehen, gibt es grundsätzlich keine Beschränkung der Vertragsfreiheit. Grenzen zeigen sich immer dann, wenn versucht wird, eine strittige vertragliche Vereinbarung durch einen Richterspruch durchzusetzen. So gibt es Präzedenzfälle, bei denen Gerichte sich weigern, bestimmte vertragliche Vereinbarungen anzuerkennen. Dies gilt z.B. für vereinbarte Vertragsstrafen bei angloamerikanischem Recht. Ebenso sind bestimmte Verträge an Formvorschriften gebunden, die für den Fall, dass sie nicht befolgt wurden, die Gültigkeit des Vertrages an sich in Frage stellen. In Deutschland handelt es sich dabei z.B. um Eintragungen ins Grundbuch bei Grundstücken. Ebenso gibt es in der nationalen Gesetzgebung zwingende Gesetze, die nicht durch privates Recht ersetzt werden können. Dazu zählen unter anderem die Gesetze im Zusammenhang mit dem Steuerrecht und Aussenwirtschaftsrecht. Im Gegensatz zum Privatrecht können die Bestimmungen des öffentlichen Rechts nicht durch vertragliche Vereinbarungen zwischen den Parteien ersetzt werden. Gerade bei internationalen Verträgen spielt daher die Wahl des Vertragsrechtes eine bedeutende Rolle. Interessant werden diese Fälle immer dann, wenn es zum Streit zwischen den Parteien über die Auslegung des Vertrages kommt und ein Gericht angerufen wird.
Sofern die Parteien sich nicht gütlich einigen können, versucht zumeist die fordernde Partei ihr Recht an Hand der gesetzlichen Bestimmungen durchzusetzen. Auch wenn z.B. eine Vertragsstrafe nach Common Law nicht durchsetzbar wäre, da ein Richter eine Strafe in einem Vertrag ablehnt, so hat unabhängig davon der geschädigte Vertragsnehmer das Recht, den ihm entstandenen und nachgewiesenen Schaden vor Gericht einzufordern. Um diese Einschränkung zu umgehen, sind in einigen anglikanischen Verträgen die Vertragsstrafen als Bonus Prämien implizit erfasst. Eine termingerechte Fertigstellung bedeutet die Zahlung des vereinbarten Preises inklusive der Bonusregelung. Wenn die Fertigstellung über den vereinbarten Termin hinausgeht, entfällt der Bonus, was einer Vertragsstrafe gleichkommt.
Das Rechtssystem in Europa basiert auf einer 3000 Jahre alten Tradition. Rechtssysteme wurden geschaffen, um Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Ein leichtfertiges, betrügerisches oder laxes Umgehen mit einem geschlossenen Vertrag gilt hier als unehrenhaft. Im Gegensatz zu der uns bekannten historischen Entwicklung, wurden Gesetze gerade in asiatischen Ländern, maßgeblich als Mittel zur Unterdrückung der einfachen Bevölkerung genutzt. Traditionell galten die Gesetze somit nur für den einfachen Bürger, wohingegen die jeweilige Herrscher-Kaste diese Gesetze nicht zu befolgte. Diese, in Europa tief verwurzelte Erwartung an das Rechtssystem, steht in vielen asiatischen Ländern keine gleichwertige Erwartung und Verständnis gegenüber. Jeder, der Verträge mit kulturell stark unterschiedlichen Ländern schließen möchte, sollte sich dieser Randbedingungen bewusst sein. Viele westlich orientierte Firmen haben die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass einige Kulturen ein hohes Maß an Kreativität und (nach unserem Empfinden) Skrupellosigkeit besitzen, Verträge zu ihren Gunsten zu interpretieren. Fragen zum ausländischen Recht beantworten die jeweiligen deutschen Auslandshandelskammern (http://www.ahk.de).
Vertragsrecht und Rechtssysteme
Gerade bei internationalen Verträgen stellt sich die Frage, welches anwendbare Rechtssystem als Grundlage des Vertrages gelten soll. Die Schwierigkeit basiert darauf, dass die meisten Juristen sich sehr gut in ihrem nationalen Recht auskennen, aber nur begrenzten Einblick in die Rechtssysteme anderer Länder haben. Vertragliche Vereinbarungen sind meist nichtig, wenn z.B. gegen öffentliches Recht in dem entsprechenden Land verstoßen wird. Es gibt grundsätzlich drei unterschiedliche Rechtssysteme.
Kontinentales Recht (Römisches Recht)
Angloamerikanisches Recht (common law)
Religiöses Recht
Das angloamerikanische Rechtssystem ist das am meisten verbreitete Rechtssystem der Welt. Das kontinentale Rechtssystem findet seinen Ursprung im römischen Recht und dominiert in Europa. Religiöse Rechtssysteme spielen in den Wirtschaftsbeziehungen und dem Vertragsrecht nur eine untergeordnete Rolle. Grundsätzlich akzeptieren alle Länder mit einem religiösen Rechtssystem, für die Vertragsschließung bei internationalen Großprojekten, nationales Recht eines der anderen Rechtssysteme. In diesem Zusammenhang wird häufig der Begriff Internationales Recht verwendet. Es sollte klar sein, dass es kein Internationales Recht, sondern lediglich nationales Recht gibt.
Kontinentales Recht (Romanisches Recht)
Das römische Recht findet seinen Ursprung bei dem römischen Herrscher Justinian der vor 1500 Jahren dieses Rechtssystem begründete. Das römische Recht wurde durch den Code Napoleon von 1803 weiterentwickelt und hat viele Rechtssysteme in der ganzen Welt maßgeblich beeinflusst. Kontinentales Recht basiert auf einer umfangreichen Gesetzgebung, die möglichst detailliert alle erdenklichen Vorgänge erfasst und die entsprechende Vorgehensweise festlegt, was erlaubt ist und was nicht. Das hat dazu geführt, dass kontinentales Recht heute über einen sehr ausgeprägtes privates Recht verfügt, in dem vertragliche und wirtschaftliche Aspekte präzise beschrieben werden. (Kodifiziertes Recht)
Angloamerikanisches Recht
Im Gegensatz zu dem kontinentalen Recht, sind die Rechtssysteme in Großbritannien, den Vereinigten Staaten und vielen anderen englischsprachigen Ländern nicht in dieser ausgeprägten Form kodifiziert. Seinen Ursprung fand das angloamerikanisch Recht in der Art, wie in diesen Ländern Recht gesprochen wurde. Ein König oder Herzog beurteilte jeden Einzelfall für sich. Entscheidungen wurden Fall für Fall herbeigeführt. Daher stammt auch der Begriff "Case-Law" für dieses Rechtssystem. Aus Gründen der Fairness wurde bei der Urteilsfindung auf die Urteile aus früheren Entscheidungen Bezug genommen. Dieser Trend hat sich bis heute erhalten, so dass eine frühere Entscheidung in einem ähnlichen Fall einen bindenden Charakter besitzt.
Heutzutage ist das öffentliche Recht weitestgehend kodifiziert, wohingegen das Privat- und damit das Vertragsrecht weitestgehend dem "Case-Law" folgt. Da Amerika und Großbritannien in der Vergangenheit die führenden Handelsnationen waren, hat dieses Rechtssystem die internationale Praxis im Vertragsrecht maßgeblich beeinflusst. Im Laufe der Zeit hat sich somit ein sehr umfangreiches Recht, insbesondere mit Bezug auf kommerzielle und vertragliche Regelungen entwickelt. Die folgende Liste zeigt eine Übersicht der Länder, die Common Law nutzen.
Europa
Schottand, Malta, Gibraltar, Irland, Isle of Man, Groß Britannien
Asien
Sri Lanka, Hong Kong, Indien, Singapur
Afrika
Kenia, Uganda, Tansania, Gambia, Somalia, Zambia, Swaziland, Lesotho, Nigeria, Sierra Leone, Zimbabwe, Ghana
Amerika
USA, Kanada, Trinidad & Tobago, Bermudas, Jamaica, Honduras, Bahamas, Barbados, Guyana
Ozeanien
Australien, Neuseeland, Pazifische Inseln, Neu Guinea, West Samoa
Religiöses Recht
Religiöses Recht existiert vorwiegend in islamisch regierten Ländern. In diesen Rechtssystemen sind gerade das Straf- und Familienrecht besonders ausgeprägt