Alsbald hauste Redrubi allein in der kleinen Hütte mitten im Wald und wurde ohne das Blut der Seanmháthair immer schwächer. Sie nährte sich von Hasen und anderem Kleinwild, doch das Blut der Tiere gab dem Mädchen nicht dieselbe Kraft.
Sei stark, iníon na déithe! Du bist meine Tochter und ich habe dich gesandt, zwischen Leben und Tod zu wandeln. Wächterin der Anderswelt ...
Nicht zum ersten Mal vernahm Redrubi die Stimme der Macha. Sie war ihr schon oft im Traum erschienen, doch nun offenbarte sie sich in menschlicher Gestalt. Nackt und schön stand sie vor ihr, das rote Haar wehte im Wind. Die Macha hatte einst ihren Onkel besiegt, dessen Söhne versklavt und den König der Ulter verflucht. Sie war keine friedfertige Göttin, sondern zerfressen vom Hass gegen alles Männliche. Vor vielen Jahren hatte die Macha den Samen dieses Hasses in Redrubi gesät, der nun bereit war, zu keimen. Redrubi sollte bis zum Ende aller Zeit die Tore der Anderswelt bewachen. Jene infernalischen Pforten, aus denen selten etwas Gutes drang, wurden bald geschlossen, weil die Menschen nun an einen anderen Gott glaubten, der Frömmigkeit von ihnen verlangte. Und solange die Menschheit ebendiesem einen Gott huldigte, selbst wenn er verschiedene Namen trug, würde das Mädchen mit dem roten Haar daran erinnern, wozu die alten Götter imstande waren. Bis sich die Tore zur Anderswelt eines Tages wieder öffnen würden, sollte Redrubi im jungen Körper einer begehrenswerten Frau durch die Lande streichen und das Diesseits mit dem Jenseits verbinden, bis die Zeit reif war oder die Erde dem Untergang geweiht.
Doch der menschliche Körper war dem Verfall preisgegeben. Kein irdisches Fleisch konnte die Jahrtausende überdauern, weshalb die Macha sich eines simplen Zaubers bedient hatte. Redrubi konnte nur existieren, wenn sie sich von dem ernährte, was im Leben am kostbarsten war.
Zeige den Menschen deine Schönheit, trinke von ihrem Blut, labe dich an ihren Körpern und ihren leichtfertigen Gefühlen. Du bist die Tochter einer Göttin, als nutze das, was ich dir gegeben habe, und bringe mir Kunde, wenn die Menschen bereit sind, wieder an die Fruchtbarkeit der Natur und im Einklang mit der Anderswelt zu leben ...
Noch bevor Redrubi etwas erwidern konnte, hatte sich die Macha wieder in eine Krähe verwandelt und flog davon.
Der Hunger war groß, die Gier nach Blut bemächtigte sich Redrubis Geist und noch etwas anderes durchströmte sie, wie es nur einem Körper bestimmt war, der in der Blüte stand. Als wäre sie die Knospe einer Blume brach die Wollust aus Redrubi. Eine ungeahnte Hitze machte sich in ihr breit. Keuchend riss sie die schlichte Kleidung von ihrer Haut, auf der trotz der Kälte des Herbstes Schweißtropfen wie Perlen schimmerten. Ihr rotes Haar wallte über ihre prallen Brüste, umschmeichelte ihr Becken, in dem mit einem Mal ein Feuer loderte, das gestillt werden wollte.
Und so begab sich Redrubi nackt und schön ins Dorf, als die Nacht hereinbrach. Ihr Füße berührten kaum den Boden, sie schien durch den Wald zu schweben, über Felder und Wiesen ... bis sie die ersten Häuser erreichte. Es war das erste Mal, dass sie auf der Jagd war. Auf der Jagd nach einem Mann ...
Doch sie musste auf der Hut sein. Die Menschen waren nicht friedfertig. Als Kind hatte sie die Angst in ihren Augen gesehen und wusste, dass der Pöbel mit Forken und Feuer alles hetzte, was ihm unbekannt oder im Weg war. Und deshalb war Redrubi auch der Meinung, dass den Menschen recht geschah, wenn sie sich an ihren Körpern labte. Achtsam! Nicht allzu offensichtlich. Einen nach dem anderen.
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