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Die nachfolgende Darstellung setzt sich mit den genannten Fragen auseinander und bietet einen Überblick über die grundlegenden gesellschaftsrechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit internen Untersuchungen.
Anmerkungen
Siehe nur Mengel NZA 2006, 240 ff.; Schürrle/Olbers CCZ 2010, 178 ff.; Momsen ZIS 2011, 508 ff.; Zimmerer/Heymann BB 2010, 1853 ff.; Glaser/Wisskirchen DB 2011, 1447 ff.; Böhm WM 2009, 1923 ff.
1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 2. Kapitel Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen und Beratung der Unternehmensführung › II. Recht und Pflicht zur Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen
1. Einleitung
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Ausgangspunkt jeder unternehmensinternen Untersuchung ist zunächst die Frage, ob ein Unternehmen zur Durchführung einer solchen Untersuchung berechtigt oder sogar verpflichtet ist und welches Organ hierfür zuständig ist. Hierbei ist nach den verschiedenen Rechtsformen und den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten zu unterscheiden.
2. Die AG
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Unternehmensinterne Untersuchungen werden in allen großen und mittelständischen Unternehmen aller Gesellschaftsformen durchgeführt. Am stärksten im kollektiven Gedächtnis verblieben sind jedoch die medienwirksamen Untersuchungen in Unternehmen wie z.B. der Siemens AG,[1] der Daimler AG[2] oder der VW AG.[3] Sie sind prominente Beispiele für eine erfolgreiche, schadensbegrenzende Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen. Von besonderer Bedeutung für die nachfolgende Darstellung sind Untersuchungen in AGs auch deshalb, weil diese Gesellschaftsform über eine gesetzlich detailliert und im Wesentlichen verbindlich geregelte Organstruktur verfügt. Daher wird hier zunächst dargestellt, wer im Gefüge der AG zur Einleitung von Untersuchungen berechtigt und verpflichtet ist.
a) Der Vorstand
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Der Vorstand ist das weitgehend unabhängige Leitungsorgan der AG. Ihm obliegt nach § 76 Abs. 1 AktG die alleinige Verantwortlichkeit für die Geschäftsführung der Gesellschaft. Es ist daher naheliegend, dass sich die Zuständigkeit des Vorstands auch auf unternehmensinterne Untersuchungen erstreckt. Als normative Grundlage für das Recht oder die Pflicht des Vorstands zur Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen kommen neben der gesellschaftsrechtlichen Leitungssorgfaltspflicht nach §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG auch die ordnungswidrigkeitenrechtliche Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG oder die Pflicht zur Einrichtung eines Überwachungssystems nach § 91 Abs. 2 AktG in Betracht. Es ist außerdem möglich, aus der allgemeinen Compliance-Verantwortung des Vorstands eine Pflicht zur Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen abzuleiten.
aa) §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG: Leitungssorgfalt des Vorstands
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Nach § 76 Abs. 1 AktG obliegt dem Vorstand als Teil der Leitungsverantwortung auch die Unternehmensüberwachung. Es ist eine der vorrangigen Aufgaben des Vorstands, für die Einhaltung der Gesetze und unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen.[4] Dies umfasst sowohl die Einhaltung der Gesetze durch den Vorstand selbst, als auch durch die Mitarbeiter des Unternehmens. Die Wahrnehmung der Leitungsverantwortung ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht des Vorstands.[5] Daher ist der Vorstand hieraus zum Einschreiten verpflichtet, sofern Anhaltspunkte für schwerwiegende Verstöße in der Gesellschaft vorliegen.[6]
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Nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG haben Vorstandsmitglieder bei der Geschäftsführung, und damit auch bei der Unternehmensüberwachung als Teil der Leitungsverantwortung, die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Als Teil dieser Leitungssorgfalt wird allgemein die Pflicht gesehen, Hinweisen auf Gesetzesverletzungen unverzüglich nachzugehen.[7] Die Vorstandsmitglieder müssen also Hinweisen auf Gesetzesverletzungen und andere Unregelmäßigkeiten durch Mitarbeiter immer und unverzüglich nachgehen.[8]
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Die Pflicht, bei Verdacht auf Gesetzesverstöße unternehmensinterne Untersuchungen durch Unternehmensangehörige durchzuführen, setzt den Vorstand einem großen Haftungsrisiko aus, sofern er dieser Pflicht nicht nachkommt. Dieses Risiko würde relativiert, wenn für die Entscheidung über das Einleiten von Untersuchungen (das „Ob“) die sog. Business Judgement Rule aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG Anwendung fände. Die Business Judgement Rule besagt, dass dann keine Pflichtverletzung i.S.d. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG vorliegt, wenn der Vorstand eine unternehmerische Entscheidung trifft, bei der er zum Wohle der Gesellschaft ohne Beachtung von Sonderinteressen und sachfremder Einflüsse, auf Grundlage angemessener Information und in gutem Glauben handelt. Bei solchen Entscheidungen obliegt dem Vorstand dann also ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum. Hierdurch wird dem Vorstand die Möglichkeit eingeräumt, auch risikobehaftete Geschäfte vorzunehmen, sofern diese im Interesse der Gesellschaft sind, ohne dass die Vornahme selbst schon eine Pflichtwidrigkeit darstellt.[9] Letztlich spricht jedoch viel dafür, dass die Entscheidung über das „Ob“ einer Untersuchung keine unternehmerische Entscheidung darstellt, die durch die Business Judgement Rule privilegiert werden kann. Daher ist der Vorstand im Verdachtsfall stets zur Durchführung von Untersuchungen verpflichtet. Teilweise wird zwar angenommen, dass die Entscheidung über das „Ob“, als eine unternehmerische Entscheidung betrachtet werden kann,[10] sodass die Business Judgement Rule gilt.[11] Im Hinblick auf das ARAG/Garmenbeck-Urteil des BGH ist hiergegen anzumerken, dass ein unternehmerisches Ermessen allein im Handlungs-, hingegen nicht im Erkenntnisbereich zugesprochen werden kann.[12] Bei der Entscheidung, ob überhaupt nachzuforschen ist, soll nur ein begrenzter Beurteilungsspielraum bestehen.[13] Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, die lediglich von einem „Spielraum“ zur Abwägung ausgeht.[14] Gegen die Anwendbarkeit der Business Judgement Rule spricht vor allem, dass die für § 93 Abs. 1 S. 2 AktG erforderliche „angemessene Informationsgrundlage“ gerade durch die Untersuchung erst geschaffen werden muss. Will der Vorstand eine vernünftige unternehmerische Entscheidung über Gegenmaßnahmen treffen, muss er sich durch eine Untersuchung zunächst ein Bild über die bestehenden Zustände verschaffen. Außerdem ist die Aufklärung von Verstößen originärer Bestandteil der Legalitätspflicht. Der Vorstand ist verpflichtet, sich selbst an Recht und Gesetz zu halten und für die Einhaltung in der Gesellschaft zu sorgen. Das Unterlassen jeglicher Aufklärungsbemühungen ist mit diesem Ziel jedenfalls nicht vereinbar. Zudem ist schon fraglich, ob die Frage über das „Ob“ einer Untersuchung überhaupt eine unternehmerische Entscheidung ist, die eine Auswahl aus mehreren tatsächlich möglichen und rechtlich zulässigen Handlungsoptionen beinhaltet,[15] einen Prognosecharakter hat, also auf die Zukunft gerichtet ist und gewisse Unwägbarkeiten beinhaltet.[16] Bei der Entscheidung darüber, ob bei einem Verdacht auf Verstöße Ermittlungen eingeleitet werden müssen, handelt es sich vielmehr um eine auf die Vergangenheit gerichtete Kontrollentscheidung, bei der nicht mehrere denkbare Optionen bestehen, sondern nur eine Auswahl zwischen Vornahme und Unterlassen.