Oft wird Germanistik zudem aus einem allgemeinen Interesse an der deutschen Sprache und den deutschsprachigen Ländern studiert und nicht, weil man sich für das Fach Germanistik interessiert. Dies wird dadurch verstärkt, dass es an der Universität Stockholm kein Sprachenzentrum gibt, an dem Sprachkurse stattfinden, und diejenigen Studierenden, die eigentlich einen Sprachkurs belegen wollen, daher Germanistik studieren. Diese Voraussetzung wird eine bedeutende Rolle in der Datenanalyse spielen.
Die ersten 60 ECTS des Germanistik-Studiums sind geprägt von vielen sprachpraktischen Seminaren,1 von denen die meisten aber immer auch eine wissenschaftliche Perspektive beinhalten. Ab dem dritten Semester (61–90 ECTS), das das letzte Semester vor einem B.A.-Abschluss ist, finden so gut wie ausschließlich literatur- bzw. sprachwissenschaftliche Seminare statt. Es ergibt sich folgendes Curriculum für das Grundstudium:2
Tyska I (30 ECTS) | Tyska II (30 ECTS) | Kandidatkurs i tyska (30 ECTS) |
Grammatik (6) Angewandte Grammatik (3) Aussprache (3) Konversation (3) Schriftliche Fertigkeit (3) Landeskunde (3) Deutschsprachige Literatur I (6) nur Klausur: Schriftliche Fertigkeit (3) nur Übung: Übersetzen Schwedisch-Deutsch (-) | Grammatik (5) Sprachgeschichte (5) Mündliche Sprachfertigkeit (3) Kulturorientierung, inkl. wissenschaftliches Schreiben (5) Deutschsprachige Literatur II (8) nur Klausur: Schriftliche Fertigkeit (4) nur Übung: Übersetzen Schwedisch-Deutsch und schriftliche Fertigkeit (-) | Einführung in die germanistische Linguistik (6) Deutschsprachige Literatur III (6) Übersetzen Schwedisch-Deutsch (3) B.A.-Examensarbeit (15) |
Tab. 1:
Übersicht über die einzelnen Veranstaltungen innerhalb der freistehenden Kurse des Grundstudiums. In den Klammern sind die ECTS-Punkte angegeben.
Die in der Tabelle aufgeführten Veranstaltungen sind obligatorisch und können nicht durch andere ersetzt werden. Ein Vorteil ist dies für die Unterrichtsgestaltung, denn es ist das ausgesprochene Ziel aller Lehrenden, die verschiedenen Seminare und Übungen jeweils so abzustimmen, dass inhaltliche Verbindungen erkennbar werden. Dies kann nur erfolgen, wenn alle Studierenden alle Veranstaltungen absolvieren müssen.
Es besteht die Möglichkeit, die aufgeführten Kurse (Tyska I, Tyska II, Kandidatkurs i tyska) Vollzeit zu studieren (30 ECTS pro Semester), oder in Teilzeit, wobei dann pro Semester ca. 15 ECTS absolviert werden. Außerdem können alle Kurse auch abends (d.h. einen Abend in der Woche) studiert werden, dann werden in der Regel maximal 15 ECTS pro Semester abgeschlossen. Letztere Option wird häufig von Berufstätigen, Senior/-innen, Studierenden anderer Fächer oder Studierenden in Elternzeit wahrgenommen, so dass die Abendgruppen häufig altersmäßig (vgl. Kapitel 4.3.2) und in Bezug auf Vorkenntnisse und Motivation sehr heterogen sind. Auch die Gruppe derer, die am Tage studieren, ist heterogen, doch handelt es sich bei dieser Gruppe oft um Studierende zwischen 19 und 30 Jahren, ältere Studierende sind eher die Ausnahme.
Die Zusammensetzung der Studierendengruppen ist für den Unterricht folgenreich, denn Themen und Unterrichtsmethodik müssen so abgestimmt sein, dass möglichst alle Studierenden, egal mit welchen Vorkenntnissen, einen Nutzen aus dem Unterricht ziehen können.
3.1.1 Sprachliche Voraussetzungen der Studierenden
Die Zugangsvoraussetzung für Tyska I ist, neben der schwedischen Allgemeinen Hochschulreife, der Nachweis von Deutschkenntnissen auf dem Niveau A2. Diese werden meist auf dem schwedischen Gymnasium erworben (dort: steg 31 / Stufe 3).2 Wer diese Zugangsvoraussetzung nicht erfüllt, hat z.B. die Möglichkeit, an der Universität Stockholm die Anfängerkurse I und II zu studieren, aber auch Abschlüsse von Sprachkursen oder das „Goethe-Zertifikat A2“ werden anerkannt.
Viele Studierende besitzen jedoch Deutschkenntnisse auf einem höheren Niveau, die sie in der Schule, durch Aufenthalte in den deutschsprachigen Ländern oder durch deutschsprachige Familienangehörige erlangt haben. Zudem studieren jedes Semester auch Studierende mit Deutsch als L1 Germanistik. Insgesamt sind die Studierendengruppen also sprachlich als sehr heterogen zu bezeichnen, was eine Bereicherung des Unterrichts sein kann, zumindest aber eine Herausforderung für die Lehrenden darstellt. In Kapitel 4.3.2 wird genauer auf die Deutschkenntnisse der Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen eingegangen.
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