Personifikation (personificación): Übertragung einer menschlichen Eigenschaft oder Tätigkeit auf eine Sache, ein nichtmenschliches Wesen. Beispiel: Donde habite el olvido / allí estará mi tumba. (Gustavo Adolfo Bécquer)
Periphrase (perífrasis, f.): allg. Umschreibung eines Begriffs (vgl. auch → Antonomasie). Beispiel: son iguales / los que viven por sus manos (= einfaches Volk) / y los ricos. (Jorge Manrique)
Antonomasie (antonomasia): Umschreibung eines Eigennamens durch bestimmte Züge seines Trägers oder einen anderen Eigennamen (Sonderform der → Periphrase). Beispiele: El príncipe de los ingenios (für Cervantes), el que en buen hora nació (für den Cid, siehe Einheit 8.1), un Nerón (für despotischer Herrscher).
Euphemismus (eufemismo): Verhüllende Umschreibung (→ Periphrase) einer unangenehmen, anstößigen oder unheilbringenden Sache durch einen mildernden oder beschönigenden Ausdruck. Beispiel: Pasar a mejor vida (für sterben).
Metapher (metáfora): Übertragung. Das eigentliche gemeinte Wort wird ersetzt durch ein anderes, das eine sachliche oder gedankliche Ähnlichkeit oder dieselbe Bildstruktur aufweist. Quintilian definierte die Metapher als verkürzten Vergleich, bei dem der Vergleichspartikel weggefallen sei. Eine der wichtigsten und häufigsten Sinnfiguren überhaupt. Beispiel: Yo sé un himno gigante y extraño / que anuncia en la noche del alma una aurora. (Gustavo Adolfo Bécquer) – Es existiert eine große Bandbreite von metaphorischen Redeweisen, von konventionellen oder verblassten Metaphern, die durch häufigen Gebrauch kaum als solche wahrgenommen werden („una mano lava la otra“), bis zu sog. absoluten Metaphern, bei denen die Ähnlichkeitsbeziehung zwischen den Bildbereichen durch die Metapher selbst erst gesetzt ist. Beispiel: Se fueron los camellos de carne desgarrada / y los valles de luz que el cisne levantaba con el pico. (Federico García Lorca)
Metonymie (metonimia): Ersetzung des eigentlich gemeinten Wortes durch ein anderes, das in einer realen geistigen oder sachlichen Beziehung (wie räumliche Nachbarschaft, Urheberschaft usw.) zu ihm steht (→ Synekdoche). Beispiel: ¡Oh siempre gloriosa patria mía, / tanto por plumas cuanto por espadas! [plumas = Schrifttum, espadas = militärische Macht] (Luis de Góngora)
Synekdoche (sinécdoque, f.): Ersetzung des eigentlichen Begriffes durch einen zu seinem Bedeutungsfeld gehörenden engeren oder weiteren Begriff, z.B. Teil für das Ganze (pars pro toto) oder umgekehrt (totum pro parte), die Art für die Gattung, Singular für Plural. Sonderform der → Metonymie. Beispiel: El pan nuestro de cada día, dánoslo hoy. [Brot = Nahrung] (Bibel)
Synästhesie (sinestesia): Verschmelzung verschiedenartiger Sinnesempfindungen. Beispiel: Vaga mariposa / que colgabas a la tarde de primavera, / en el cénit azul, una caricia rosa. (Juan Ramón Jiménez)
Litotes (litote, f.): Abschwächung des Ausdrucks, die inhaltliche Verstärkung suggeriert, häufig durch Verneinung des Gegenteils. Beispiel: una moza asturiana, […] del un ojo tuerta y del otro no muy sana. [= auch auf dem zweiten Auge nahezu blind] (Miguel de Cervantes)
Hyperbel (hipérbole, f.): Übertreibung. Beispiel: Con mi llorar las piedras enternecen / su natural dureza y la quebrantan. (Garcilaso de la Vega)
Antithese (antítesis, f.): Pointierte Zusammenstellung entgegengesetzter Begriffe oder Aussagen. Beispiel: Yo velo cuando tú duermes, yo lloro cuando cantas, yo me desmayo de ayuno cuando tú estás perezoso y desalentado de puro harto. (Miguel de Cervantes)
Klimax (clímax, m. oder gradación): Anordnung einer Wort- und Satzreihe nach stufenweiser Steigerung im Aussageinhalt. Beispiel: no han de vencer las ansias mías / horas, días, semanas, meses y años. (Pedro Calderón de la Barca) – Entsprechend: Antiklimax (anticlímax, m.).
Oxymoron (oxímoron, m., pl. oxímoros): Zusammenstellung zweier sich widersprechender Begriffe, die in pointierender Absicht eng miteinander verbunden werden. Liegt der Widerspruch im Beiwort, spricht man auch von Contradictio in adiecto. Beispiel: Sosiega un poco, airado temeroso / humilde vencedor, niño gigante, / cobarde matador, firme inconstante, / traidor leal, rendido vi[c]torioso. (Lope de Vega)
Hypallage (hipálage, f.): Verschiebung der Wortbeziehung, insbesondere eines Adjektivs oder einer adverbialen Ergänzung. Beispiel: En tan dulce amanecer, / hasta los árboles cantan, / los ruiseñores florecen. (Pedro Espinosa)
Zeugma (zeugma, zeuma, m.): Zuordnung eines Wortes zu zwei semantisch oder syntaktisch verschiedenen Satzteilen, oft mit komischer oder verstörender Wirkung. Beispiel: un aire fragoroso que te envuelva y te acaricie y doce pisos (Cortázar). Diese Form wird gelegentlich als komplexes Zeugma (zeugma complejo) dem einfachen Zeugma gegenübergestellt, das die Zuordnung zu gleichrangigen Satzteilen umfasst (la vi marchar, pero no [la vi] volver).
Apostrophe (apóstrofe, m.): Abwendung des Dichters vom Leser oder realen Publikum, (emphatische) Hinwendung zu anderen, meist abwesenden Personen, Gegenständen oder Abstrakta. Beispiel: ¡Inteligencia, dame / el nombre exacto de las cosas! (Juan Ramón Jiménez)
Ekphrasis (écfrasis, f.): Ausführliche, exkursartige Schilderung von etwas Sichtbarem. Im engeren Sinne: Beschreibung eines Bildkunstwerks im Text.
RhetorischeRhetorik Frage (interrogación oder pregunta retórica): Frage, auf die keine Antwort erwartet wird, da sie den Wert einer Feststellung hat. Beispiel: ¿Serás, amor / un largo adiós que no se acaba? (Pedro Salinas)
Praeteritio, auch Paralepsis (preterición, paralipsis, f.): Ausdrückliche Übergehung eines Gegenstandes, der dabei jedoch gerade genannt und u.U. hervorgehoben wird. Beispiel: Tiene asimismo maheridas danzas, así de espadas como de cascabel menudo […]; de zapateadores no digo nada, que es un juicio los que tiene muñidos (Miguel de Cervantes). (Dt.: Er hat auch Kunsttänze vorgesehen, sowohl Schwerter- als auch Schellentänze; von den Leuten für den Pantoffeltanz will ich gar nichts sagen; es ist ein Wunder, wieviel Tänzer er hierher bekommen hat.)
Aufgabe 4.4 ? Versuchen Sie, die genannten inhaltsbezogenen rhetorischenRhetorik Stilmitteln zu Klassen zu ordnen.
Aufgabe 4.5 ? Untersuchen Sie das Gedicht „A los celos“ (An die Eifersucht) von Luis de Góngora auf rhetorischeRhetorik Stilmittel.
¡Oh niebla del estado más sereno,
furia infernal, serpiente mal nacida!
¡Oh ponzoñosa víbora escondida
de verde prado en oloroso seno!
¡Oh entre el néctar de Amor mortal veneno,
que en vaso de cristal quitas la vida!
¡Oh espada sobre mí de un pelo asida1,
de la amorosa espuela2 duro freno!
¡Oh celo, del favor verdugo3 eterno!,
vuélvete al lugar triste donde estabas,
o al reino (si allá cabes4) del espanto;
mas no cabrás allá, que pues ha tanto
que comes de ti mesmo y no te acabas,
mayor debes de ser que el mismo infierno. (Góngora: 1967, 446f.)
1 espada … asida über mir hängendes Schwert (Anspielung auf den Damokles-Mythos) – 2 espuela Sporn; hier: Liebespfeil – 3 verdugo Henker – 4 caber Platz finden