4.1 Formale Charakteristika
Die nachfolgend zusammengefassten Charakteristika des Vorbereitungsdienstes werden anhand der vorliegenden Dokumente und Vorgaben (vgl. z.B. KMK 2012/2014) sowie auf Grundlage zusammenfassender Expertisen (vgl. z.B. Walke 2007, Walm/Wittek 2014) sowie einschlägiger, Forschungsstand und Formalia zusammenfassender Beiträge (vgl. z.B. Lenhard 2004, Kolbe/Kombe 2008), dargestellt und unterteilt in eine generalisierende Darstellung der strukturellen und formalen Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes in Deutschland sowie eine Charakterisierung der an der zweiten Phase beteiligten Personen. Letztere wird deshalb gewissermaßen separat und nicht als Teil der formalen Ausgestaltung aufgeführt, da im späteren Verlauf der Arbeit insbesondere auf an der Lehrerbildung der zweiten Phase beteiligte Lehrerbildner*innen eingegangen werden soll und diese auch, wie bereits oben angedeutet, die Forschungssubjekte des hier vorzustellenden Projekts darstellen.
4.1.1 Allgemeine Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes
Der Vorbereitungsdienst setzt sich zum Ziel, Akademiker*innen mit einem Lehramtsstaatsexamen, Master of Education oder Quereinsteiger, die vorher kein Lehramtsstudium absolviert haben, für den Schuldienst vorzubereiten. Eine übergeordnete Orientierung für die formale Gestaltung des Vorbereitungsdienstes liefern dabei die Ländergemeinsamen Anforderungen für die Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes und die abschließende Staatsprüfung der KMK (2012). Nach Artikel 12 des Grundgesetzes hat die zweite Phase „den Charakter einer allgemeinen Ausbildungsstätte“ (KMK 2012: 2). Die Zulassungsverfahren zum Vorbereitungsdienst unterscheiden sich in den einzelnen Ländern und können an bestimmte Voraussetzungen wie z.B. die Note des ersten Staatsexamens oder Fächerkombinationen geknüpft sein, im Allgemeinen sollte ein bestimmter Lehrerbedarf in einem Bundesland jedoch nicht über eine gewisse Einstellungspraxis in den Vorbereitungsdienst entscheiden (vgl. KMK 2012). So ist es laut KMK-Papier jedem Land jedoch auch möglich, eigenspezifische Zugangs- und Zulassungsregelungen zu treffen. Dies gilt ebenso für die innere Struktur des Vorbereitungsdienstes bzw. dessen Dauer, die stark schwankt von in der Regel 18 (z.B. NRW und Berlin) bis 24 Monaten (Bayern), in Hessen 21 Monaten. Der Vorbereitungsdienst findet überwiegend an zwei Lern- und Tätigkeitsorten statt, nämlich dem Studienseminar1 sowie der jeweiligen Ausbildungsschule (bzw. mehreren Ausbildungsschulen wie in Bayern) und bietet dabei mehrere „Ausbildungsformate“ (KMK 2012: 2) an: Neben einführenden Veranstaltungen sowie studienseminargebundenen Ausbildungsveranstaltungen in Seminarform über den gesamten Vorbereitungsdienst hinweg hospitieren die angehenden Lehrkräfte Unterricht, werden von Mentorinnen/Mentoren bzw. Ausbildungslehrkräften an den Schulen in eigenem Unterricht begleitet und führen eigenständig und eigenverantwortlich Unterricht durch. Studienseminare bilden im deutschlandweiten Vergleich häufig lehramtsbezogene Schwerpunkte, d.h. ein Studienseminar bildet beispielsweise nur Lehrkräfte für das Lehramt an Gymnasien oder nur für Berufsschulen aus (vgl. Walke 2007). Innerhalb der Studienseminare wird unterschieden in allgemeine und Fachseminare, wobei erstere allgemeinpädagogische oder -schulrelevante Kompetenzen fördern sollen, während die Fachseminare, in der Regel zwei für die beiden studierten und zu unterrichtenden Fächer, für die fachbezogene, explizit fachdidaktische Ausbildung der angehenden Lehrkräfte verantwortlich zeichnen. Walm und Wittek (2014) gruppieren die Ausbildungsmodelle der Bundesländer in drei verschiedene Formen: zum einen eine modularisierte Ausbildung mit festen Inhalten ohne jedoch eine primäre, d.h. feste Gruppe von Lehramtskandidat*innen, eine seminarbezogene Ausbildung in einer festen Gruppe sowie eine Mischung aus Seminaren und teils wählbaren Modulen (vgl. ebd.: 33).
Die inhaltlichen Anforderungen im Vorbereitungsdienst ergeben sich deutschlandweit einerseits aus den erstmals 2004 verabschiedeten und später novellierten bildungswissenschaftlichen Standards der Lehrerbildung der Kultusministerkonferenz (KMK 2014) sowie andererseits den 2012 beschlossenen Ländergemeinsamen Anforderungen für die Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes und die abschließende Staatsprüfung (KMK 2012), die dann durch entsprechende Erlasse und Verordnungen (Ausbildungs-/Prüfungsverordnungen) in den Bundesländern umgesetzt werden. Die Lehrerbildungsstandards, die auch als eine Konsequenz des Berichts der KMK-Kommission gesehen werden können (vgl. Terhart 2000), stehen dabei als Grundlage in dem Anspruch einer deutschlandweit qualitätssichernden Lehrerbildung. Die KMK-Kommission war zu zahlreichen Empfehlungen die Ausgestaltung der Lehrerbildung in Deutschland betreffend gekommen, unter anderem recht explizit zur zweiten Phase (vgl. Terhart 2000). Die Standards der Lehrerbildung im Bereich Bildungswissenschaften formulieren Kompetenzen sowohl für die theoretischen als auch für die praktischen Ausbildungsabschnitte, sind aber so zu verstehen, dass sich diese Abschnitte in allen Phasen in gewisser Weise bzw. verschiedentlicher Schwerpunktsetzung finden lassen: „Ausgehend von dem Schwerpunkt Theorie erschließt die erste Phase die pädagogische Praxis, während in der zweiten Phase diese Praxis und deren theoriegeleitete Reflexion im Zentrum stehen.“ (KMK 2014: 4) Zu diesen Kompetenzen gehören (vgl. KMK 2014: 7ff.):
1 Lehrerinnen und Lehrer planen Unterricht unter Berücksichtigung unterschiedlicher Lernvoraussetzungen und Entwicklungsprozesse fach- und sachgerecht und führen ihn sachlich und fachlich korrekt durch.
2 Lehrerinnen und Lehrer unterstützen durch die Gestaltung von Lernsituationen das Lernen von Schülerinnen und Schülern. Sie motivieren alle Schülerinnen und Schüler und befähigen sie, Zusammenhänge herzustellen und Gelerntes zu nutzen.
3 Lehrerinnen und Lehrer fördern die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler zum selbstbestimmten Lernen und Arbeiten.
4 Lehrerinnen und Lehrer kennen die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen, etwaige Benachteiligungen, Beeinträchtigungen und Barrieren von und für Schülerinnen und Schüler(n) und nehmen im Rahmen der Schule Einfluss auf deren individuelle Entwicklung.
5 Lehrerinnen und Lehrer vermitteln Werte und Normen, eine Haltung der Wertschätzung und Anerkennung von Diversität und unterstützen selbstbestimmtes Urteilen und Handeln von Schülerinnen und Schülern.
6 Lehrerinnen und Lehrer finden Lösungsansätze für Schwierigkeiten und Konflikte in Schule und Unterricht.
7 Lehrerinnen und Lehrer diagnostizieren Lernvoraussetzungen und Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern; sie fördern Schülerinnen und Schüler gezielt und beraten Lernende und deren Eltern.
8 Lehrerinnen und Lehrer erfassen die Leistungsentwicklung von Schülerinnen und Schülern und beurteilen Lernen und Leistungen auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe.
9 Lehrerinnen und Lehrer sind sich der besonderen Anforderungen des Lehrerberufs bewusst. Sie verstehen ihren Beruf als ein öffentliches Amt mit besonderer Verantwortung und Verpflichtung.
10 Lehrerinnen und Lehrer verstehen ihren Beruf als ständige Lernaufgabe.
11 Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich an der Planung und Umsetzung schulischer Projekte und Vorhaben.
Die Kompetenzen (und ihre hier nicht aufgeführten Standards) lassen sich untergliedern in die Bereiche Unterrichten (1-3), Erziehen (4-6), Beurteilen (7 und 8) und Innovieren (9-11). Die Anbahnung dieser Kompetenzen wird im Laufe der ersten Phase in der Hochschule erwartet, die KMK-Beschlüsse zur Gestaltung des Vorbereitungsdienstes (vgl. KMK 2012) erweitern diese primär um Formalitäten, stellen jedoch ebenfalls heraus, dass die Handlungsfelder, Kompetenzen sowie Standards die Grundlage der Ausbildung sein müssen. Inwiefern die Standards mittels der länderspezifischen und dort schulrechtlich verankerten Vorgaben erreicht werden, unterscheidet sich im deutschlandweiten Vergleich.2 So setzen einzelne Bundesländer auf allgemeine Vorgaben, um den Studienseminaren Gestaltungsspielraum zu geben (z.B. in NRW), während andere eine stärkere Strukturierung sowie inhaltliche Bereiche definieren (z.B. in Hamburg und Hessen; vgl.