Achtsamkeit: aufmerksam beobachten, ohne zu bewerten, alles wahrnehmen, was in Ihnen und um Sie herum geschieht, ohne Gründe zu suchen oder Hypothesen zu bilden, offen sein für das, was gerade im Moment geschieht, mit allen Sinnen ganz fokussiert die Welt in sich aufnehmen.
Gelassenheit: Menschen und Dinge so sein lassen, wie sie sind, loslassen können, nichts mit Gewalt festhalten wollen, innere Balance finden und behalten, auch in schwierigen Situationen nicht die Nerven verlieren.
Innenschau: in sich hineinhorchen, die eigenen Bedürfnisse erkennen und beachten, eigene Anteile an Konflikten oder Missverständnissen kritisch hinterfragen, Verantwortung übernehmen, zu Schwächen, Fehlern und Eitelkeiten stehen, vor der eigenen Tür kehren.
Optimismus: eine positive Grundeinstellung pflegen, die heiteren Stunden zählen, das halbvolle Glas oder das Licht am Ende des Tunnels sehen, darauf vertrauen, dass nach dem Regen wieder die Sonne scheinen wird, davon ausgehen, dass am Ende doch alles gut werden wird, in schwierigen Zeiten auf Unterstützung hoffen, die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten bewusst einsetzen, um ans Ziel zu kommen.
Handeln: tatkräftig zupacken, nicht allzu lange zaudern oder zögern, Pläne umsetzen, Neues ausprobieren, aus Fehlern lernen, kalkulierte Risiken eingehen, das Heft in die Hand nehmen, Gelegenheiten beim Schopf packen, Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden und sich nicht in Details verzetteln.
Wenn Sie mögen, können Sie sich folgende fünf Gesten für das Selbstfürsorgekonzept einprägen: Achtsamkeit: eine Hand aufs Herz legen, Gelassenheit: beide Arme anwinkeln und aus Daumen und Zeigefingern beider Hände jeweils ein »O« formen, Innenschau: mit Zeige- und Mittelfinger einer Hand auf Ihre Augen deuten, Optimismus: beide Daumen hoch, Handeln: eine Faust machen und »tschakka« sagen. Durch solche Gesten verankern Sie die Werkzeuge dauerhaft in Ihrem Gedächtnis und können sich jederzeit daran erinnern.
Gefühle und Stimmung einfangen
Ihr persönliches Ziel der Selbstfürsorge ist wahrscheinlich nicht jeden Tag gleich, sondern es verändert sich immer wieder. Um die Werkzeuge der Selbstfürsorge zielführend einzusetzen, lade ich Sie dazu ein, sich einen Moment lang zurückzulehnen und über folgende Fragen nachzudenken:
Was wünschen Sie sich derzeit am meisten?
Was fehlt Ihnen besonders schmerzlich?
Worauf warten Sie schon seit längerer Zeit?
Was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Beobachten Sie aufmerksam, welche Gefühle sich bei dieser Reflexion einstellen – positive Gefühle wie Vorfreude, Hoffnung, Erregung und Neugier, oder negative Gefühle wie Trauer, Angst, Enttäuschung und Resignation, oder von allem etwas? Prüfen Sie Ihre Stimmung, während Sie über Ihre Wünsche und Bedürfnisse nachdenken – wird sie besser, weil Sie sich auf etwas freuen, wird sie schlechter, weil Ihnen bewusst wird, was Ihnen fehlt, oder bleibt sie unverändert?
Gefühle und Stimmung sind ein gutes Barometer für Ihren Seelenzustand, und wenn Sie sie aufmerksam wahrnehmen, trainieren Sie sowohl Ihre Achtsamkeit als auch Ihre Fähigkeit in sich hineinzuhorchen. Außerdem können Sie anhand Ihrer Gefühle und Stimmungsveränderungen feststellen, wie viel Selbstfürsorge Sie gerade brauchen: Sind Sie gelassen, ausgeglichen und eher positiv gestimmt, sorgen Sie offenbar gut für sich. Sind Sie jedoch in Not und verschlechtert sich Ihre Stimmung, benötigen Sie mehr Selbstfürsorge.
Sich auf den Weg machen
Überlegen Sie nun, in welcher Form Sie sich ab sofort auf den Weg zu mehr Selbstfürsorge machen wollen, beispielsweise:
Sie schreiben ein Selbstfürsorge-Tagebuch.
Sie setzen sich ein konkretes Selbstfürsorgeziel und erstellen einen Plan.
Sie machen Selbstfürsorge zum Thema in Ihrer Familie oder in Ihrem Freundeskreis.
Wenn Sie innerlich überzeugt davon sind, dass Sie erfolgreich sein werden, nehmen Sie eine optimistische Haltung ein und erhöhen Ihre Selbstwirksamkeitserwartung, also die Zuversicht darauf, dass Sie aus eigener Kraft die vor Ihnen liegenden Herausforderungen bewältigen können. Sobald Sie dann tatsächlich ein Tagebuch angelegt, einen Plan erarbeitet oder Selbstfürsorge thematisieret haben, sind Sie ins Handeln gekommen. Und so haben Sie bereits in den ersten Minuten Ihrer Beschäftigung mit dem Thema Selbstfürsorge das AGIOH-Prinzip beherzigt.
Nehmen Sie Ihr Tagebuch, einen Notizblock oder Ihr Smartphone zur Hand und notieren Sie sechs Ziele für Ihre Selbstfürsorge: jeweils zwei kurz-, mittel- und langfristige Ziele. Vielleicht ergeben sich diese Ziele aus Ihrer oben beschriebenen Reflexion. Oder Ihnen fallen weitere Lebensbereiche ein, in denen Sie sich gerne besser um sich selbst kümmern möchten. Ein Beispiel: »Ich werde mittelfristig abends früher ins Bett gehen, um morgens erholter aufzuwachen.« Ich lade Sie im Verlauf der nächsten Kapitel ein, sich intensiver mit Ihren sechs Zielen zu beschäftigen, sie zu konkretisieren und umzusetzen. Es ist erfahrungsgemäß leichter, sich auf den Weg zu machen, wenn man ein Ziel hat (oder mehrere) – natürlich sind die Ziele nicht in Stein gemeißelt, sondern sie können und dürfen sich ändern. Aber mit irgendeinem Ziel fangen Sie einfach mal an.
Glück im Augenblick finden
Das Ziel von Selbstfürsorge ist, dass es Ihnen gut geht. Was das genau bedeutet, ist individuell sehr unterschiedlich – abhängig beispielsweise von den aktuellen Lebensumständen, den eigenen Normen und Werten oder der Persönlichkeitsstruktur: Der eine braucht liebe Menschen um sich herum, um sich wohlzufühlen, der andere hat Bedarf nach Ruhe und Selbstbesinnung. Ein junger Mensch fühlt sich wohl, wenn er viele neue Herausforderungen meistern kann, während ein älterer Mensch vielleicht vollkommen zufrieden damit ist, seine tägliche Routine zu bewältigen. Wer gesund ist, wünscht sich Erfolg oder die Erfüllung materieller Wünsche, wohingegen ein kranker Mensch sich möglicherweise schon wohlfühlt, wenn er keine Schmerzen mehr hat. Daher lade ich Sie in diesem Buch immer wieder dazu ein innezuhalten und zu prüfen, was Sie jetzt im Moment brauchen, um sich wohl, geborgen und versorgt zu fühlen. Nehmen Sie sich, wenn möglich, mehrmals am Tag einen Augenblick Zeit, um Ihr Befinden wahrzunehmen und sich zu überlegen, ob gerade alles so bleiben kann, wie es ist, oder ob Sie etwas tun können und sollten, damit es Ihnen besser geht. Denn Selbstfürsorge ist ein stetiger Prozess, der niemals abgeschlossen ist, sondern im Sinne einer inneren Haltung wächst und für Gedeihen sorgt. Sie werden dadurch zufriedener und glücklicher leben!
Selbstfürsorge beginnt mit kleinen, vermeintlich nebensächlichen Dingen: Ich schreibe dieses Kapitel an einem heißen Sommertag und merke plötzlich, dass ich trotz der Hitze kalte Füße habe. Kalte Füße? Bei 30 Grad Celsius im Schatten? Ja! Es ist, wie es ist – meine Füße sind kalt. Also hole ich mir warme Kuschelsocken aus dem Schrank. Nun kann mich wieder ganz aufs Schreiben konzentrieren, weil ich mein Störgefühl ernst genommen und für warme Füße gesorgt habe.
Glück ist »wie eine Sonne, die eine Schar von Trabanten um sich herum hat: Behagen, Vergnügen, Lust, Zufriedenheit, Freude, Seligkeit, Heil«, schrieb