(2.28)
wobei die molaren Enthalpien jeweils mit dem zugehörigen (dimensionslosen und positiven) stöchiometrischen Koeffizienten v multipliziert wurden. Diese formale Definition ist zunächst einmal von geringem praktischen Nutzen, denn die absoluten Werte der molaren Standardenthalpien sind unbekannt; allerdings kann dieses Problem umgangen werden, wie wir in Abschn. 2.3.2 sehen werden.
Für Standardenthalpien einiger besonders wichtiger Reaktionen werden spezielle Namen verwendet. So ist die Standardverbrennungsenthalpie ΔCH⊖ die Standardreaktionsenthalpie der vollständigen Oxidation einer organischen Verbindung zu gasförmigem CO2 und flüssigem H2O (wenn die Substanz nur C, H, O enthält) sowie gasförmigem N2 (wenn auch Stickstoff in der Verbindung vorkommt).
Illustration 2.9
Die Reaktionsgleichung für die Verbrennung von Glucose lautet
Das bedeutet: Wenn 1 mol C6H12O6 unter Standardbedingungen bei 298 K verbrannt wird, wird eine Wärmemenge von 2808 kJ freigesetzt. Einige weitere Werte finden Sie in Tab. 2.5.
Tab. 2.5 Standardbildungs- und -verbrennungsenthalpien organischer Verbindungen bei 298 K.*)
Substanz | ΔBH⊖/(kJ mol–1) | ΔCH⊖/(kJ mol–1) |
Benzol, C6H6(l) | +49,0 | –3268 |
Ethan, C2H6(g) | –84,7 | –1560 |
Glucose, C6H12O6(s) | –1274 | –2808 |
Methan, CH4 (g) | –74,8 | –890 |
Methanol, CH3OH(l) | –238,7 | –721 |
*) Weitere Werte finden Sie im Tabellenteil im Anhang dieses Buchs.
(c) Der Satz von Hess
Die Standardenthalpien komplexer Reaktionen kann man durch geeignete Kombination der Enthalpien einfacherer Teilreaktionen bestimmen. Dieser Satz von Hess ist eine spezielle Anwendung des Ersten Hauptsatzes der Thermodynamik:
Die Standardenthalpie einer Reaktion ist gleich der Summe der Standardenthalpien einer Folge von Reaktionen, in die die betreffende Reaktion formal zerlegt werden kann.
Diese Einzelschritte müssen praktisch nicht unbedingt realisierbar sein; die Zerlegung kann in rein hypothetische Teilreaktionen erfolgen, einzig unter der Bedingung, dass die Stoffbilanz erfüllt ist. Thermodynamisch ist die Gültigkeit des Satzes von Hess damit zu begründen, dass die Enthalpie eine Zustandsfunktion und ihr Wert damit wegunabhängig ist, solange Ausgangsstoffe und Produkte der Bruttoreaktion gleich bleiben. Unabhängig davon, durch welche Reaktionsfolge (die auch hypothetische Schritte enthalten darf) wir von den angegebenen Reaktanten zu den gewünschten Produkten kommen, ist die Enthalpieänderung des Gesamtprozesses stets gleich. Die Bedeutung des Satzes von Hess besteht darin, dass wir eine bestimmte, auf direktem Weg vielleicht schwer zu untersuchende Reaktion anhand von Kenndaten bekannter Reaktionen beschreiben können.
Beispiel 2.4: Die Anwendung des Satzes von Hess
Die Standardreaktionsenthalpie der Hydrierung von Propen,
beträgt -124 kJ mol-1. Die Standardreaktionsenthalpie der Verbrennung von Propan,
beträgt -2220 kJ mol-1. Die Standardbildungsenthalpie von Wasser,
ist -286 kJ mol-1. Wie groß ist die Standardreaktionsenthalpie für die Verbrennung von Propen?
Vorgehensweise Mit diesem Beispiel wollen wir den Aufbau einer thermochemischen Gleichung aus Teilschritten üben. Wir versuchen, die gesuchte Reaktion durch Addition und Subtraktion der gegebenen und ggf. anderer erforderlicher Teilreaktionen aufzubauen. Dann können wir die Reaktionsenthalpien der Teilschritte entsprechend addieren und subtrahieren.
Lösung Die gesuchte Verbrennungsreaktion ist
Sie kann als Summe folgender Reaktionen geschrieben werden:
ΔRH⊖/kJ mol-1 | |
C3H6 (g) + H2 (g) → C3H8 (g) | −124 |
C3H8 (g) + 5 O2 (g) → 3 CO2 (g) + 4 H2O (l) | −2220 |
|
+286 |
|
−2058 |
Selbsttest 2.4
Berechnen Sie die Hydrierungsenthalpie von flüssigem Benzol aus seiner Standardverbrennungsenthalpie (−3268 kJ mol−1) und der Standardverbrennungsenthalpie von flüssigem Cyclohexan (−3920 kJ mol−1).
[Antwort: −206 kJ mol−1]
2.3.2 Standardbildungsenthalpien
Die Standardbildungsenthalpie ΔBH⊖