Abb. 1.4 Die Änderung des Volumens einer festen Stoffmenge eines idealen Gases mit der Temperatur bei konstantem Druck. Für T 0 laufen alle Isobaren auf V = 0 zu, was θ = -273, 15 °C entspricht.
Abb. 1.5 Bei konstantem Volumen ist auch der Zusammenhang zwischen Druck und Temperatur eines idealen Gases linear. Alle hier gezeigten Geraden, die als Isochoren bezeichnet werden, laufen bei T = 0 (θ = –273, 15 °C) auf p = 0 zu.
Hinweis Eine Beziehung zwischen zwei Größen, deren Gültigkeit überprüft werden soll, sollte man möglichst in einen linearen Zusammenhang überführen, da man bei der grafischen Auftragung Abweichungen von einer Gerade viel leichter erkennen kann als Abweichungen von einer Kurve. Die Formulierung von Beziehungen, die bei einer grafischen Auftragung in einer Geraden resultieren, ist eine äußerst wichtige und weit verbreitete Vorgehensweise in der Physikalischen Chemie.
Die durch die Gln. (1.3a) bis (1.3d) beschriebenen empirischen Befunde können wie folgt in einer einzigen Gleichung zusammengefasst werden:
Dieser Ausdruck steht im Einklang mit dem Gesetz von Boyle (pV = konstant) für n, T= konstant, mit beiden Schreibweisen des Gesetzes von Charles (p α T, V α T) für n, V = konstant bzw. n, p = konstant sowie mit dem Avogadro-Prinzip (V α n) für p, T = konstant. Der für alle Gase gleiche Proportionalitätsfaktor wird als (molare) Gaskonstante R bezeichnet. Der resultierende Ausdruck
heißt ideales Gasgesetz (oder Zustandsgleichung des idealen Gases). Sie ist die näherungsweise gültige Zustandsgleichung aller Gase und trifft umso exakter zu, je kleiner der Druck des Gases ist. Ein Gas, das Gl. (1.4) immer exakt erfüllt, heißt ideales Gas. Gase, die durch Gl. (1.4) nur im Grenzfall p → 0 exakt beschrieben werden, und bei höheren Drücken immer stärker vom idealen Verhalten abweichen, nennt man reale Gase. Um den Wert der Gaskonstante zu bestimmen, berechnet man für ein Gas im Grenzfall sehr kleinen Drucks (d. h. bei nahezu idealem Verhalten) R = pV/nT.
Die Fläche in Abb. 1.6 zeigt den Verlauf des Drucks einer bestimmten Gasmenge in Abhängigkeit von ihrem Volumen und ihrer thermodynamischen Temperatur entsprechend Gl. (1.4). Ein ideales Gas kann nur Zustände in dieser Fläche annehmen: es kann nicht in Zuständen vorliegen, die Punkten außerhalb dieser Fläche entsprechen. Die Kurven in den Abb. 1.2, 1.4 und 1.5 sind Schnitte durch diese Fläche, wie in Abb. 1.7 dargestellt.
Abb. 1.6 Ausschnitt aus der p, V , T -Fläche einer gegebenen Stoffmenge eines idealen Gases. Zu allen Zuständen, die das Gas annehmen kann, gehört jeweils ein Punkt auf dieser Fläche.
Abb. 1.7 Als Schnitte durch die in Abb. 1.6 dargestellte Fläche erhält man für konstante Temperatur die Isothermen aus Abb. 1.2, für konstanten Druck die Isobaren aus Abb. 1.4 und für konstantes Volumen die Isochoren aus Abb. 1.5.
Beispiel 1.1: Anwendung der Zustandsgleichung des idealen Gases
In einem Industrieprozess wird Stickstoff in einem Gefäß mit konstantem Volumen auf 500 K erhitzt. Bei Eintritt in den Behälter beträgt sein Druck p = 100 atm und seine Temperatur T = 300 K. Unter welchem Druck steht das Gas bei Arbeitstemperatur, wenn es sich ideal verhält?
Vorgehensweise Da die Temperatur ansteigt, erwarten wir, dass der Druck zunimmt. Die Zustandsgleichung des idealen Gases in der Form pV/nT = R zeigt, dass pV/nT konstant ist und die Werte der Variablen für zwei Zustände durch ein „kombiniertes Gasgesetz“ zusammenhängen:
(1.5)
Diese Beziehung lässt sich einfach nach der unbekannten Größe umstellen (in diesem Fall p2), um diese aus den drei bekannten Größen zu berechnen. Die bekannten bzw. unbekannten Größen sind:
Lösung Kürzen des Volumens (wegen V1 = V2) und der Stoffmenge (wegen n1 = n2) auf beiden Seiten der kombinierten Gleichung liefert
oder nach Umstellen
Einsetzen der Zahlenwerte ergibt
Selbsttest 1.1
Wenn der Enddruck im beschriebenen Prozess 300 atm beträgt, wie hoch ist dann die Temperatur?
[Antwort: 900 K]
Die Zustandsgleichung des idealen Gases ist in der Physikalischen Chemie von zentraler Bedeutung, da auf ihrer Grundlage zahlreiche thermodynamische Beziehungen hergeleitet werden können. Außerdem lässt sie sich in der Praxis zur Berechnung der Eigenschaften von Gasen unter vielfältigen Bedingungen anwenden. So kann man das molare Volumen Vm = V/n eines idealen Gases unter Standard-Umgebungsbedingungen (SATP, 298, 15K und 105 Pa =1 bar) leicht berechnen: Vm = RT/p = 24, 789 dm3 mol−1. Früher wurden häufig auch die sogenannten Standardbedingungen (STP, 0 °C und 1 atm) verwendet; dasmolare Volumen