Welt der Schwerter. E. S. Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: E. S. Schmidt
Издательство: Bookwire
Серия: Welt der Schwerter
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783948695613
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      Wieso tat die Erdmutter ihr das an? Warum zeigte sie ihr, wie die Sehnsucht ihres Herzens Erfüllung finden konnte, nur um diese dann in unerreichbare Ferne zu rücken? Das war nicht redlich. Das war grausam.

      »Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!« Wer bekam schon den Märchenprinzen? Nur die Akh’Eldash!

      Es war, wie es war. Sie würde nicht daran zerbrechen, sondern ihren Weg weitergehen und diese Nacht wie einen Schatz in ihrem Herzen verwahren. Es war ein Versprechen an sich selbst, wie sie sich zuvor schon einige gegeben hatte, und sie hatte sich selbst noch nie enttäuscht. Sie war stark. Seit Orrens Tod hatte sie immer auf eigenen Beinen gestanden, war niemandem zu Dank verpflichtet gewesen. Wenn sie etwas erhalten hatte, war es immer ein Geschäft gewesen und ihre Gegenleistung prompt. Sie hatte sich nie etwas schenken lassen, sich nicht beschützen und schon gar nicht aushalten lassen. Sie konnte für sich selbst sorgen.

      Aber jetzt besaß sie ein metallbesetztes Wams, das sie nicht gekauft und dazu einen Helm, der sie nichts gekostet hatte, sie aß am Tisch des Prinzen und ritt auf einem Ul­phan, der ihm gehörte, und was verlangte er dafür?

      Sie wusste, was die anderen dachten, allen voran Leron mit seinem unverschämten Grinsen. Gut, sie hatte das Bett des Prinzen geteilt, und bei der Göttin, sollte sie jemals wieder die Gelegenheit dazu haben, würde sie es erneut tun. Aber sie tat es nicht für Geld oder um irgendeinen Vorteil zu erlangen. Sie tat es, weil es ihr gefiel. Sie war Kira, die ihren Weg selbst bestimmte, und bei den drei Ammen, sie würde mitnehmen, was immer sie von diesem Leben bekommen konnte.

      Abgesehen davon gab sie sich nicht der Illusion hin, diese Nacht wäre einen guten Helm und eine Schildjacke wert gewesen. Sie hatte für ihn gekämpft, an seiner Seite. Dafür bekam jeder Soldat seinen Sold.

      Sold, sagte jene Stimme in ihr, aber nicht Geschenke. Keine fetten Würste vom Tisch des Herren. Aber sie würde keine Mätresse sein, keine Gespielin und auch kein Schoßhund, dem man den Kopf kraulte. Sie war nicht hier, um den Prinzen zu amüsieren. Es wurde wirklich Zeit zu gehen.

      Sie zog sich an: ihr Mieder, ihre Hosen. Das waren ihre Sachen. Den Rest würde sie als Leihgabe betrachten, wie das Kleid, und zurücklassen. Zwar war da ein leises Gefühl des Bedauerns, als sie die Schildjacke betrachtete, aber sie wäre sich schäbig vorgekommen, sie mitzunehmen. Noch einmal blickte sie sich um, fand nichts mehr, das ihr Eigentum war, und wandte sich zum Gehen.

      Leron stand ihrer Tür gegenüber an die Wand gelehnt. Es war keine Frage, wozu er hier war. Siluren hatte ihn ganz offenbar dazu abkommandiert, auf sie aufzupassen. Wieder einmal.

      »Du sollst mich aufhalten, wenn ich gehe«, stellte sie fest.

      Er nickte.

      Sie legte die Hand ans Rapier. »Ich kann dich besiegen, das weißt du.«

      Er wirkte fast traurig, als er antwortete: »Würdest du das wirklich tun? Mir eine Klinge in die Kehle rammen, nur um einem Gespräch aus dem Weg zu gehen?«

      Sie empfand gute Lust dazu. »Er hat kein Recht, mich einzusperren.«

      Jetzt wiegte Leron zweifelnd den Kopf. »Er ist der Prinz.«

      »Ich sollte wohl froh sein, dass es nicht der Kerker ist, wie?« Sie ging ins Zimmer zurück und warf die Tür hinter sich zu.

      Dann setzte sie sich so, wie sie war, mit Mantel und Waffen, auf einen der beiden Stühle, die links und rechts des Tisches an der Wand standen, und wartete.

      Irgendwann erklangen Stimmen im Gang, dann klopfte es. Sie antwortete nicht gleich, ließ ihn noch einmal klopfen, ehe sie aufstand und ihm öffnete.

      Da stand er, lächelte verlegen. »Darf ich eintreten?«

      Wortlos machte sie einen Schritt zur Seite.

      Er trat ein und sah sich um, offenbar tatsächlich interessiert daran, wie seine Untergebene so untergebracht war. Dann setzte er sich und forderte sie auf, ebenfalls Platz zu nehmen. Sie tat es, steif und widerwillig. Sie saßen auf beiden Seiten des Tisches, aber nicht einander gegenüber. Stattdessen blickten sie beide auf das Bett, wie Kira mit leisem Unbehagen feststellte.

      »Eigentlich«, begann er, »erwarte ich, dass Menschen in meinem Dienst meinen Befehlen Folge leisten.«

      »Nun, ich stehe nicht in Eurem Dienst. Ich habe keine Siegelmarke und weder Handgeld noch Sold erhalten.«

      »Du hast recht. Das müssen wir ändern.«

      Sie seufzte und ließ die Schultern sinken. »Hoheit. Wir beide wissen, ich bin eine Gefahr für Euch.«

      »Möglich. Aber du bist auch eine Gelegenheit.«

      Sie verstand nicht, und er erklärte es ihr. »Ich denke, du weißt mehr über Krolan, als du mir bisher erzählt hast.«

      »Ich soll Euch von Krolan erzählen?«

      »Ist das so abwegig?«

      »Nein, aber … trotzdem. Er könnte im Traum Dinge von mir erfahren, und ich würde mich nicht einmal daran erinnern.«

      »Nur, wenn er dich tatsächlich noch einmal heimsuchen sollte, was Inselm für unwahrscheinlich hält. Dennoch werden wir dafür sorgen, dass du nur solche Dinge weißt, die wir Krolan wissen lassen wollen. Wie bei Geran.«

      »Ihr könnt nicht alles vor mir geheimhalten. Ich werde wissen, wo wir sind und wohin wir marschieren.«

      Er lächelte schwach. »Wir werden mit zwanzigtausend Mann unterwegs sein. Das lässt sich kaum geheimhalten.«

      Das war richtig. Krolan würde noch mehr Spione im Lande haben, auch solche, die ihr Wissen auf althergebrachte Weise in Briefen oder Schwirrern teilten. Vielleicht konnte der Prinz sie tatsächlich zur Täuschung einsetzen, so wie er es mit Geran getan hatte. Resigniert senkte sie den Kopf. »Offenbar habt Ihr das alles schon sehr genau durchdacht.«

      »Das habe ich, und es gibt tatsächlich nur ein einziges Argument, dem ich mich beugen würde.«

      Unsicher hob sie den Kopf. Er sah sie ernst an. »Willst du fort von mir?«

      Sie hielt das Wort zurück, das sich ihr auf die Zunge drängte: nein!

      Allein der Gedanke, ihn niemals wiederzusehen, schmerzte. Aber es würde später noch mehr schmerzen. Je länger sie es andauerte, je länger sie es hinauszögerte, umso größer würde die Wunde sein, die der unvermeidliche Abschied schließlich reißen musste.

      Doch Kira Idrastochter hatte sich noch vor keinem Schmerz gedrückt. Sie würde den Krug bis zur Neige leeren und den unvermeidlichen Kater in Kauf nehmen.

      »Ich verlange festen Sold, so hoch wie der Lerons.«

      Er wiegte den Kopf. »Leron ist Korporal und steht seit Jahren im Dienst meiner Familie.«

      »Mein Schwert ist flinker als das seine.«

      Er nickte. »Nun gut. Einverstanden.«

      »Ich werde Helm und Jacke als Leihgabe betrachten, um meinen Dienst besser versehen zu können. Doch ich bin nicht Eure Konkubine.«

      Sein Blick ging kurz zum Bett hinüber. »Das ist … bedauerlich.«

      »Ihr versteht mich falsch. Das soll nur heißen, ich erwarte keine Geschenke.« Als sein Blick dem ihren wieder begegnete, fügte sie an: »Ich werde Euch ja auch keine machen.«

      Er lächelte. »Verstehe.«

      »Gut. Dann haben wir wohl alles geklärt.«

      »Nicht ganz.« Jetzt wandte er sich ihr zu, streckte die Beine unter den Tisch und stützte die Arme darauf. »Du weißt sehr viel über mich. Wie ich für meinen Vater empfinde und für meinen Bruder. Du kennst meine Selbstzweifel, meine Leidenschaft für das Wissen und sogar den Helden meiner Jugend. Aber ich weiß so gut wie nichts über dich.«

      Sie zögerte. Ihre Vergangenheit war nichts, das sie jedem auf die Nase band. Aber er war nicht jeder, und vielleicht schuldete sie ihm tatsächlich etwas Offenheit.

      »Was