In der Champions League mitspielen
Felix Beuschlein überrascht ein zweites Mal, als er erzählt, dass ihn Personalentscheide meist mehr herausfordern als medizinische Fragen. Gute Entscheide in medizinischen Fragen sind ein wesentliches Element der Qualität seiner Arbeit und für die Patient*innen direkt spürbar. Sie gehören zu seinem Alltag und es ist sehr entlastend und für die Entscheide gewinnbringend, dass sie in der Gruppe gefällt werden.
Personalentscheide muss er jedoch als Klinikdirektor allein fällen. Ein Universitätsspital ist nicht nur ein Spital, sondern auch eine Ausbildungsinstitution. Als Direktor muss er sich immer wieder die Frage stellen, wie er die einzelnen Mitarbeiter*innen fördern kann. Es geht aber auch um Fragen der Selektion. Nicht alle können Chefarzt oder Chefärztin werden und viele der Assistenzärzt*innen müssen die Klinik nach zwei bis drei Jahren wieder verlassen. Nur wenige werden Oberarzt beziehungsweise Oberärztin. Hier stehen immer wieder Entscheidungen an, die Felix Beuschlein nicht leichtfallen.
Die Klinik muss sowohl auf medizinischer als auch auf wissenschaftlicher Ebene hohe Leistungen erbringen, an denen Felix Beuschlein als Direktor, Chefarzt und Professor gemessen wird. Das Universitätsspital Zürich spielt nicht in der zweiten Liga, sondern in der Champions League. Da herrscht ein hoher Leistungsdruck, den er als Direktor der Klinik aushalten muss. Deshalb wechselte er nach Zürich und deshalb hat er diese Aufgabe übernommen. Um Erfolg zu haben, muss er – ähnlich wie ein Fussballtrainer – die richtigen Personen im Team haben. So wie nicht alle Fussballer*innen in der Champions League spielen können, so können auch nicht alle Ärzt*innen in der obersten Liga mitwirken. Manche haben das Können und den Biss dazu, andere nicht. Während man die einen fördern muss, trennt man sich von den anderen. Dies ist häufig nicht einfach und meist unangenehm. Umso mehr als man intensiv im Team arbeitet und Vertrauen eine wesentliche Grundlage der Zusammenarbeit ist. Gleichzeitig besteht aber immer auch eine Konkurrenzsituation zwischen den Assistenzärzt*innen.
Früher lösten solche Entscheidungen bei Felix Beuschlein Stress aus. Immer wieder fragte er sich, wie die betreffenden Mitarbeiter*innen mit seiner Entscheidung fertig würden. Unterdessen gelingt es ihm, mit solchen Situationen besser umzugehen. Ihm ist wichtig, den betreffenden Mitarbeiter*innen möglichst früh seine Einschätzung mitzuteilen, Defizite anzusprechen und damit transparent zu sein. Wenn er auf solche Entscheide zurückblickt, merkt er, dass das Schwierigste dabei nicht der Entscheid war, sondern die Kommunikation des Entscheids und die Reaktionen der Betroffenen.
Bereit sein, alles zu geben
Als dritten Entscheidungsbereich erwähnt Felix Beuschlein Entscheidungen, die sein eigenes Leben als Mensch, als Wissenschaftler, als Arzt und als Führungsperson betreffen. Früh stand fest, dass er in seinem Beruf Karriere machen will. Er war bereits als Jugendlicher sehr leistungsbezogen. Etwas zu leisten, nicht nur im Beruf, sondern auch im Sport und anderen Bereichen, war für Felix Beuschlein schon immer wichtig. Sein beruflicher Werdegang folgte dabei nicht einem festgelegten Plan, sondern der Suche nach neuen Herausforderungen. Dies ist bis heute so. Er hätte sich in München ein bequemes Leben machen können. Er besass dort ein schönes Haus, hatte eine gute Position, die Kinder waren mittlerweile erwachsen … und doch zog es ihn nach Zürich, um eine neue Herausforderung anzunehmen und einen nächsten Schritt zu machen.
Als Klinikdirektor ist er in drei verschiedenen Gebieten gefordert. Als Wissenschaftler muss er in seinem Fachgebiet immer auf dem neusten Stand sein, mit seiner Forschung den Erkenntnisstand weiter vorantreiben, in renommierten «Journals» dazu publizieren und weltweit an Konferenzen präsent sein. Als Chefarzt muss er für seine Patient*innen da sein, die Qualität der Klinik sichern und die Mitarbeiter*innen fordern und fördern. Und als Führungsperson ist er dafür zuständig, dass die Klinik erfolgreich ist, ihre Ziele erreicht und die Prozesse möglichst reibungslos und effizient ablaufen. Im Alltag von Felix Beuschlein gilt es, in diesem Geflecht von Aufgaben und Verantwortungen immer wieder zu priorisieren und Entscheide für das eine und gegen das andere zu fällen. «Soll ich einer Einladung für einen Hauptvortrag in Tokio annehmen? Oder werde ich in dieser Zeit an der Klinik gebraucht?» «Welches nächste Forschungsprojekt soll angegangen werden?» «Was machen wir nicht?» Zeit ist eine Ressource, die in der Wahrnehmung von Felix Beuschlein immer weniger wird. So gilt es umso mehr, mit dieser knappen Ressource bewusst umzugehen und kluge Entscheidungen zu treffen. Unvorstellbar ist es für Felix Beuschlein, nicht zu wissen, was er mit seiner Zeit anfangen soll.
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