Gang Gottes über die Nationen! Geist der Gesetze, Zeiten, Sitten und Künste, wie sie sich einander gefolgt! zubereitet! entwickelt und vertrieben! (4, 88)
Eben die Eingeschränktheit meines Erdpunktes, die Blendung meiner Blicke, das Fehlschlagen meiner Zwecke, das Rätsel meiner Neigungen und Begierden, das Unterliegen meiner Kräfte nur auf das Ganze eines Tages, eines Jahrs, einer Nation, eines Jahrhunderts – eben das ist mir Bürge, daß ich nichts, das Ganze aber Alles sei! (4, 106)
In der diffusen Herder-Rezeption der politischen und historischen Terminologie sind ihm immer wieder Positionen zugeschrieben worden, die ihn als einen der Anwälte eines deutschen Nationalismus ausweisen sollten – meist ohne Belege aus seinem Werk. Dabei argumentiert er – v.a. in den Ideen – stets mit humanitären Gesichtspunkten, die eine Überwindung des nur Nationalen implizieren. Dies geht aus seiner Beurteilung der Völker hervor. Den Wert einer Nation misst er daran, welche Leistungen für die Humanisierung der Menschheit ihr langfristig zuzuschreiben sind. So hat auch ‚Vaterland‘ bei ihm nicht etwa die oft unterstellte, nationalistische Bedeutung, sondern meint die Liebe zur Menschheit überhaupt, indem er sich das „Menschengeschlecht“ als eine „Kette fortgehender Glieder, die gegen einander Brüder, Schwestern, Verlobte, Freunde, Kinder, Eltern sind“ (XVII, 319), vorstellt. In seinem Spätwerk Adrastea warnt Herder wie bereits früher in den Briefen vor den Gefahren eines ‚Nationalwahns‘. „Seine idealisierte Bestimmung einer deutschen Nationalidentität sollte daher kritisch gesehen, jedoch nicht überbewertet werden.“28
Mit welcher Fähigkeit zur Differenzierung Herder bei diesen Fragestellungen arbeitet, zeigt er bei der Frage nach der Existenz von ‚Rassen‘. Man habe einige Völker der Erde ursprünglich nach den Gegenden ihres Lebensraumes oder gar nach Farben charakterisiert. Herder sieht keine Veranlassung zu einer solchen Benennung. „Rasse leitet auf eine Verschiedenheit der Abstammung, die hier entweder gar nicht statt findet oder in jedem dieser Weltstriche unter jeder dieser Farben die verschiedensten Rassen begreift. Denn jedes Volk ist Volk: es hat seine National-Bildung, wie seine Sprache.“ Wenn Herder „weder vier noch fünf Rassen; noch ausschließende Varietäten“ gelten lässt, so widerspricht er seinem Lehrer Kant, der in seinem Aufsatz Von den verschiedenen Rassen der Menschen (1775) und in der Abhandlung Bestimmung des Begriffs einer Menschenrasse (1785) vier Menschenrassen unterscheidet, aber auch die Einheit des Stammes betont, die für Herder Grundlage seiner Argumentation ist.
Kurz, weder vier oder fünf Rassen, noch ausschließende Varietäten gibt es auf der Erde. Die Farben verlieren sich in einander: die Bildungen dienen dem genetischen Charakter; und im Ganzen wird zuletzt alles nur Schattierung eines und desselben großen Gemäldes, das sich durch alle Räume und Zeiten der Erde verbreitet.29 (6, 256)
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