74
Weiter fällt auf, dass in den Heilberufekammer-Gesetzen zwar organisationsrechtliche Fragen „regelungstechnisch weitgehend einwandfrei normiert werden“ (Kluth), die Aufgabenwahrnehmung durch die hauptamtliche Geschäftsführung jedoch nicht erwähnt wird.
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Funktionale Selbstverwaltung meint die Einbeziehung des beruflichen Sachverstandes bei der gesetzlich übertragenen Wahrnehmung von Aufgaben, Teilhabe und Mitwirkung an staatlicher Legislative und Exekutive. Geschäfte der laufenden Verwaltung werden in der Praxis nicht vom Ehrenamt, sondern – wie bei den Wirtschaftskammern (dort ist der Hauptgeschäftsführer nach IHKG[109] gemeinsam mit dem Präsidenten auch zur Vertretung der Kammer berechtigt) – von hauptamtlichen Geschäftsführern ausgeführt, deren Rechtsstellung sich aus der Satzung und den Vorgaben des jeweiligen Leitungsorgans ergeben.[110]
5. „Kammern“ auf Bundesebene
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Auf Bundesebene bestehen als Arbeitsgemeinschaften der Länderkammern in der Rechtsform eines Vereins die Bundesärztekammer, Bundeszahnärztekammer, Bundesapothekerkammer, Bundestierärztekammer und Bundespsychotherapeutenkammer. Daneben stehen als Selbstverwaltungskörperschaften der Vertragsärzte und Vertragszahnärzte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KVB) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZVB), beide verfasst als Körperschaften des öffentlichen Rechts auf der Grundlage des Sozialgesetzbuchs (SGB V).
a) Bundesärztekammer (BÄK)
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Der freiwillige Zusammenschluss der Ärztekammern auf Länderebene, entstanden aus einer 1947 gegründeten Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Ärztekammern, führt seit 1955 die Bezeichnung Bundesärztekammer. Einen weiteren Vorläufer hat die BÄK im Deutschen Ärztevereinsbund e.V. der im Jahr 1873 den 1. Deutsche Ärztetag als seine (satzungsgebende) Hauptversammlung veranstaltete. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde durch Satzungsänderung anlässlich des 58. Deutschen Ärztetages (nach dem 50. Deutschen Ärztetag in Köln im Jahr 1931 hat mit dem 51. Deutschen Ärztetag 1948 in Stuttgart eine neue Zählung begonnen) die Hauptversammlung zum Organ der Bundesärztekammer, § 3a Satzung der Bundesärztekammer. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung traten 1991 auch die ostdeutschen Ärztekammern der Bundesärztekammer bei.
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Nach ihrer Satzung (§ 1 Abs. 1, 2) bilden die 17 Ärztekammern auf Landesebene (zwei Kammern in Nordrhein-Westfalen) unter der Bezeichnung Bundesärztekammer eine Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Ärztekammern mit Sitz in Berlin.[111] Zweck der Arbeitsgemeinschaft ist der ständige Erfahrungsaustausch unter den Ärztekammern und die gegenseitige Abstimmung ihrer Ziele und Tätigkeiten. Um dies zu erreichen, übernimmt die Arbeitsgemeinschaft die Pflege des Zusammengehörigkeitsgefühl aller deutschen Ärzte und ihrer Organisationen, organisiert den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Ärztekammern, unterrichtet die Mitglieder über alle für die Ärzte wichtigen Vorgänge auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und des sozialen Lebens und wirkt auf eine möglichst einheitliche Regelung der ärztlichen Berufspflichten und der Grundsätze für die ärztliche Tätigkeit auf allen Gebieten hin. Weiteres Ziel ist es, die ärztliche Fortbildung zu fördern, in allen Angelegenheiten, die über den Zuständigkeitsbereich eines Landes hinausgehen, die beruflichen Belange der Ärzteschaft zu wahren, Tagungen zur öffentlichen Erörterung gesundheitlicher Probleme zu veranstalten, und Beziehungen zur ärztlichen Wissenschaft und zu ärztlichen Vereinigungen des Auslandes herzustellen, § 2 Abs. 1, 2 Satzung.
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Organe der BÄK sind die mindestens einmal jährlich stattfindende Hauptversammlung (Deutscher Ärztetag) und der Vorstand, §§ 3, 4 Satzung. Letzterer besteht aus dem Präsidenten und zwei Vizepräsidenten, den Präsidenten der Landesärztekammern, die Mitglieder der Bundesärztekammer sind, sowie zwei weiteren Ärztinnen/Ärzten, § 5 Abs. 1 Satzung. Während die Präsidenten der Länderkammern geborene Mitglieder des BÄK-Vorstandes sind, werden die übrigen Mitglieder von den 250 Delegierten des Ärztetages auf die Dauer von vier Jahren gewählt, § 5 Abs. 2–4 Satzung. Antragsberechtigt sind in den Vorstandsitzungen auch der Geschäftsführer sowie der Justitiar der Bundesärztekammer, § 6 S. 2 Satzung. Die Finanzierung erfolgt durch Umlage der aus der Arbeit entstehenden Kosten, über die der Ärztetag mit Zweidrittel-Mehrheit entscheidet, § 8 Abs. 1, 2 Satzung.
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Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hat die Bundesärztekammer Ausschüsse und Ständige Konferenzen berufen, z.B. im Bereich der Transplantationsmedizin. Es besteht ein Wissenschaftlicher Beirat bei der BÄK, eine Zentrale Ethikkommission, sowie ein Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie. Hinzu kommt die Ständige Konferenz der Geschäftsführungen.
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Gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) unterhält die Bundesärztekammer ein Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (äzq).
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Als eine ihrer zentralen Aufgaben veröffentlicht die Bundesärztekammer Stellungnahmen und Empfehlungen, Leitlinien und Richtlinien.
b) Bundeszahnärztekammer (BZÄK)
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Bei der BZÄK handelt es sich – ebenso wie bei der Bundesärztekammer – um einen freiwilligen Zusammenschluss der Kammern bzw. entsprechender oberster Berufsvertretungen in den Ländern. Der eingetragene Verein führt seit einer Satzungsänderung im Jahr 1992 den Namen „Bundeszahnärztekammer – Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern“ e.V., § 1 Abs. 1, 2 Satzung BZÄK. Als Ziel des Verbandes nennt die Satzung (§ 2 Abs. 1)[112] die Vertretung gesundheitspolitischer und beruflicher Belange der Zahnärzte auf nationaler wie auf internationaler Ebene.
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Weitere Ziele sind die Bildung und Fortentwicklung einer einheitlichen Berufsauffassung sowie die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Erbringung zahnmedizinischer Leistungen. Die BZÄK übernimmt die Koordination und Durchführung länderübergreifender Aufgaben und unterstützt ihre Mitglieder, die Kammern auf Länderebene, bei der Wahrnehmung deren Aufgaben als Selbstverwaltungskörperschaften.
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Die BZÄK kann Mitglied anderer Organisationen werden, soweit dies nicht in Widerspruch zu ihrer Satzung oder den für ihre Mitglieder geltenden Heilberufe- und Kammer-Gesetzen steht.
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Vorläufer-Organisationen der Bundeszahnärztekammer waren der Zentral-Verein Deutscher Zahnärzte, gegründet am 2.8.1859 in Berlin, und der Vereinsbund Deutscher Zahnärzte, gegründet am 2.4.1891 in Breslau. Bereits 1880 hatte sich in Berlin der Verein deutscher Zahnkünstler konstituiert, der den nicht-approbierten Behandlern eine Plattform gab. 1908 benannte sich die Organisation neu in „Verein der Dentisten im Deutschen Reich“. Am 6.5.1910 war in Würzburg – als Reaktion auf die Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen über die Behandlung von Zahnerkrankungen durch Zahntechniker nach dem Vorbild des im Jahr 1900 gegründeten Vereins der Ärzte Deutschlands, dem späteren Hartmannbund – der Wirtschaftliche Verband Deutscher Zahnärzte gegründet worden, aus dem im Jahr 1924 der Reichsverband der Zahnärzte Deutschlands entstand. Zentralverein und Vereinsbund verschmolzen im Jahr 1926 zum Zentral-Verein Deutscher Zahnärzte – Deutsche Gesellschaft für Zahn- und Kieferheilkunde,