Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz. Eva-Maria Kremer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eva-Maria Kremer
Издательство: Bookwire
Серия: Heidelberger Kommentar
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811406292
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erhoben, die auf Veranlassung der Beteiligten oder auf Grund gesetzlicher Ermächtigungen in überwiegendem Interesse einzelner vorgenommen werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg U 22.6.2005 – 2 B 7/05, juris = OVGE Berlin-Brandenburg 26, 109). Allerdings werden für nur einfache mündliche oder schriftliche Auskünfte einer Behörde keine Verwaltungsgebühren erhoben (OVG Münster U 5.12.2011 – 9 A 2184/08, juris = DVB1. 2012, 309). Benutzungsgebühren werden als Gegenleistung für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen sowie für damit in Zusammenhang stehende Leistungen gefordert (BVerwG U 25.7.2001 – 6 C 8/00, juris = BVerwGE 115, 32). Die Gebührenpflicht ist unabhängig davon, in welchem Umfang der Schuldner die Einrichtung nutzt (OVG Hamburg U 14.4.2010 – 3 Bf 147/08, juris = NVwZ-RR 2010, 718). – Zum Wesen der Gebühren wird im Übrigen Bezug genommen auf BVerfG B 11.8.1998 – 1 BvR 1270/94, juris = NVwZ 1999, 176; BVerwG U 3.3.1994 – 4 C 1/93, juris = BVerwGE 95, 188; BVerwG U 21.4.2004 – 6 C 20/03, juris = BVerwGE 120, 311. – Kostenpflicht nach Landesrecht für die Beförderung hilfloser Personen durch die Polizei (OVG Lüneburg U 26.1.2012 – 11 LB 226/11, juris = NJW 2012, 1898). – Beitragsforderungen. Beiträge werden zur Verringerung oder Deckung der Kosten für die Herstellung und die Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen von denjenigen erhoben, die davon besondere Vorteile haben können. Ob der Beitragspflichtige von diesem Vorteil Gebrauch macht oder nicht, ist ohne Bedeutung. Es genügt im Sinne der Typengerechtigkeit, wenn der Vorteil sich als solcher auswirken kann. Das gilt insbesondere für Erschließungsbeiträge (vgl. BVerwG U 19.10.1966 – 4 C 99/65, juris = BVerwGE 25, 147, 149; BVerwG U 27.9.2006 – 9 C 4/05, juris = BVerwGE 126, 378). Zum Wesen der Beiträge wird im Übrigen Bezug genommen auf BVerfG B 20.5.1959 – 1 BvL 1, 7/58, juris Rn. 26 ff. = BVerfGE 9, 291 (297 f.); BVerwG U 15.10.1971 – 7 C 20/70, juris Rn. 13 = BVerwGE 39, 5 (6). – Geldbußen: § 90 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten. Grundlage und Voraussetzung für die Vollstreckung einer Geldbuße ist der rechtskräftige Bußgeldbescheid. Er ist ein spezialgesetzlicher Leistungsbescheid im Sinne von § 3 Abs. 2 Buchst. a. Mit seiner Zustellung an den Schuldner tritt die Fälligkeit der Forderung nach § 3 Abs. 2 Buchst. b ein. – Ansprüche des Dienstherrn gegen Beamten wegen Dienstpflichtverletzung (BVerwG U 15.6.2006 – 2 C 10/05, juris = NJW 2006, 3225). – Ansprüche des Dienstherrn gegenüber Beamten auf Erstattung zu viel gezahlter Dienstbezüge (vgl. BVerwG U 28.9.1967 – 2 C 37/67, juris = BVerwGE 28, 1; BVerwG U 21.10.1999 – 2 C 27/98, juris = BVerwGE 109, 357; BVerwG U 25.8.2011 – 2 C 31/10, juris = NVwZ-RR 2012, 208). Nach Möglichkeit hat der Dienstherr überbezahlte Beiträge mit laufenden Dienstbezügen des Beamten zu verrechnen (BVerwG U 27.1.1994 – 2 C 19/92, juris = BVerwGE 95, 94). Der Erstattungsanspruch kann mit dem Erlass eines Leistungsbescheides, im Wege der Leistungsklage oder durch Aufrechnung geltend gemacht werden (vgl. BVerwG U 28.2.2002 – 2 C 2/01, juris Rn. 21 = BVerwGE 116, 74 (77)). – Abschiebungskosten: §§ 66, 67 des Aufenthaltsgesetzes (§ 19 Rn. 5).

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      Eine Ausnahme von dem Grundsatz des Absatzes 1, dass öffentlich-rechtliche Geldforderungen vollstreckt werden, enthält § 20 Abs. 3 S. 1 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (OVG Saarlouis B 20.2.2006 – 1 W 4/06, juris = NVwZ-RR 2006, 738 noch für § 25 Abs. 4 des Schornsteinfegergesetzes). Hiernach können alle Forderungen des Bezirksschornsteinfegermeisters aus dem Kehrvertrag im Verwaltungswege beigetrieben werden (Lemke, S. 99, 100; Waldhoff, § 46 Rn. 70).

      Hier ist darauf hinzuweisen, dass das Schornsteinfeger- Handwerksgesetz im Verhältnis zum Bundes-Immissionsschutzgesetz ein eigenständiges Gesetz ist. Bei den Gebühren hat deshalb § 20 Abs. 3 SchfHwG gegenüber § 52 Abs. 4 BImSchG den selbstständigen Vorrang (OVG Lüneburg B 24.11.2006 – 8 ME 152/06, juris = NVwZ-RR 2007, 96). Auf das Verhältnis des Schornsteinfegerwesens zu Bestimmungen des Immissionsschutzes weist § 22 SchfHwG hin.

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      Die Vollstreckung privatrechtlicher Forderungen im Verwaltungswege kann auch nach Landesrecht zulässig sein. Das gilt in folgenden Bundesländern (ausführlich: Lemke, S. 95 ff.; Waldhoff, § 46 Rn. 70 ff.; Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG § 1 Rn. 23, 24):

      (1) Berlin: § 9 VwVfG Berlin.

      (2) Bremen: § 1 Abs. 2, § 7 BremGVG.

      (3) Hamburg: § 3 Abs. 2 Nr. 2 HmbVwVG.

      (4) Hessen: § 66 HessVwVG.

      (5) Mecklenburg-Vorpommern: § 14 Abs. 1 S. 1 des Kommunalabgabengesetzes.

      (6) Nordrhein-Westfalen: § 1 Abs. 2–4 VwVG NRW. Dazu Verordnung über die Beitreibung privatrechtlicher Geldforderungen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vom 10.3.2003 (GV.NRW. S. 170).

      (7) Rheinland-Pfalz: § 71 Abs. 1 LVwVG. Siehe dazu BGH U 1.7.1987 – VIII ZR 194/86, juris = NVwZ 1988, 760.

      (8) Saarland: § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 74 SVwVG.

      (9) Sachsen-Anhalt: § 2 Abs. 3 VwVG LSA.

      (10) Schleswig-Holstein: § 319 LVwG.

      (11) Thüringen: § 42 ThürVwZVG.

      Privatrechtliche Forderungen können aber nur dann im Verwaltungszwangsverfahren vollstreckt werden, wenn es eine Rechtsvorschrift zulässt. Eine solche Rechtsvorschrift kann ein Verwaltungsvollstreckungsgesetz, ein anderes Gesetz oder eine dazu erlassene Rechtsverordnung sein.

      Der Staat darf allerdings seine privatrechtlichen Forderungen nur dann im Verwaltungswege vollstrecken, wenn er nicht wettbewerbswidrig gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Denn er darf nicht ohne sachlichen Grund einerseits die Vorteile des Privatrechts benutzen und andererseits im Konfliktfall auf die Härte des hoheitlichen Vollstreckungsrechts zurückgreifen. In privatrechtlicher Form können als öffentliche Aufgaben etwa wahrgenommen werden: Sozialeinrichtungen, Bibliotheken, Abfallbeseitigung, Wasserversorgung sowie die Lieferung von Elektrizität und Gas. Hier darf die staatliche Unternehmertätigkeit nicht erwerbswirtschaftlich sein. Sie muss vielmehr der Daseinsvorsorge dienen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung im Sinne von Art. 28 Abs. 2 GG (BVerwG U 20.1.2005 – 3 C 31/03, juris = BVerwGE 122, 350; BVerwG U 6.4.2005 – 8 CN 1/04, juris = BVerwGE 123, 159.

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      Das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz ist im Interesse der Verwaltung erlassen worden. Es verleiht der Behörde obrigkeitliche Rechtsmacht. Sie ist die höherrangige Gläubigerin des Schuldners. Diese Rechtsmacht der Behörde muss aus rechtsstaatlichen Gründen und mit Rücksicht auf die Gewaltenteilung allerdings Grenzen haben. Deshalb sind in Absatz 2 notwendige Ausnahmen zu finden.

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      Zunächst