Mitunter erklärt der Bund den Verzicht auf seine Gesetzgebungsbefugnis. Das ist zum Beispiel in § 27 des Personenbeförderungsgesetzes geschehen; dort heißt es: Das Verwaltungszwangsverfahren richtet sich, soweit dieses Gesetz von Behörden der Länder ausgeführt wird, nach den landesrechtlichen Vorschriften. Gleiches gilt gemäß § 14 Abs. 2 S. 5 des Wasch- und Reinigungsmittelgesetzes. Gleiches gilt auch nach § 4 Abs. 5 S. 1 des EU-Fahrgastrechte-Kraftomnibusgesetzes.
Zur Bundesverwaltung gehören umfassend alle Behörden, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die nicht oder nicht nur Landesbehörden sind.
III. Das Gesetz als Berliner Landesgesetz
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In Berlin ist das Bundesgesetz in der jeweils geltenden Fassung seit dem 1.10.1953 ununterbrochen als Landesgesetz in Kraft (GVBl. 1953 S. 361; GVBl. 1958 S. 951). Gegenwärtig beruht diese Rechtslage auf § 8 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 21.4.2016 – VwVfG Berlin – (GVBl. S. 218; zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 5.7.2018, GVBl. S. 462). Abweichungen vom Bundesrecht sind in § 8 Abs. 1 S. 2-4 VwVfG Berlin geregelt: § 11 Abs. 3 des VwVG gilt mit der Maßgabe, dass die Höhe des Zwangsgeldes höchstens 50 000 Euro beträgt. § 7 VwVG gilt mit der Maßgabe, dass für Maßnahmen im Straßenverkehr auch der Polizeipräsident in Berlin, die Bezirksämter von Berlin und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Vollzugsbehörden sind. § 19 Abs. 1 VwVG gilt mit der Maßgabe, dass für Amtshandlungen im Zusammenhang mit Vollstreckungsmaßnahmen nach § 10 VwVG zur Deckung des Verwaltungsaufwands Gebühren nach den Vorschriften des Gesetzes über Gebühren und Beiträge vom 22.5.1957 (GVBl. S. 516) in der jeweils geltenden Fassung erhoben werden.
Die in Berlin vorgenommene dynamische Verweisung eines Landesgesetzes auf ein Bundesgesetz in der jeweils geltenden Fassung ist rechtlich zulässig (vgl. BVerwG U 16.1.1976 – 4 C 25/74, JR 1976, 387, 391; BVerwG B 3.3.2005 – 7 B 151/04, DÖV 2005, 745 = NVwZ 2005, 699).
Gegen eine Verweisung bestehen keine rechtlichen Bedenken (BVerfG B 23.3.1982 – 2 BvL 13/79, BVerfGE 60, 135, 155 = NJW 1982, 2859 = BayVBl. 1982, 432): Soll nach der Verweisungsnorm das Verweisungsobjekt in seiner jeweiligen Fassung, also auch mit allen Änderungen gelten, handelt es sich um eine „dynamische“ Verweisung.
Bei einem Landesgesetz, welches eine dynamische Verweisung auf ein Bundesgesetz enthält, handelt es sich um Landesrecht, für das gemäß § 137 VwGO die Revision nicht zulässig ist. Solches liegt vor, wenn eine Vorschrift des Bundesrechts nicht kraft Gesetzesbefehls des Bundesgesetzgebers, sondern nur kraft der Bezugnahme im Landesrecht und damit aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung des Landes Geltung beansprucht (BVerwG B 10.8.2007 – 9 B 19/07, Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 29; BVerwG B 2.7.2009 – 7 B 9/09, Original S. 3, 4 = NVwZ 2009, 1037 = DÖV 2009, 823 L = DVBl. 2009, 1122 L).
Soll hingegen der bei Erlass der Verweisungsnorm geltende Text maßgebend sein, liegt eine „statische“ Verweisung vor. Diese ist für die Praxis nachteilig, wie sich zum Beispiel bei § 11 des Berliner Kirchensteuergesetzes zeigt: Danach gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (nur) entsprechend. Hier muss der Berliner Gesetzgeber das Kirchensteuergesetz gesondert ändern und dem VwVG anpassen, wenn dieses eine neue Fassung erhalten hat. Der Praktiker hat also auf den geltenden Gesetzesstand zu achten.
IV. Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder
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Wie zuvor erörtert, gilt das Bundesgesetz für die Bundesverwaltung. Demzufolge gibt es in den Bundesländern Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze. Diese sind nach § 137 VwGO nicht revisibel (vgl. BVerwG B 30.11.1994 – 4 B 243/94, DÖV 1995, 384 = UPR 1995, 195 = NVwZ-RR 1995, 299 = BRS 56 Nr. 213 = Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 59). Trotz dieser Vielfalt von Einzelgesetzen herrscht weitgehend inhaltliche Übereinstimmung des Landesrechts mit dem VwVG des Bundes. In den Bundesländern sind folgende Gesetze erlassen worden:
(1) Baden-Württemberg: Verwaltungsvollstreckungsgesetz für Baden-Württemberg (Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG) vom 12.3.1974 (GBl. S. 93), zuletzt geändert am 23.2.2011 (GBl. S. 99, 100).
(2) Bayern: Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.11.1970 (GVBl. 1971 S. l), zuletzt geändert am 15.5.2018 (GVBl. S. 260).
(3) Berlin: § 8 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung v. 21.4.2016 (GVBl. S. 218), zuletzt geändert am 5.7.2018 (GVBl. S. 462); siehe Rn. 3: Das VwVG gilt in seiner jeweils aktuellen Fassung.
(4) Brandenburg: Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVGBbg) für das Land Brandenburg vom 15.10.2018 (GVBl. I Nr. 18 S. 29).
(5) Bremen: Gesetz über das Verfahren zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen (Bremisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz – BremVwVG) in der Neufassung vom 1.4.1960 (BremGBl. S. 37), zuletzt geändert am 30.8.2016 (BremGBl. S. 510).
Bremisches Gesetz über die Vollstreckung von Geldforderungen im Verwaltungswege (BremGVG) vom 29.9.2015 (Brem.GBl. S. 448).
(6) Hamburg: Hamburgisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (HmbVwVG) vom 4.12.2012 (HmbGVBl. I S. 510), geändert am 21.5.2013 (HmbGBl. I S. 210).
(7) Hessen: Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (HessVwVG) in der Neufassung vom 12.12.2008 (GVBl. I 2009 S. 2), zuletzt geändert am 21.11.2012 (GVBl. I S. 430).
(8) Mecklenburg-Vorpommern: Verwaltungsverfahrens-, Zustellungs- und Vollstreckungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesverwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG M-V) vom 1.9.2014 (GVOBl. S. 476, ber. 2015, 148), zuletzt geändert am 25.4.2016 (GVOBl. S. 198, 202). Der 3. Hauptteil des VwVfG M-V regelt in den §§ 110 und 111 das Vollstreckungsverfahren.
Gemäß § 110 VwVfG M-V gelten bei dem Vollzug von Verwaltungsakten, die auf Herausgabe einer Sache oder auf Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, die §§ 79 bis 100 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheits- und Ordnungsgesetz – SOG M-V) in der Neufassung vom 9.5.2011 (GVOBl. S. 246). § 111 VwVG M-V betrifft die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen (§ 1 Rn. 23).
(9) Niedersachsen: Niedersächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (NVwVG) in der Neufassung vom 4.7.2011 (Nds. GVBl. S. 238), zuletzt geändert am 1.2.2017 (Nds. GVBl. S. 16).
Eine besondere Zuweisung enthält § 70 NVwVG: Verwaltungsakte, die auf die Herausgabe einer Sache oder auf eine sonstige Handlung oder eine Duldung oder Unterlassung gerichtet sind und die nicht unter § 2 Abs. 1 fallen, werden, auch wenn sie nicht der Gefahrenabwehr dienen, nach dem Sechsten Teil des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds.SOG) durchgesetzt. Nach § 72 NVwVG gilt das auch für sofort vollstreckbare öffentlich-rechtliche Verträge.
(10) Nordrhein-Westfalen: Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2003 (GV. NRW. S. 156), zuletzt geändert am 8.7.2016 (GV.NRW S. 557).
(11) Rheinland-Pfalz: Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVG) vom 8.7.1957 (GVBl. S. 101), zuletzt geändert am 12.9.2012 (GVBl. S. 311).
(12) Saarland: Saarländisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (SVwVG) vom 27.3.1974 (Amtsbl. I