(5) Durchführungsverordnungen: Viele Einzelsteuergesetze werden durch eine Durchführungsverordnung ergänzt. Durchführungsverordnungen entfalten die gleiche Wirkung wie Gesetze. Sie werden jedoch nicht von der Legislative (Bundestag, Bundesrat), sondern von der Exekutive (im steuerlichen Bereich: Bundesregierung, Bundesministerium der Finanzen) erlassen. Allerdings ist zumeist die Zustimmung des Bundesrats erforderlich. Durchführungsverordnungen sind Rechtsverordnungen iSd Art. 80 GG.
Bundestag und Bundesrat bestimmen die wesentlichen Elemente des Besteuerungstatbestands. Zur Entlastung der formellen Gesetze konkretisiert die Exekutive in den Durchführungsverordnungen die Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung oder spezifiziert Begriffe. Die wichtigsten Durchführungsverordnungen sind die Einkommensteuer-, Lohnsteuer-, Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung.
Um das Prinzip der Gewaltenteilung nicht zu gefährden, sind Durchführungsverordnungen nur unter vier Voraussetzungen zulässig (Art. 80 Abs. 1 GG):
– | Es muss eine gesetzliche Ermächtigung vorliegen. Beispiele sind § 41 Abs. 1 S. 7, § 51 EStG, § 33 KStG, § 35c GewStG und § 15 Abs. 5, § 26 UStG. |
– | Die Ermächtigung muss nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt sein. |
– | Die Rechtsgrundlage muss angegeben werden. |
– | Die Verordnung muss ordnungsgemäß (im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger) verkündet werden. |
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(6) Verwaltungsvorschriften: Verwaltungsvorschriften beinhalten Anweisungen von übergeordneten Verwaltungsbehörden an ihnen unterstellte, nachgeordnete Behörden und Amtsträger. Sie unterteilen sich in Richtlinien (von der Bundesregierung), Schreiben oder Erlasse (von einem Bundes- oder Landesministerium) und Verfügungen (von einer Oberfinanzdirektion bzw vom Landesamt für Steuern). Nach dem Regelungszweck ist zwischen norminterpretierenden, ermessenskonkretisierenden, verwaltungsvereinfachenden und organisatorischen Verwaltungsvorschriften zu differenzieren.
Verwaltungsvorschriften geben die Auffassung der Finanzverwaltung zum geltenden Recht wieder. Als interne Anweisungen binden sie (rechtlich) nur die nachgeordneten Verwaltungsbehörden und die Bediensteten der Finanzverwaltung, aber nicht die Gerichte oder die Steuerpflichtigen. Verwaltungsvorschriften sind der Auslegung von steuerlichen Normen zuzuordnen, nicht der Normenbildung.
Für die Besteuerungspraxis sind Verwaltungsvorschriften sehr bedeutsam, da sie eine einheitliche Auslegung der Steuergesetze durch die Finanzbehörden sicherstellen und in ihnen eine Vielzahl von Entscheidungen der Finanzgerichte (insbesondere die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs) berücksichtigt ist. Darüber hinaus orientieren sich viele Steuerpflichtige und ihre Berater bei Erstellung der Steuererklärungen an den veröffentlichten Verwaltungsvorschriften.
Die mit Abstand wichtigsten steuerlichen Verwaltungsvorschriften sind die (Steuer-)Richtlinien. Sie behandeln Zweifelsfragen und Auslegungsschwierigkeiten von allgemeiner Bedeutung und geben den Bediensteten in den Finanzämtern Anweisungen, wie sie zur Vermeidung von unbilligen Härten und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung handeln sollen. Damit soll eine einheitliche Rechtsanwendung durch die Finanzbehörden gewährleistet werden. Richtlinien beziehen sich jeweils auf eine Steuerart: Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Erbschaftsteuer-Richtlinien.[15] Sie werden von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen (Art. 108 Abs. 7 GG).
Richtlinien sind im Teil I des Bundessteuerblatts veröffentlicht.
Zur Klärung von ausgewählten Einzelfragen dienen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben) und Erlasse eines Landesfinanzministeriums sowie Gleich lautende gemeinsame Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder. Ein BMF-Schreiben wird dann veröffentlicht, wenn die Referatsleiter des Bundes und der Länder eine einheitliche Auffassung vertreten. Auf diese Weise wird trotz Verwaltung der Steuern durch Länderfinanzbehörden ein bundeseinheitliches Vorgehen sichergestellt.
Die wichtigsten Schreiben und Erlasse werden im Teil I des Bundessteuerblatts veröffentlicht (bis 1967 enthielt Teil I des Bundessteuerblatts die Veröffentlichungen des Bundesministeriums der Finanzen und Teil II die Veröffentlichungen der Länder). Zum Teil werden sie auch in Fachzeitschriften (zB Betriebs-Berater, Der Betrieb, Deutsches Steuerrecht) abgedruckt.
Verfügungen, die von einer Oberfinanzdirektion (OFD) bzw einem Landesamt für Steuern (LfSt) erlassen werden, enthalten gleichfalls Anweisungen zur Behandlung von konkreten Einzelfällen. Der Geltungsbereich einer Verfügung ist auf den Bereich der erlassenden Dienststelle begrenzt.
Einige dieser speziellen Verwaltungsvorschriften werden in Fachzeitschriften veröffentlicht.
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(7) Rechtsprechung: Die Rechtsprechung zu steuerlichen Fragen ergibt sich in erster Linie aus Entscheidungen der Finanzgerichte (FG, erste Instanz) und des Bundesfinanzhofs (BFH, zweite und letzte fachliche Instanz). Im Einzelfall sind auch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von Bedeutung.
In den letzten Jahren waren die Entscheidungen des BVerfG zur Zinsbesteuerung, zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums, zur Besteuerung von Altersbezügen sowie zur Bewertung von Grundstücken und anderen Wirtschaftsgütern für substanzsteuerliche Zwecke von allgemeinem Interesse. Die Rechtsprechung des BVerfG hat zu einer deutlichen Erhöhung des Sparer-Freibetrags[16] sowie des steuerfreien Grundfreibetrags, zur Einführung des (seit 2009 nicht mehr erhobenen) Zinsabschlags, zur Nichterhebung der Vermögensteuer sowie zur Neugestaltung des Familienleistungsausgleichs und der Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung geführt. Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz wurde aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dreimal erheblich verändert: zum Ersten mit Wirkung zum 1.1.1996, zum Zweiten mit Wirkung ab dem 1.1.2009 und zum Dritten mit Wirkung ab dem 1.7.2016. Die Vorschriften zur Bewertung von Grundstücken für die Grundsteuer wurden zum Ende des Jahres 2019 an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Die aktualisierten Werte werden erstmals zum 1.1.2025 angewendet.
Der Schwerpunkt der Rechtsprechung des EuGH lag zunächst im Bereich der Umsatzsteuer. In den letzten Jahren hat jedoch die Rechtsprechung zur ertragsteuerlichen Behandlung grenzüberschreitender Geschäftsvorgänge deutlich zugenommen. Dies gilt sowohl für den Inboundfall (im Ausland ansässige Steuerpflichtige erzielen im Inland Einkünfte) als auch für den Outboundfall (deutsche Steuerpflichtige betätigen sich im Ausland). Die Rechtsprechung des EuGH beeinflusst nicht nur die Auslegung der deutschen Steuergesetze, sondern auch das Gesetzgebungsverfahren. Bei zahlreichen Regelungen des deutschen Steuerrechts wird diskutiert, inwieweit diese mit dem primären Gemeinschaftsrecht (insbesondere Grundfreiheiten des Binnenmarkts) oder dem sekundären Gemeinschaftsrecht (insbesondere Richtlinien) vereinbar sind.[17]
Gerichtliche Entscheidungen binden (rechtlich) nur die am Verfahren beteiligten Personen (§ 110 FGO). Sie haben – wie Verwaltungsvorschriften – nur einen norminterpretierenden Charakter, keinen normschaffenden. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs, die vom Bundesministerium der