Staatsrecht III. Hans-Georg Dederer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans-Georg Dederer
Издательство: Bookwire
Серия: Schwerpunkte Pflichtfach
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811492813
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      1

      Der Mensch lebt in einer Reihe von Rechtsordnungen. Diese sind ihrerseits in Rechtsmaterien eingeteilt. So richten sich die Rechte und Pflichten des Einzelnen in der Bundesrepublik Deutschland nach der nationalen Rechtsordnung, die herkömmlicherweise in die Rechtsmaterien des öffentlichen Rechts, des Strafrechts und des Zivilrechts eingeteilt wird. Diese Rechtsmaterien sind auf den ersten Blick teilweise voneinander unabhängig (zB ist der Eigentumsbegriff des Zivilrechts nicht identisch mit dem des Art. 14 GG), teilweise aber ergänzen sie sich (zB richtet sich das Amtshaftungsrecht nach Art. 34 GG iVm § 839 BGB) oder nehmen aufeinander Bezug (zB verweist § 123 Abs. 3 VwGO auf einzelne Bestimmungen der ZPO). Das GG überformt und durchdringt in gewisser Weise sämtliche drei Rechtsmaterien, da es materieller Maßstab für diese ist sowie ihre Schaffung, Änderung und Aufhebung regelt. Über diese Klammer des GG, diesen materiellen und formellen Zusammenhalt, sind die Rechtsmaterien derart zusammengehörig, dass man von der Einheit der Rechtsordnung sprechen kann.

      2

      Neben dieser nationalen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland können auch andere Rechtsordnungen Rechte und Pflichten des Einzelnen regeln. So unterliegt der deutsche Staatsangehörige im Ausland der fremden nationalen Rechtsordnung (zB hinsichtlich des Aufenthaltsrechts, der Besteuerung oder der Beachtung der Strafgesetze). Ebenso lassen sich aus dem Völkerrecht und dem Europarecht Rechte und Pflichten des Einzelnen ableiten. Alle diese Rechtsordnungen sind selbstständige Rechtsordnungen. Eine dem GG vergleichbare Klammer fehlt. Da sie aber teilweise gleiche oder ähnliche Sachverhalte regeln, ergibt sich aus rechtspolitischen oder rechtstheoretischen Überlegungen, dass sie nicht ohne gegenseitige Bezüge sein sollen. Im Verhältnis der deutschen zu anderen nationalen Rechtsordnungen hat diese Aufgabe etwa das Internationale Privatrecht übernommen, das dabei selbstverständlich ebenfalls dem GG unterliegt (vgl BVerfGE 31, S. 58 ff). Im Verhältnis zum Völkerrecht und Europarecht müssen diese Bezüge entweder aus rechtstheoretischen Erwägungen oder aber aus dem GG selbst abgeleitet werden. Es handelt sich daher auch um eine staatsrechtliche Fragestellung.

      3

      Gegenstand des Staatsrechts III ist also das Verhältnis der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Völkerrecht und zum Europarecht. Die lehrbuchartige Behandlung dieses Fachs war lange Zeit stiefmütterlich. Bis 1985 war das Buch von A. Bleckmann, Grundgesetz und Völkerrecht, Berlin 1975, allein auf weiter Flur, wenn man von der skriptmäßigen Darstellung von K.-M. Wilke, Leitsätze zum Völkerrecht mit Bezügen zum Staatsrecht, Stuttgart 1974, absieht. 1985 erschien dann das Werk von R. Geiger, Grundgesetz