Teilgebiete des Öffentlichen Rechts
a) Europarecht (Kap. 1)
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Im ersten Kapitel wird das Europarecht (genauer: das europäische Unionsrecht) behandelt. Damit trägt der Aufbau der dominierenden Bedeutung des überstaatlichen Rechts Rechnung. Denn das Europarecht ist inzwischen nicht nur qualitativ (wegen seines Anwendungsvorrangs vor dem nationalen Recht), sondern auch quantitativ (wegen seiner umfangreichen Regelungsfülle) in vielen Rechtsbereichen von maßgeblicher Bedeutung. Viele Gesetze, die der äußeren Form nach als deutsches Recht daherkommen, sind nur noch nationale Umsetzungsakte europarechtlicher Vorgaben (was inzwischen sogar für Teile des guten alten BGBs gilt[2]). Deshalb trifft die von Europaabgeordneten immer wieder gern zitierte Aussage zu, dass die (politische) Musik (für Deutschland) zwar in Berlin spielt, aber in Brüssel komponiert wird.
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Das europarechtliche Kapitel behandelt zunächst die Grundlagen, was vor allem die historische Entwicklung und den Rechtscharakter betrifft. Es folgt eine Darstellung der wichtigsten Ziele der EU, zu denen vor allem der „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ sowie der Europäische Binnenmarkt zählen. Anschließend werden die für europäische Entscheidungsprozesse maßgeblichen Organe erläutert. Dabei handelt es sich um den Europäischen Rat, den (Minister-)Rat, das Parlament, die Kommission und den Europäischen Gerichtshof; wegen ihrer faktisch hohen Bedeutung gehe ich in diesem Abschnitt auch kurz auf die Europäische Zentralbank ein. Des Weiteren werden die Rechtssetzung der EU und die dafür geltenden Verfahrensvorschriften behandelt. In diesem Zusammenhang spielt auch das Verhältnis zwischen europäischem und nationalem Recht eine Rolle. Von besonderer Bedeutung sind außerdem die den Binnenmarkt maßgeblich konstituierenden „Grundfreiheiten“ sowie – in zunehmendem Maß – auch die EU-Grundrechtecharta (GRC), die hier jeweils in einem eigenen Abschnitt behandelt werden.
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Daneben gibt es mit dem Völkerrecht noch ein weiteres Teilrechtsgebiet des Öffentlichen Rechts im internationalen Kontext (siehe unten, Rn. 20), ohne allerdings in diesem Buch erläutert zu werden. Dieses Teilrechtsgebiet ist in vielerlei Hinsicht durch Besonderheiten geprägt und zugleich in den Rechtsmodulen nichtjuristischer Bachelorstudiengänge nicht präsent. Ebenso wenig zählt es noch zum Pflichtstoff des ersten juristischen Staatsexamens (vgl. § 8 II JAPrO BW). Zudem wirkt es sich wesentlich weniger (bzw. sehr viel mittelbarer) als das Europarecht auf das „Alltagsrecht“ aus. In der Abwägung zwischen dem Nachteil einer fachlichen Lücke und dem Vorteil einer stringenteren Ausbildungsrelevanz und kompakteren Darstellung dieses Lehrbuches habe ich mich deshalb zugunsten Letzterem entschieden.
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Der staatsrechtliche Teil gliedert sich in zwei Kapitel. So wird zunächst in Kapitel 2 die Staatsordnung erläutert. Dabei geht es um die Staatsziele, um die Organisation der deutschen Staatlichkeit mit Darstellung der Bildung und Aufgaben der einzelnen Verfassungsorgane (vorrangig auf Bundesebene), um das Gesetzgebungssystem mit unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund und Ländern sowie das Gesetzgebungsverfahren, und schließlich um den Aufbau und die Organisation der Verwaltung. Im letzten Abschnitt von Kapitel 2 geht es dann um den Aufbau der Gerichtsbarkeit und um die prozessrechtliche Seite des Staatsrechts. Von zentraler Bedeutung sind dabei die Verfahrensarten des Bundesverfassungsgerichts.
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Weil das deutsche Staatsrecht – insbesondere das GG – sich aber nicht auf ein reines Organisationsstatut beschränkt (wie das etwa bei der Bismarck-Verfassung von 1871 noch der Fall war), sondern auch ein Wertesystem begründet, widmet sich Kapitel 3 den Grundrechten, die die Werteordnung des GG bilden. Dazu zählen die für Grundrechte geltenden allgemeinen Regeln und Prinzipien (die sog. Grundrechtslehren) sowie eine Erläuterung der bedeutenderen Einzelgrundrechte.
c) Verwaltungsrecht (Kap. 4 und 5)
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Der dritte Block des Buches gilt dem Verwaltungsrecht, das zwei Kapitel umfasst. Damit wird die Grundstruktur des Verwaltungsrechts aufgegriffen, die sich in allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht einteilen lässt. Zum allgemeinen Verwaltungsrecht, das den Gegenstand von Kapitel 4 bildet, gehören alle verwaltungsrechtlichen Grundregeln und -prinzipien, die (zumindest grundsätzlich)[3] unabhängig von der konkreten Verwaltungsmaterie – also „allgemein“ – gelten. Man kann das allgemeine Verwaltungsrecht auch als die „vor die Klammer gezogenen“ Regeln begreifen, während in der Klammer dann die einzelnen Gebiete des besonderen Verwaltungsrechts stehen. Zu diesen allgemeinen Regeln vor der Klammer gehören Grundfragen des Verwaltungsaufbaus und der Verwaltungsorganisation, die Verwaltungsprinzipien, das Verwaltungsinstrumentarium, die dafür geltenden Verfahrensregeln und – last but not least – das Verwaltungsprozessrecht.
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Das „innerhalb der Klammer“ stehende besondere Verwaltungsrecht umfasst demgegenüber nun die schier unübersehbare Fülle der verschiedenen Sonderregeln für die einzelnen Fachgebiete, auf denen Verwaltungshandeln stattfindet. Zu diesen Gebieten des besonderen Verwaltungsrechts gehören beispielsweise das Baurecht, das Beamtenrecht, das Eisenbahnrecht, das Luftverkehrsrecht, das Naturschutzrecht, das Polizeirecht, das Raumordnungsrecht, das Schulrecht, das Steuerrecht, das Straßenverkehrsrecht, das Wasserrecht, das Wehrrecht, usw. Es liegt auf der Hand, dass auch nur eine überblicksmäßige Darstellung aller Gebiete des besonderen Verwaltungsrechts jedes Buch – erst recht dieses hier – sprengen würde. Deshalb behandelt Kapitel 5 exemplarisch nur einige wenige Fachverwaltungsgebiete. Die Auswahl dieser Gebiete erfolgte anhand der Themenschwerpunkte juristischer Vorlesungen in Bachelor-Studiengängen: Wirtschaftsrecht für die Studierenden wirtschaftswissenschaftlicher Fächer, Planungsrecht für Studierende umwelt- und planungswissenschaftlicher Disziplinen sowie Kommunalrecht für Studierende mit politik-, verwaltungs- und sozialwissenschaftlicher Ausrichtung.
1. Jura ist überall!
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